Viele ehrenamtliche Bürgermeister in rheinland-pfälzischen Kommunen wollen laut einer SWR-Umfrage ihren Posten aufgeben oder nicht erneut kandidieren. Das hat unterschiedliche Reaktionen in der Landespolitik ausgelöst.
Die CDU-Opposition sieht sich in ihrer bisherigen Kritik an der Ampelregieurng bestätigt. Gordon Schnieder, Generalsekretär der CDU Rheinland-Pfalz, sieht in dem Ergebnis den nächsten deutlichen Warnschuss für die Landesregierung. "Jetzt hat es die Landesregierung noch einmal Schwarz auf Weiß, wie groß der Frust bei unseren Ehrenamtlern ist. Mehr als die Hälfte von ihnen überlegt hinzuschmeißen – und die meisten geben dafür Finanzprobleme in der Gemeinde als Begründung an. Ich muss inzwischen schon sagen: Erde an Landesregierung – ist da jemand? Wann finden die Hilferufe aus unseren Gemeinden endlich Gehör in eurem Orbit".
Ehrenamtliche überfordert Bürgermeister in RLP frustriert – viele wollen aufhören
Eine SWR-Umfrage zeigt: Vielen ehrenamtlichen Bürgermeistern in RLP fehlt die Motivation weiterzumachen – für sie fehlt es an Geld und an Unterstützung anderer politischer Ebenen.
Schnieder, der auch CDU-Fraktionschef im Landtag ist, forderte vor allem von Innenminister Michael Ebling (SPD), die finanzielle Situation der Kommunen zu verbessern.
Freie Wähler: Demokratie braucht finanziellen Spielraum
Auch die Freien Wähler in Rheinland-Pfalz sehen die Landesregierung am Zug. Wenn die Landesregierung nicht unmittelbar handele, "haben wir bald ein größeres Problem als wütende Gemeinderäte", so der Vorsitzende der Freien Wähler-Landtagsfraktion, Joachim Streit. Unsere Demokratie lebe von Menschen, die sich politisch engagierten. "Nur wenn diesen Menschen auch eine Perspektive auf finanziellen Spielraum geboten wird, werden sich im Juni nächsten Jahres ausreichend ehrenamtliche Kommunalpolitiker finden."
Landkreise verteidigen Umlage, die sie von den Gemeinden erheben
Die Landkreise in der Pfalz rechtfertigen die Abgaben, die sie von ihren Dörfern verlangen. Damit reagieren sie auf das Ergebnis der SWR- Umfrage, bei der 600 Ortsbürgermeistern in Rheinland-Pfalz mitgemacht haben. In der landesweiten Umfrage klagen zahlreiche Ortsbürgermeister über zunehmende Geldnot in ihren Dörfern und über die hohen Abgaben, die sie über die sogenannten Umlagen an die Landkreise und Verbandsgemeinden zahlen müssen. Dazu heißt es aus den Landkreisen Südliche Weinstraße, Germersheim und Bad Dürkheim, die Kreisverwaltungen seien durch Landesvorgaben gezwungen, diese Abgaben zu erheben. Nur so könnten sie ihre Pflichtaufgaben wie Schulbetrieb und Sozialleistungen bezahlen.
Ähnlich sieht auch in der Westpfalz aus, wie das Beispiel der Gemeinde Göllheim im Donnersbergkreis zeigt. Dort wachse der Kommune der Ausbau und Betrieb von Kitas über den Kopf, so Ortsbürgermeister Dieter Hartmüller (CDU). Auch hier werden die Umlagen an Verbandsgemeinde und Kreis zunehmend als Problem empfunden. Bei Personalausfällen müssten etwa Öffnungszeiten der Kitas gekürzt werden, das führe wieder zu Unmut bei den Eltern, heißt es etwa in der Verbandsgemeinde Nordpfälzer Bergland. Auch die vom Land geforderten Erhöhungen von Grund- und Gewerbesteuern würden nicht weiterhelfen. Sie belasteten zwar die Bürger, seien aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
SWR-Umfrage unter Bürgermeistern Ortsbürgermeister in RLP sind unzufrieden mit Finanzlage - zu Recht?
Zur Kommunalwahl 2024 wollen einer SWR-Umfrage zufolge viele ehrenamtliche Bürgermeister nicht nochmal antreten.
Dabei sei den Landkreisen nach eigenen Angaben klar, dass viele Ortsgemeinden unter Geldnot litten. Vor allem die Kosten für die Kitas sind laut dem Kreis Südliche Weinstraße für die Dörfer erdrückend. Die Kreisverwaltungen fordern deshalb, dass das Land den Kommunen deutlich mehr Geld für deren Pflichtaufgaben zuweist.
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