Die 1968er stellen Kleinfamilie und Ehe gehörig infrage. Heute gibt es die Ehe für alle, Polyamorie und Co-Parenting. Wieso hat sich die romantische Liebe so drastisch verändert?
Die Krise der klassischen Familie
Das klassische Bild der Familie bröckelt. Im Schnitt wird heute jede dritte Ehe geschieden. Zwischen 1950 und 2016 hat sich die Zahl der Einpersonenhaushalte fast verdoppelt. Das „Golden Age of Marriage“ ist längst vorüber. Trotzdem hat die Liebe in Paarbeziehungen nicht an Bedeutung verloren, sagt die Soziologin Mona Motakef.
Die zweite Welle der Frauenbewegung
Nach dem Zweiten Weltkrieg staute sich ein immer größer werdendes Ungerechtigkeitsempfinden an. Die Bildungschancen für Mädchen verbesserten sich und immer mehr Frauen gingen einem Beruf nach. Gleichzeitig veränderte sich jedoch nichts an den patriarchalen Strukturen der Gesamtgesellschaft. Mit der Studentenbewegung in den 1960er-Jahren brach die zweite Welle der Frauenbewegung an.
Ein Tomatenwurf für Selbstbestimmung
Auf dem Parteitag des Sozialistischen Deutschen Studentenbunds (SDS) setzte Sigrid Rüger ein Zeichen: Sie bewarf das einflussreiche SDS-Mitglied Hans-Jürgen Krahl mit einer Tomate. Anlass dafür war, dass Geschlechtergerechtigkeit im männerdominierten SDS nur eine untergeordnete Rolle spielte.
Selbstbestimmung und Gerechtigkeit waren die großen Themen der Frauenbewegung. Mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen wurden auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam gemacht. In einer Ausgabe des "Stern" bekannten 374 Frauen öffentlich: „Ich habe abgetrieben“ und forderten eine Reform des Paragrafen 218 zum Schwangerschaftsabbruch.
Erfolge der Frauenbewegung
Der Protest lohnte sich. 1976 wurde das erste Frauenhaus West-Deutschlands errichtet. 1977 wurde das neue Eherecht eingeführt. Damit wurde die Verpflichtung der Frau zur Haushaltsführung abgeschafft. Im selben Jahr wurde das Scheidungsrecht reformiert, indem das Schuldprinzip abgeschafft wurde. Bis dahin konnten Ehen nur dann geschieden werden, wenn dem Ehemann schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werden konnte. Es wurde für Frauen also leichter, einem Beruf nachzugehen. Außerdem konnten sie sich einfacher scheiden lassen.
Die gewonnene Selbstbestimmung veränderte das klassische Bild der Familie: In den 1970er-Jahren beginnt die Selbstverständlichkeit der Ehe zu bröckeln.
Neue Beziehungsmodelle: Vielfalt statt Hochzeit
Der Zuwachs an Scheidungen bedeutet aber nicht, dass es einen Rückgang an romantischen Beziehungen gibt.
Das "goldene Zeitalter der Ehe" ist vorüber und macht Platz für neue Beziehungsmodelle. Ob Patchwork, Co-Parenting, offene Beziehung oder Polyamorie: Heute gibt es statt einer Hoheit der Hochzeit ein Nebeneinander von verschiedenen Lebensentwürfen. Denn romantische Gefühle sind heute genauso wichtig wie früher.
Reihe zur Sexualität
Gesellschaft Sex und das erste Mal – Pornos, Peinlichkeit und Masturbation (1/4)
Sex ist überall: im Internet, in Pornos. Doch die gezeigte Vielfalt macht es Jugendlichen nicht leichter, ihre sexuelle Identität zu entwickeln. Gute Aufklärung kann helfen. Und die nimmt zu.