Das Wissen

Obst am Abend? – Warum gesunde Ernährung eine Frage des Timings ist

Stand

Nadine Zeller im Gespräch mit Olga Ramich

Was und wie viel wir essen sollen, diskutieren Menschen ausdauernd und leidenschaftlich. Aber auch der Zeitpunkt einer Mahlzeit entscheidet. Worin genau besteht der Unterschied, ob unsere Mahlzeiten morgens oder mittags eingenommen werden? 

Timing ist wichtig: richtiger Zeitpunkt ist für gesunde Ernährung von Bedeutung

Es macht einen Unterschied, ob wir Schokolade mittags oder abends ein Stück Schokolade essen. Aber wieso ist das so? Die Antwort darauf kennt Ernährungswissenschaftlerin Olga Ramich. Sie erforscht, welche Rolle unsere innere Uhr bei der Ernährung spielt. Die Wissenschaftlerin arbeitet am Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam Rehbrücke und sagt:

Viele naschen gern abends auf dem Sofa. Aber das ist nicht der ideale Zeitpunkt.

Warum es keine gute Idee ist, abends zu naschen

Wenn wir Süßes essen, steigt unser Blutzuckerspiegel. Und was passiert, wenn der Blutzuckerspiegel steigt? Der Körper reagiert mit dem Hormon Insulin. "Der Job von Insulin ist es, Zucker in die Körperzellen abzutransportieren", sagt Olga Ramich.

Abends funktioniere das aber nicht so gut. Denn dann bereite sich der Körper auf Ruhe und Erholung vor und regiere nicht mehr so stark auf das Insulin. Die Folge: Das Insulin kann nicht so effizient arbeiten. 

Was folgt daraus? Der Zucker bleibt im Blut. Doch das gefällt unserem Körper nicht. Was macht er also? Er reagiert mit noch mehr Insulin. "Dieser Insulinanstieg hemmt aber wiederum unsere Fettverbrennung", erklärt Ramich.

Deswegen sei es schlauer, abends lieber weniger Schokolade und leicht verdauliche Kohlenhydrate, die in Zucker umgewandelt werden können, zu essen. Also besser Hände weg von Weißbrot, Chips und Süßigkeiten und Obst – denn das enthält Fruchtzucker.

Aufs Frühstück nicht verzichten

Sinnvoll ist es hingegen, ausgiebig zu frühstücken. An dem alten Sprichwort "Morgens wie ein Kaiser essen und abends wie ein Bettelmann" ist also was dran.

Das bestätigt auch Olga Ramich: "Das Frühstück muss nicht extrem üppig sein, aber es sollte stattfinden." Morgens könne der Körper Glukose – also Zucker - effizienter aufnehmen und verwerten, wodurch der Blutzucker nach einer Mahlzeit stabiler bleibe.

Die Ernährungswissenschaftlerin empfiehlt morgens ein proteinreiches Frühstück mit Käse, Eiern, Vollkornbrot und Gemüse.  Denn das senke die Cholesterinwerte. Ideal sei es, morgens auf rotes Fleisch oder Wurst zu verzichten – denn das lasse die Blutzuckerwerte stark nach oben gehen. Und Süßes habe natürlich denselben Effekt.

Beim Mittagessen hingegen sind wir am flexibelsten. Da könne man laut der Ernährungswissenschaftlerin ruhig mal Kohlenhydrate und einen Nachtisch essen.

Abends seien weniger Kohlenhydrate und mehr Proteine besser. Also ganz kurz und knapp gilt:

  • Wer morgens isst, ist länger satt
  • Keine Wurst zum Frühstück
  • Gemüse morgens
  • Mittags auch mal Kohlenhydrate
  • Obst am Nachmittag
  • Proteine kurz vorm Schlafengehen

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Stand
Gespräch mit
Olga Ramich | Ernährungswissenschaftlerin, Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke
Das Gespräch führte
Nadine Zeller
Onlinefassung
Nadine Zeller