Frankreichs Meisterdieb kehrt zurück: Am 5. Oktober startet bei Netflix die dritte Staffel der Krimi-Serie „Lupin“. In der Serie eifert Schauspieler Omar Sy dem Gentleman-Dieb Arsène Lupin nach – einem Romanhelden, den in Frankreich jedes Kind kennt. Und nicht nur da: In Japan ist Lupin eine der beliebtesten Manga-Figuren aller Zeiten.
Krimi-Spaß mit Omar Sy: „Lupin“ geht in die dritte Runde
Er ist ein kriminelles Mastermind, ein Genie der Verkleidung und ein liebenswerter Chaot, der seine Familie über alles stellt. Der französische Schauspieler Omar Sy ist zurück als Assane Diop, der meistgesuchte Dieb Frankreichs, der sich ins Abenteuer stürzt, um den Namen seines Vaters reinzuwaschen.
Assanes Einbrüche sind spektakulär – kein Wunder bei seinem großen Vorbild: Arsène Lupin!, den „Gentleman-Dieb“ aus der Feder von Maurice Leblanc, kennt in Frankreich jedes Kind. Er ist der Held von 18 Romanen, 39 Novellen, fünf Theaterstücken und reihenweise Adaptionen für Film und Fernsehen. Dabei war Arsène Lupin für seinen Schöpfer eigentlich zunächst nichts weiter als ein schneller Geldjob.
„Lupin“ auf Netflix: Karsten Umlauf bespricht die neue Staffel
Ein Held nach berühmtem britischen Vorbild
Der normannische Sohn eines Reeders entscheidet sich gegen den Wunsch seines Vaters für eine Karriere als Journalist und Schriftsteller. In seiner Heimat verkehrt der junge Autor im Umfeld von literarischen Größen wie Gustave Flaubert und Guy de Maupassant.
Sein Debütroman „Les Femmes“ („Die Frauen“, 1893) findet große Beachtung und viel Lob, doch diesen Erfolg zu wiederholen gelingt Leblanc nicht. Seine nachfolgenden Bücher finden kein Publikum.
Es ist eher ein Notnagel, als Leblanc 1904 den Auftrag des Herausgebers Pierre Lafitte für einen Fortsetzungsroman annimmt.
Lafittes Idee: Für sein neues Magazin will er eine Kriminalgeschichte ganz in der Manier von Sir Arthur Conan Doyle. Dem ist in Großbritannien mit den Fällen von Sherlock Holmes ein sensationeller Erfolg gelungen, den Lafitte nun in Frankreich wiederholen möchte.
Mondäner Dieb mit Zylinder und Monokel
So erscheint im Juli 1905 in Lafittes Magazin „Je sais tout“ Lupins erstes Abenteuer: „L’Arrestation d’Arsène Lupin“ („Die Verhaftung von Arsène Lupin“). Eigentlich sollte es bei einem einmaligen Ausflug in das Abenteuer-Genre bleiben, doch der Fortsetzungsroman findet reißenden Absatz.
Drei Jahre später, als Arsène Lupin zum Helden eines Theaterstücks wird, ist der Erfolg nicht mehr zu bremsen. Das Publikum verlangt nach neuen Geschichten. Und diese liefert Maurice Leblanc bis an sein Lebensende.
Ein Robin Hood, der sich gegen die Bourgeoise erhebt
Anders als in den Kriminalromanen seiner Zeit steht bei Gentleman-Dieb Lupin nicht die Suche des Täters im Vordergrund, sondern das Delikt an sich. Lupin ist eine Art Robin Hood der Belle Époque, der mit List, Charme und einem enormen Talent für Verkleidungen verzwickte kriminalistische Rätsel löst und mit kindlicher Schadenfreude die korrupte Pariser Oberschicht vorführt.
Darin ähneln sich Lupin und sein britisches Gegenstück Holmes sehr: Ihr Scharfsinn, ihre Beobachtungsgabe und ihre unerschütterliche Überzeugung, dem Gegenüber weit überlegen zu sein.
Doch wo Holmes die Drogensucht zum Verhängnis wird, sind es bei Lupin die Frauen. Von ihnen lässt er sich immer wieder austricksen, vor allem von seine große Widersacherin, der Gräfin Cagliostro, einer vermeindliche Enkelin des legendären Trickbetrügers und vermeindlichen Alchimisten.
Im Krieg wird der Meisterdieb zum französischen Patrioten
Die materiellen Objekte von Lupins Begierde sind fantastische Artefakte von Weltruhm: das diamantene Halsband von Frankreichs Königin Marie Antoinette, eine sagenhafte schwarze Perle oder ein Handspiegel Cagliostros, dessen Geheimnisse es zu lösen gilt.
Lupin kämpft für Gerechtigkeit und stellt mit Charme diejenigen bloß, die gegen die gerechte Sache kämpfen. In den Kriegsjahren 1914 bis 1918 ist es für ihn und seinen Autoren deshalb auch patriotische Pflicht, den deutschen Kaiser vorzuführen.
In Japan als Mangaheld enorm populär
In Filmen und Fernsehen ist Lupin seit der Stimmfilmzeit in Europa und den USA beliebt. Doch nicht zuletzt in Fernost hat Lupin ein völliges Eigenleben entwickelt: In Japan zählt Lupin III. zu den größten Manga-Helden aller Zeiten.
Der Zeichner Kazuhiko Kato veröffentlichte unter dem Namen Monkey Punch die Abenteuer von Lupins japanischem Enkel. Arsène Lupin III. treibt seit den 1960er-Jahren in Comics, Romanen, Filmen und Serien sein Unwesen. Weg sind Zylinder und Monokel, der Manga-Lupin trägt Anzug und Krawatte und tritt in James-Bond-Manier seinen Gegnern entgegen.
International erlangte die Reihe vor allem durch den Zeichentrickfilm „Das Schloss des Cagliostro“ Bekanntheit. Der Film von 1979 wird der erste große Erfolg für den späteren Oscar-Preisträger und Leiter des legendären Animationsstudios Ghibli, Hayao Miyazaki.
„Lupin“ Staffel 3, ab 5. Oktober auf Netflix
Von Sherlock Holmes wollte Leblanc nichts gewusst haben
Für Maurice Leblanc wird der Erfolg seines Gentleman-Diebs Fluch und Segen gleichermaßen: Zwar wird er dank Lupin einer der erfolgreichsten französischen Schriftsteller seiner Zeit, doch die Anerkennung als ernstzunehmender Romancier sollte ihm als Schreiber von Abenteuerromanen bis an sein Lebensende verwehrt bleiben.
Dass Sherlock Holmes wirklich die Vorlage für seinen Romanhelden gewesen sein soll, streitet Leblanc zeitlebens ab. Er wolle den britischen Romanhelden nicht mal gekannt haben, als er die ersten Abenteuer schrieb. Das hinderte ihn aber nicht, selbigen in seine eigenen Geschichten einzuschreiben: Als Herlock Sholmes wird der britische Meisterdetektiv zum Gegner des französischen Diebs.
Die Serie von Netflix ist vielleicht das neueste Kapitel einer mehr als hundert Jahre andauernden literarischen Erfolgsgeschichte, aber bestimmt nicht das letzte. Fortsetzung folgt.
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