Über hundert Bände, mehr als 500 Millionen verkaufte Bücher und jetzt auch der neueste Quotenbringer bei Netflix: Der japanische Manga „One Piece“ bricht alle Rekorde. Nun schafft der amerikanische Streaming-Gigant mit dem Live-Action-Remake der Abenteuer von Piratenkapitän Monkey D. Ruffy das nahezu Unmögliche: eine atmosphärisch dichte Umsetzung der Erfolgsreihe. Das neueste Kapitel in einer 26 Jahre andauernden Erfolgsgeschichte.
Breites Grinsen, noch breiterer Strohhut
Ein schelmisches Grinsen über beide Ohren, rote Weste, kurze blaue Hose und – natürlich – der breitkrempige Strohhut: So kennen und lieben die Fans Monkey D. Ruffy, die Hauptfigur des Welterfolgs „One Piece“.
Seit 1997 umsegelt Ruffy gemeinsam mit seiner Crew, der „Strohhut-Bande“, die Weltmeere. Sein Ziel: König der Piraten werden und das legendäre „One Piece“ finden, den größten Schatz der Welt. Diesen hat der große Piratenkönig Gol D. Roger noch vor seinem Tod versteckt.
Doch Ruffy ist mehr als ein einfacher Junge mit großen Ambitionen: Seitdem er eine Teufelsfrucht verspeist hat, kann er seinen ganzen Körper wie Gummi drehen und strecken. Ein Vorteil im Kampf gegen seine Gegner, doch auch ein gewaltiger Nachteil auf See, denn wer die Teufelsfrucht gegessen hat, kann nicht mehr schwimmen.
„One Piece“ bricht als Comic und Zeichentrick alle Rekorde
„One Piece“ ist Comic-Kult. Seit 26 Jahren treiben Ruffy und seine Freunde in Comics und Romanen, im Fernsehen und auf der Kino-Leinwand ihr Unwesen. Der Manga von Autor Eiichiro Oda zählt mehr als hundert Sammelbände und steht damit als längste Serie eines einzigen Comic-Zeichners im Guinness-Buch der Rekorde.
Die TV-Zeichentrickserie bringt es auf über tausend Folgen. Nun erreicht der „One-Piece“-Kosmos auf Netflix eine neue Dimension: Seit dem 31. August erzählt der Streaming-Gigant die Anfänge der Saga nochmal neu – mit echten Schauspielern.
Und das funktioniert überraschend gut: In 84 Ländern kletterte die Manga-Adaption in den ersten Tagen auf Platz eins der Streaming-Charts und bricht damit die Rekorde von „Stranger Things“ und „Wednesday“.
Das ist die „Strohhut-Bande“ im Live-Action-Remake
Was macht die Serie über alle Maßen erfolgreich?
Piratengeschichten begeistern Menschen seit Jahrhunderten. Was die Freibeuter in Robert Louis Stevensons „Schatzinsel“ zu Kinderzimmerhelden und in „Fluch der Karibik“ zu Kinostars gemacht hat, funktioniert auch als Manga: Freiheit, lose Moral und ein eigener Seefahrer-Ehrenkodex.
Zum anderen ist und bleibt „One Piece“ in seinen Grundzügen seinem Genre treu als recht konventioneller Shonen-Manga, ein Manga für Jungs und junge Männer. Es geht ums Erwachsenwerden, um Freundschaften und den Kampf Gut gegen Böse. Ganz deutlich schimmern dabei die großen Manga-Vorbilder durch, allen voran „Dragon Ball“ von Akira Toriyama.
Gerade auf dem schnelllebigen japanischen Comic-Markt ist ein Erfolg wie der von „One Piece“ aber etwas besonderes. Eiichiro Oda war 22 Jahre alt, als er die ersten Kapitel seines Opus Magnum zeichnete. Über die Jahre ist der Manga mit seinem Autor – und auch mit seinen Leser*innen – immer erwachsener geworden, ohne dabei seinen Charme komplett einzubüßen.
Fantastischer Entwicklungsroman in Bildern
Als „philosophisch-gesellschaftskritischen Fortsetzungsroman“ beschrieb Marc Röhlig den Manga 2013 in einem Artikel für den Tagesspiegel.
Oda findet seine Inspirationen im Alltag, im aktuellen Weltgeschehen und in der Kulturgeschichte der vergangenen Jahrzehnte. Dabei finden sich auch ernste Themen wie Folter, Sklaverei oder Faschismus in der „One Piece“-Welt wieder.
Und trotzdem verliert die Reihe niemals ihren Humor. Auch nach 26 Jahren bleibt Monkey D. Ruffy ein lebhafter, sorgloser Junge mit großem Appetit und noch größeren Träumen und bildet damit das Herz und den Ankerpunkt dieses Seemansgarns made in Japan.
„One Piece“, ab 31. August auf Netflix
Nostalgie und Respekt vor der Vorlage
Realfilm-Adaptionen von Animes scheitern häufig daran, die Essenz und den Charme ihrer Vorlagen in ihr Medium zu übertragen. „Dragonball Evolution“ (2009) oder jüngst „Knights of the Zodiac“ (2023) sind traurige Beispiele für völlig misslungene Anime-Realverfilmungen.
Netflix setzt mit seiner Serie auf ein Höchstmaß an Nostalgie. „One Piece“-Erfinder Eiichiro Oda war eng in die Entwicklung der Serie eingebunden, etwa auch beim Casting der Hauptrollen.
Die Nostalgie zieht sich durch bis hin zur Synchronisation: Diese wird sowohl in der japanischen als auch in der deutschen Fassung von den Feststimmen des Anime übernommen.
Eiichiro Oda trifft Ruffy-Darsteller Iñaki Godoy
Mit sehr viel Liebe zum Detail und sorgfältigen Referenzen zur Vorlage rekreiert die Netflix-Serie, die pro Folge übrigens ein höheres Budget hatte als „Game of Thrones“, in ausladenden und üppigen Bildern die Welt der Comic-Vorlage. Auch die Riege junger Schauspielerinnen und Schauspieler um den rundum überzeugenden Ruffy-Darsteller Iñaki Godoy begeistern die Fans.
Wann endet „One Piece“?
Wird Ruffy irgendwann sein Ziel erreichen und den titelgebenden Schatz finden? In einem Interview zum 25. Geburtstag der Serie hat Eiichiro Oda bestätigt, dass der Manga auf das Finale zusteuert und in den nächsten Jahren seinen Abschluss finden soll.
Wie viele Seiten bis dahin noch gezeichnet werden und wie viele Folgen von Anime und neuer Realserie entstehen sollen, das bleibt bis auf Weiteres offen. So weit und offen wie die See in Odas Manga.
Bislang 104 Bände auf Deutsch erschienen: der Original-Manga
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