Manga ist schon lange mehr als ein Boom, der Markt wächst seit Jahrzehnten kontinuierlich. Doch während die meisten Manga aus Fernost stammen, zeichnen heute auch deutsche Comickünstler im Manga-Stil. Eine von ihnen ist Blackii aus Bönnigheim bei Stuttgart. Ihr Manga „Children of Grimm“ erscheint nun im Buchhandel.
Reihenweise Manga und Figuren von „Dragon Ball“ und „One Piece“
Während der Großteil ihrer freundlichen Wohnung eher eine Manga-freie Zone zu sein scheint, konzentriert sich die etwas andere Welt auf Blackiis Arbeitszimmer.
Im Regal stehen sorgfältig sortiert verschiedenste Manga-Serien, dazwischen – unverzichtbar – Anime-Figuren aus „Dragon Ball“, „Pokémon“ und „One Piece“. Rosa schimmern der Drucker und die Tastatur, ein Gecko schlummert hinter dichten Pflanzen kopfüber an der Glaswand seines Terrariums.
Seit einigen Jahren arbeitet Blackii mit Autor Aljoscha Jelinek zusammen. Dass sich ihr gemeinsames Projekt „Children of Grimm“im vergangenen September neben starker asiatischer Konkurrenz in der Auswahl zum bundesweiten Manga-Day behaupten konnte, ist so etwas wie ein Adelsschlag für die 33-jährige Zeichnerin aus Bönnigheim.
Ein bisschen Asterix darf es auch sein
Eigentlich hätte es ein Kinderbuch werden sollen, doch nun ist mit „Children of Grimm“ ein Märchen-Comic entstanden. Ein Shonen-Manga, ein Manga für eine junge, tendenziell männliche Zielgruppe.
Der kleine Boy träumt davon ein Märchenheld zu werden, doch erst einmal muss er in der Bäckerei seines Onkels Eierbrötchen und Dinkelknacker verkaufen. Die Geschichte steckt voller Charme und Witz, wenn im Kampf gegen die bösen Grauwölfe die Pampelmusen-Büchse mit Zuckerwatten-Munition zum Einsatz kommt.
Dazu die sehr detailreichen, sehr dynamischen Schwarz-Weiß-Zeichnungen, die sich deutlich an den japanischen Klassikern anlehnen.
„Deutsche Zeichner werden ein bisschen danach bewertet: Wie japanisch sieht das aus?“, meint Blackii. Das habe sie immer im Hinterkopf. „Aber inzwischen kommt auch mal der Asterix durch von früher“. Das Gesicht, die Mimik – ein bißchen ‚cartooniger‘. Und „das ist auch gut so.“
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„Dragon Ball“ und „Pokémon“: die Helden der ersten Manga-Welle
Es gibt eine Kindheit, die davon geprägt ist, alle 150 Pokémon, die es damals gab, aufsagen zu können. Bei Blackii waren es außerdem japanische Animes, die sie im Original ohne deutsche Synchronisation mit Untertitel gesehen hat. „Ich möchte die auf japanisch sprechen hören“, lacht Blackii, was ihre Teenager-Söhne, 10 und 11 Jahre alt, überhaupt nicht verstehen können.
Die Illustratorin ist in den 1990er-Jahren groß geworden. Damals schwappte eine erste große Manga-Welle in deutsche Kinderzimmer, vor allem RTL2 profilierte sich durch zahlreiche Anime-Serien wie „Dragon Ball“ und „Sailor Moon“.
Die Jugendlichen von damals sind heute Erwachsene, die noch immer mit Ästhetik, Erzählweise und Zeichensprache der ersten Stunde liebäugeln. „Davon wollten wir nicht zu weit weggehen“, meint Blackii mit Blick auf das Projekt „Children of Grimm“, „wir wollten das Gefühl der ersten Mangawelle transportieren.“
Eine Chance für den deutschen Manga
Blackii ist wie viele Manga-Nerds eine Expertin ihres Faches. Selbst die schwierigsten japanischen Namen kommen ihr flugs über die Lippen.
Ein großes Vorbild: Rumiko Takahashi, eine der berühmtesten japanischen Mangaka. „Ranma ½“ , 1989 erschienen, eine Mischung aus Comedy und Action, spielt schon damals mit den „klassischen Geschlechterrollen“, weil sich der 16jährige Held bei Berührung mit kaltem Wasser in ein Mädchen verwandelt.
Fan-Kultur Mehr Nerds braucht diese Welt! Der Siegeszug eines Sonderlings
Wer den Begriff „Nerd“ hört, der denkt unweigerlich an „The Big Bang Theory“: hochintelligente, verschrobene Mannkinder mit Hang zu Comics, Games und PCs. Doch Nerd-Kultur ist viel mehr, sagt unser Autor, selbst stolzer Nerd. Es ist eine Bewegung, die die Liebe zu guten Geschichten und deren kreativem Ausdruck feiert, so auch am 25. und 26. März auf der ersten „Proud Nerd Convention“ in Trier.
Ein anderes Vorbild: Toni Valente, Comiczeichner aus Frankreich. Sein Comic „Radiant“ wurde als Manga in Japan veröffentlicht. Das habe ihr gezeigt: „Auch in Europa können wir gute Manga machen“, betont Blackii.
Doch es gibt ein Problem: in der Regel werden die Leute durch einen Anime im Fernsehen erst darauf aufmerksam, dass es dazu auch einen Manga gibt. „Es ist in Deutschland immer noch ein bisschen schwierig, einen Fuß in die Tür zu bekommen, wenn man keinen Anime hat“, erklärt die Illustratorin. Es sei wichtig, dass man selber in dieser Richtung was produziert in Deutschland.
Manga, der schnelle Roman
Nun erscheint der erste Band beim Verlag Altraverse, fünf Bände sind geplant. Anders als die europäischen oder amerikanischen Comics erscheinen Manga in schneller Abfolge und in enger Anpassung an die Themen ihres Publikums. Das schafft eine hohe Identifikation mit den Heldinnen und Helden der Geschichten.
Für die Bönnigheimer Illustratorin Blackii ist der Manga die perfekte Mischung aus Comic und Roman: Die Bilder, der Witz, aber auch das emotionale Mitfühlen mit dem Charakter – das mache für sie die „Faszination Manga“ aus.
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