Im vergangenen Jahr gab es laut Landeskriminalamt 461 Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz in Rheinland-Pfalz. Eine Region sticht heraus.
Die Zahl der Straftaten wegen Tierquälerei und Tiertötung in Rheinland-Pfalz bleibt hoch: Laut Landeskriminalamt (LKA) waren es im vergangenen Jahr 461 Fälle. Damit liegt die Zahl seit 2019 jedes Jahr über 450. Jeder zweite Fall konnte laut LKA aufgeklärt werden. Unklar ist jedoch, wie hoch die Dunkelziffer ist.
Die meisten Fälle von Tierquälerei im Kreis Bad Kreuznach
Das Landeskriminalamt wertet die Strafanzeigen nicht danach aus, um welche Tierart es sich handelt oder um welchen Fall von Tierquälerei. Allerdings kann das LKA regionale Schwerpunkte nennen: An der Spitze standen im vergangenen Jahr die Kreise Bad Kreuznach (35 Fälle) und Trier-Saarburg (25) sowie Stadt und Kreis Neuwied und der Westerwaldkreis (beide je 21). Am unteren Ende der Liste sind die Städte Pirmasens und Speyer mit je zwei Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz.
Nach Angaben des LKA bedeuten diese Zahlen nicht zwangsläufig, dass es im Kreis Bad Kreuznach ein besonders großes Problem mit dem Tierschutz gibt. Vielmehr ließen die hohen Fallzahlen auf eine Sensibilität und eine große Anzeigebereitschaft der Bevölkerung in diesem Bereich schließen.
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Entsetzen bei Tierschützern in Rheinland-Pfalz
Tierschützer sind entsetzt über die Landesbilanz. "Die Zahlen sind erschreckend, wenngleich es ein positives Zeichen ist, dass Behörden ermitteln und hoffentlich entsprechende Strafen verhängen, wenn es um Tierquälerei geht", sagt Eva Lindenschmidt von der Auffangstation Tierart in Maßweiler.
Julia Bravetti von der Wildtierpflegestation Koblenz rechnet mit einer sehr hohen Dunkelziffer. "Vor allem, wenn man bedenkt, wie viele Menschen Maulwürfe vom Rasen fernhalten, sich schon an einem Mäuschen im Blumentopf stören oder sogar vom Igel im Garten genervt sind." Heute sei Rattengift in fast jedem Baumarkt erhältlich. "Da frage ich mich: Wo beginnt Tierquälerei?"
"Haustieren geht es in der Regel besser als Nutztieren"
"Erschreckend" seien die vielen Fälle von Tierqälerei, findet auch Monika Göttler vom Tierschutzverein Mensch und Tier Bingen, Rheinhessen-Naheland. "Vor allen Dingen, wenn man bedenkt, dass dies nur die Spitze des Eisbergs ist." Viel Tierleid spiele sich im Verborgenen ab. Für Göttler gibt es eine Zweiklassen-Tiergesellschaft, denn Haustieren gehe es in der Regel wesentlich besser als "geschundenen Nutztieren in der Massentierhaltung".
Tierschützer fordern landesweite Verordnung zum Katzenschutz
Um die Situation für die Tiere zu verbessern, wünscht sich Göttler unter anderem eine landesweit gültige Katzenschutzverordnung von der Landesregierung, also eine Kastrations- und Kennzeichnungspflicht für Freigängerkatzen. Die Tierschützerin ist sich sicher: "Viel Katzenelend und eine Dauerbelastung der Tierschutzvereine könnten damit verhindert werden."
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Lage in Tierheimen in RLP angespannt
Auch Lukas Walter vom Tierheim Kaiserslautern schlägt Alarm. "Im vergangenen Jahr waren wir immer wieder mit stark vernachlässigten Tieren konfrontiert." Ein direkter Bezug zu den Zahlen des LKA lasse sich für ihn zwar nicht herstellen. "Aber generell bleibt die Lage in deutschen Tierheimen angespannt."
Der Tierschutzbund weise wiederholt auf die Überlastung vieler Heime hin, die mit einer wachsenden Zahl verhaltensauffälliger Tiere, besonders Hunde, zu kämpfen hätten. "Diese Belastungen verschärfen die ohnehin schwierige Situation im Tierschutz."
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