Am Freitag ist die Finanzierung des Bundes für sogenannte Sprach-Kitas ausgelaufen. Das Land Rheinland-Pfalz hat sich gegen eine Weiterfinanzierung entschieden.
Immer mehr Kinder können nur schlecht Deutsch sprechen und schreiben. Bildungsstudien machen das seit Jahren mehr als deutlich. Jüngst machte die Gräfenau-Grundschule in Ludwigshafen Schlagzeilen, weil dort rund 40 Kinder die erste Klasse wiederholen müssen. Jetzt läuft Ende Juni auch noch das Programm "Sprach-Kitas" aus. Finanziert hatte es der Bund, nun geht die Verantwortung auf die Länder über.
260 Sprach-Kitas in Rheinland-Pfalz
Rund 260 Kitas, etwa zehn Prozent aller Kitas in Rheinland-Pfalz, profitierten als Sprach-Kitas vom Bundesprogramm. Hier arbeiteten zusätzlich zum regulären Team Sprachförderkräfte für rund 20 Stunden in der Woche. Sie arbeiteten mit den Kindern, beschafften aber vor allem Informationen aus Fortbildungen und schulten somit Kolleginnen und Kollegen. Erst vor einem Jahr wurde zum Beispiel die Villa Kunterbunt in Kirchheimbolanden zur Sprach-Kita.
Weil der Bund kein Geld mehr gibt, kann die Kita ihre Fachkraft nun nicht weiter beschäftigen. Es hätte zu große finanzielle Einbußen für die Kita bedeutet, sagt Kita-Leiter Tobias Hase. Er ist enttäuscht. Das Programm sei sehr erfolgreich gewesen. "Doch die Arbeit der Sprachfachkraft können Erzieherinnen und Erzieher im Alltag nicht kompensieren. Zumal wegen Krankheit und Urlaub ja auch immer mal wieder Personal fehle.“ Genau so geht es fast allen Sprach-Kitas.
Land übernimmt keine Finanzierung
In 13 von 16 Bundesländern springt nun das Land ein und übernimmt die Finanzierung. Rheinland-Pfalz hat sich dagegen entschieden. Es sei bedauerlich, dass der Bund aus der Förderung aussteige, sagt Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD). Aber Rheinland-Pfalz sehe sich gut gerüstet. Denn vom Bundesprogramm hätten ohnehin nur 10 Prozent aller rheinland-pfälzischen Kitas profitiert.
Das Land setze dagegen auf alltagsintegrierte Sprachförderung in allen Kitas. Dazu ist auch Spracharbeit mit Kleingruppen vorgesehen. Zudem benennen die Kitas Sprachbeauftragte im Team, die dann die Kolleginnen und Kollegen entsprechend schulen sollen.
Kritik: Spracharbeit kommt im Alltag der Kitas zu kurz
Für Claudia Theobald, der Vorsitzenden des rheinland-pfälzischen Kita-Fachkräfteverbandes, ist diese Art der Sprachförderung angesichts des Fachkräftemangels nur sehr punktuell möglich. Im Kita-Alltag bleibe dafür meist kaum Zeit. "Dafür bräuchte es doppelt so viele Erzieher wie vorgesehen“, sagt sie. Doch schon heute blieben viele Stellen unbesetzt, weil es an Fachkräften mangele.
GEW kritisiert das Aus für die Sprachkitas
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) kritisiert die bevorstehende Einstellung des Förderprogramms. Spezielle Sprachförderangebote für Kita-Kinder mit Defiziten seien weiterhin dringend nötig, so die Gewerkschaft.
Der GEW Rheinland-Pfalz Vorsitzende Klaus-Peter Hammer sagte, es sei nicht zu akzeptieren, dass in den Grundschulen viele Kinder wegen mangelnder sprachlicher Kompetenzen Klassenziele nicht erreichten, während gleichzeitig ein so wichtiges Sprachförderprogramm auslaufe.
Opposition: Entscheidung des Landes nicht nachvollziehbar
Kritik kommt darüber hinaus von der CDU und den Freien Wählern. Beide Parteien halten es für falsch, dass das Land das Bundesprogramm "Sprach-Kitas" nicht mit eigenen Mitteln fortführt. Von der CDU hieß es, viele Kinder hätten wegen unzureichender Sprachkompetenzen Schwierigkeiten in der Grundschule. Die Freien Wähler erklärten, wieder einmal würden die Kindertagesstätten abgehängt und die Kinder im Bereich der frühkindlichen Bildung und Sprachentwicklung ihrer Chancengleichheit beraubt.