Nach AfD-Vorwurf zur Einflussnahme der Innenminister

Wen beobachtet der Verfassungsschutz und warum?

Stand
Autor/in
Hannah Vogel
Hannah Vogel ist Teil des Teams von "Zur Sache! Baden-Württemberg".
Christoph Kehlbach

Der AfD-Landesfraktionschef Baron hatte den Verfassungsschutzbehörden eine zu große Nähe zu den Innenministern vorgeworfen. Kann das sein?

Der AfD-Fraktionsvorsitzende Anton Baron hatte in der SWR-Sendung "Zur Sache Baden-Württemberg" am Donnerstag von einer Einflussnahme der Innenminister auf die Verfassungsschutzbehörden gesprochen. In Thüringen, wo im September gewählt wird, werde man im Fall einer Regierungsbeteiligung den Innenminister "austauschen" und könne anschließend die Grüne Jugend beobachten "und schauen, was die so treibt".

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BW-Fraktionschef Baron will Grüne Jugend beobachten lassen AfD-Politiker erntet Kritik nach Äußerungen über Verfassungsschutz-Vorgehen

Der AfD-Fraktionsvorsitzende in Baden-Württemberg, Anton Baron, will in Thüringen den Innenminister "austauschen" und die Grüne Jugend in den Fokus nehmen. Die Äußerungen ernteten breite Kritik.

Zur Sache Baden-Württemberg SWR BW

Der Thüringer Landesverband wird ebenso wie in Sachsen-Anhalt und Sachsen vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft. In Baden-Württemberg beobachtet der Verfassungsschutz die Landes-AfD seit Juli 2022 als "rechtsextremistischen Verdachtsfall". Auf welcher Basis trifft der Verfassungsschutz seine Entscheidungen?

Verfassungsschutz darf nicht willkürlich handeln

Der Verfassungsschutz in Bund und Ländern ist an Recht und Gesetz gebunden. Er darf also nicht willkürlich handeln. Seine Aufgaben und auch seine Befugnisse sind klar definiert, etwa in den Landesverfassungsschutzgesetzen der einzelnen Bundesländer. Diese gesetzlichen Vorschriften sind die Grundlage für die Arbeit des Verfassungsschutzes. Seine Aufgabe ist danach, "Gefahren für die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand und die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder frühzeitig zu erkennen und den zuständigen Stellen zu ermöglichen, diese Gefahren abzuwehren."

Die Einstufung einer Gruppierung als "Verdachtsfall" oder als "gesichert extremistisch" hat zur Folge, dass der Verfassungsschutz in diesen Fällen auch nachrichtendienstliche Mittel zur Beobachtung einsetzen darf. Das sind etwa Observationen, der Einsatz von V-Leuten und unter bestimmten Voraussetzungen auch Abhörmaßnahmen. So darf der Verfassungsschutz aber nur dann vorgehen, wenn es tatsächliche Anhaltspunkte dafür gibt, die eine solche Einstufung rechtfertigen.

Kontrolle durch Gerichte und das Parlament

Die betroffenen Gruppierungen oder Personen können von der Justiz, also von unabhängigen Gerichten nachprüfen lassen, ob der Verfassungsschutz sich an die rechtlichen Vorschriften hält. Also beispielsweise, ob es wirklich ausreichend stichhaltige tatsächliche Anhaltspunkte für bestimmte Maßnahmen gibt. In einem entsprechenden Verfahren müsste dann der Verfassungsschutz seine Anhaltspunkte darlegen.

Die Landesregierungen in den einzelnen Bundesländern unterliegen hinsichtlich der Arbeit des Verfassungsschutzes der parlamentarischen Kontrolle. Die wird durch das parlamentarische Kontrollgremium ausgeübt. Auch das ist gesetzlich festgeschrieben.

Verfassungsschutz BW hält sich "strikt an gesetzliche Grundlage"

Ein Sprecher des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg stellte auf SWR-Anfrage klar, dass die verfassungsschutzrechtliche Bearbeitung von Gruppierungen und Einzelpersonen strikt anhand der gesetzlichen Grundlagen erfolge. In Baden-Württemberg sei das in erster Linie das Landesverfassungsschutzgesetz. "Voraussetzung für ein Tätigwerden des baden-württembergischen Verfassungsschutzes ist demnach ausschließlich das Vorliegen von tatsächlichen Anhaltspunkten für Bestrebungen oder Tätigkeiten, die unter anderem darauf gerichtet sind, die Wesenselemente der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen", so der Sprecher weiter. Liegen derartige Anhaltspunkte vor, bestehe somit eine Pflicht für den Verfassungsschutz Baden-Württemberg zum Tätigwerden.

Thüringer Verfassungsschutzpräsident: AfD nutzt "Opferstatus"

Der Thüringer Verfassungsschutzpräsident Stephan Kramer hatte in einem Interview mit der SWR-Rechtsredaktion hervorgehoben, dass der dortige AfD-Landesverband nie gegen die Einstufungsvermerke geklagt habe. "Denn das hätte zur Folge gehabt, dass ein Verwaltungsgericht unser Tun und Handeln nachgeprüft hätte. Und mit einem Urteil entweder uns Recht gegeben hätte oder der AfD", sagte Kramer. Dieser Auseinandersetzung sei die AfD gezielt aus dem Weg gegangen, "weil sie so noch viel besser den Opferstatus nutzen kann", betonte Kramer weiter.

Anders in Baden-Württemberg: Hier wehrt sich die AfD juristisch gegen ihre Beobachtung als "rechtsextremistischen Verdachtsfall". Ein Eilantrag der AfD dagegen scheiterte im vergangenen November. Mit der Beobachtung wollen die Verfassungsschützer herausfinden, ob sich der Extremismus-Verdacht erhärtet und die Partei möglicherweise als extremistisch einzustufen ist. Ein Sprecher des baden-württembergischen Landesamtes für Verfassungsschutz teilte am vergangenen Sonntag mit, seit der Erhebung zum Beobachtungsobjekt bestätigten etwa extremistische Äußerungen und Positionen die Einschätzung, "dass die extremistischen Kräfte innerhalb der AfD bemüht sind, ihre innerparteiliche Wirkungsmacht zu stabilisieren und auszuweiten."

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