Immer mehr Flüchtlinge kommen nach Baden-Württemberg. Das Land sucht händeringend Standorte für Erstaufnahmeeinrichtungen. Aber es gibt viel Widerstand in den Kommunen.
Justizministerin Marion Gentges (CDU) hat die Kommunen im Land eindringlich zur Mithilfe bei der Suche nach Unterkünften für Flüchtlinge gebeten. Als Orte für die Erstaufnahme kämen unbebaute Grundstücke mit einer Größe zwischen 5 bis 8 Hektar und möglichst einer Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr in Betracht, schreibt die Politikerin in einem Brief an die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Land. In dem Brief an alle Rathauschefs der 1.101 baden-württembergischen Kommunen, der dem SWR vorliegt, weist die CDU-Politikerin auf die weiterhin hohen Zugangszahlen hin.
2022 mehr Flüchtlinge als 2015 und 2016 zusammen
Auch bebaute Grundstücke wie Hotels, Krankenhäuser und Kasernen eigneten sich, falls dort mindestens 500 Menschen untergebracht werden könnten. In den sogenannten Erstaufnahmeeinrichtungen werden Flüchtlinge direkt nach ihrer Ankunft untergebracht. Im vergangenen Jahr habe das Land mit 178.000 Geflüchteten deutlich mehr Menschen aufgenommen als 2015 und 2016 zusammen, schreibt Gentges.
Weiter viele Flüchtlinge erwartet
Das Land müsse sich weiterhin auf hohe Zugänge einstellen. Die Erstaufnahme sei zwar in kurzer Zeit von 6.500 auf rund 13.000 Plätze aufgestockt worden - etwa durch Nutzung von Notkapazitäten und temporären Standorten. "Diese Kapazitätsaufstockung kann zeitlich jedoch nur begrenzt aufrechterhalten werden", schreibt die Ministerin. Deshalb müssten die Kapazitäten der Erstaufnahme zügig und nachhaltig ausgebaut werden. Nur so könne Druck abgefedert werden von den Kommunen.
Bislang habe man nur sehr wenige mögliche Standorte identifizieren können, diese würden aktuell geprüft. In Baden-Württemberg besteht das Unterbringungssystem für Geflüchtete aus drei Phasen: Für die Erstaufnahme ist das Land zuständig, für die vorläufige Unterbringung der jeweilige Land- oder Stadtkreis, für die Anschlussunterbringung die Gemeinde.
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Kommunen stellen Forderungen an das Land
Gemeindetags-Präsident Steffen Jäger sieht in dem Brief ein Indiz für das Dilemma der Kommunen: Es brauche mehr Erstaufnahmeplätze, aber es gebe immer weniger Akzeptanz dafür in der Bevölkerung. Es brauche schnellere Verfahren und eine bessere europäische Verteilung. Der Städtetag fordert vom Land einheitliche Regelungen, um die Akzeptanz vor Ort zu erhöhen. Kommunen mit Landeserstaufnahmestellen dürften nicht benachteiligt werden, so Städtetags-Geschäftsführer Ralf Broß gegenüber dem SWR. Der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, Alexis von Komorowski, sprach von massiven Kapazitätsengpässen. Diese würden durch den ohnehin akuten Wohnungsmangel noch verschärft. "Nicht zuletzt deshalb fordert die kommunale Familie die gleichmäßig-faire Verteilung von Schutzsuchenden auf EU-Ebene sowie ein beschleunigtes Asylverfahren."
Widerstand aus der Bevölkerung gegen neue Unterkünfte
Erstaufnahmeeinrichtungen gibt es etwa in Karlsruhe, in Ellwangen, in Sigmaringen und in Freiburg. Einschließlich Notunterkünften, etwa in Messehallen, betreibt das Land 15 Einrichtungen zur Erstaufnahme von Flüchtlingen. Aus diesem Grund prüft das Land derzeit weitere Standorte für Unterkünfte, etwa in Böblingen, Bruchsal, Ludwigsburg und Waldkirch. Vor Ort gibt es aber häufig starke Widerstände gegen den Bau neuer Unterkünfte.
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