Kommunen und Landkreise suchen händeringend nach Wohnraum für Geflüchtete. Einige Gemeinden wissen schon jetzt nicht mehr, wohin mit den Menschen und fordern die Politik zum Handeln auf.
Beispiel Wiernsheim im Enzkreis. Derzeit werden in der 6.500-Einwohner-Gemeinde gleich mehrere Objekte zu Flüchtlingsunterkünften umgestaltet. Darunter der alte Kindergarten im Ortsteil Iptingen. Handwerker sind dabei, die ehemaligen Gruppenräume zu Wohnungen umzufunktionieren. Schon vor längerer Zeit wurde das in die Jahre gekommene Gebäude dicht gemacht und sollte eigentlich abgerissen werden. Doch jetzt ist Bürgermeister Matthias Enz froh, dass es noch steht. "Das verschafft uns ein bisschen Luft", meint er.
Bei zu wenigen Flüchtlingen drohen Strafzahlungen
Eine sechsstellige Summe steckt Wiernsheim in den Umbau, um Platz zu schaffen für 20 bis 30 Geflüchtete. Viel Geld für die kleine Gemeinde. Doch Rathauschef Enz ist unter Druck. Seine Gemeinde hat bislang 126 Geflüchtete aufgenommen, 32 weniger als sie nach dem gültigem Verteilschlüssel müsste. Es drohen hohe Ausgleichszahlungen.
Aus denselben Gründen wird auch das mit Millionenaufwand renovierte Gasthaus "Adler", das der Gemeinde gehört, erst mal für Flüchtlinge genutzt werden. Bedeutet weitere zwölf Plätze. Doch schon jetzt sei absehbar, dass auch das nicht lange reichen werde, meint Enz. Wie es dann weitergehen soll – Enz ist ratlos. "Wir haben eh schon hohen Wohnungsdruck und wissen langsam nicht mehr, wo schon unsere einheimischen Bürger unterkommen sollen", meint er.
Enzkreis kommt mit Wohnraumbeschaffung nicht hinterher
Fast allen Enzkreis-Gemeinden geht es ähnlich. Und auch der Kreis selbst, zuständig für die vorläufige Unterbringung, weiß nicht mehr wohin mit den Menschen. Etwa 900 Geflüchtete habe man derzeit untergebracht, berichtet Landrat Bastian Rosenau. Jeden Monat kämen momentan 130 weitere dazu. Der private Wohnungsmarkt sei leergefegt, so Rosenau. Zwar schaffe man in hohem Tempo ständig neue Containeranlagen. Doch selbst eine große Einrichtung reiche gerade für ein paar weitere Wochen aus. In etwa drei Monaten sei man komplett dicht.
Gemeinden auch bei Integration überfordert
Wenn die Entwicklung so weiter geht wie bisher, befürchtet Rosenau, müsse er wieder Sporthallen zweckentfremden oder gar Zeltstädte aufbauen. Und bei der Unterbringung hörten die Probleme ja nicht auf, betont Bürgermeister Enz. Die Geflüchteten benötigten Kita- und Schulplätze, Sprachunterricht, Arbeit und vieles mehr, damit Integration funktioniere.
Die Politiker im Bund und in Europa müssten endlich handeln, fordern Landrat und Rathauschef. Die nötigen Maßnahmen aus ihrer Sicht: eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge in Europa, die Eindämmung illegaler Einwanderung und die Abschiebung von Menschen ohne Bleibrecht. "Alles längst bekannt", sagt Rosenau. Man müsse dem nur endlich mit Nachdruck nachgehen.