Vor einem Bürgerdialog der Grünen-Landtagsfraktion in Erlenbach bei Heilbronn haben am Dienstagabend Bauern protestiert. Nach Buh-Rufen gab es aber sachliche Diskussionen.
In Erlenbach (Kreis Heilbronn) hat am Dienstagabend vor einem Auftritt von Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) ein größerer Bauernprotest stattgefunden. Özdemir war zu Gast bei einem Bürgerdialog der Grünen-Landtagsfraktion. Er sei mit lauten Buh-Rufen empfangen worden, berichtete ein SWR-Reporter von vor Ort.
Neben Özdemir auch Kretschmann zu Gast
Neben Özdemir waren bei dem Bürgerdialog Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und rund 50 weitere Grünen-Politiker vor Ort. Zuvor hatten am Montag Tausende Bäuerinnen und Bauern in ganz Deutschland gegen die Sparpläne der Bundesregierung demonstriert.
Für den Bürgerdialog der Grünen in der Sulmtalhalle in Erlenbach hatte sich Özdemir kurzfristig angemeldet. Eigentlich sollte es bei der Veranstaltung laut Einladung um Themen wie Bildung, bezahlbaren Wohnraum oder Klimaschutz gehen.
Özdemir: Jahrzehnte falscher Politik Ursache der Bauernproteste
"Ich glaube, dass der Agrardiesel eigentlich eine Metapher ist für eine Unzufriedenheit, die sich nicht nur auf die letzten zwei Jahre meiner Amtszeit bezieht", sagte Özdemir bei dem Bürgerdialog. Stattdessen bezögen sich die Proteste auf die letzten Jahrzehnte der Landwirtschaftspolitik. Für diese seien nicht nur die Grünen, sondern vor allem die CDU verantwortlich gewesen. "Ich war nicht derjenige, der gesagt hat: niedrige Preise und Massenproduktion für den Weltmarkt", sagte Özdemir. Das Problem sei, dass es in der deutschen Landwirtschaftspolitik eine Philosophie gegeben habe, "die an der Realität zerschellt".
Özdemir forderte mehr Wertschätzung und auch mehr Geld für Landwirtinnen und Landwirte in Deutschland. Diese sorgten dafür, dass die Menschen zuverlässig mit Nahrungsmitteln versorgt würden und die Kulturlandschaft gepflegt werde. "Ich finde, wenn die Gesellschaft von der deutschen Landwirtschaft profitiert, dann reicht kein Vergelt's Gott", sagte Özdemir. Landwirte müssten stattdessen ein auskömmliches Einkommen haben.
Trotz Dominanz der Landwirtschaft auch andere Themen
Nach den Redebeiträgen von Özdemir und Kretschmann, die deutlich länger ausfielen als angekündigt, gab es für alle Besucherinnen und Besucher wie geplant die Möglichkeit zum Dialog. Verschiedene Tische waren unterschiedlichen Themen zugeordnet - das Thema Landwirtschaft mit dem Agrarminister als Ansprechpartner war erwartungsgemäß dicht bedrängt.
Aber auch zu allen anderen Themen, sei es Bauen und Wohnen oder Bildung, gab es zahlreiche Gespräche der Besucherinnen und Besucher mit den Abgeordneten. Sehr zur Freude der vielen Anwesenden, dass es eben doch nicht nur um Agrarpolitik ging. Als Özdemir gehen musste, gab es außerhalb der Halle noch ein paar Buh-Rufe und Pfiffe - aber die Proteststimmung vom Beginn der Veranstaltung, als Protestierende auch "Hau ab" skandierten, hatte sich unterdessen deutlich gelöst.
Am Mittwoch ist Özdemir dann auf dem Kalten Markt in Ellwangen (Ostalbkreis). Dort ist am Vormittag eine Bauernkundgebung in der Stadthalle geplant.
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