Weil doch mehr Geld da ist als gedacht, geht nun bei Grün-Schwarz das Gezerre los. Als erstes prescht der CDU-Innenminister vor. Er pocht auf ein teures Sicherheitspaket und weigert sich zu sparen.
Angesichts des größeren finanziellen Spielraums streitet die grün-schwarze Koalition darüber, wofür das Geld ausgegeben werden soll. Die Spitzen von Grünen und CDU brachen eine Sitzung der Haushaltskommission am Montagabend ohne Ergebnis ab. Umstritten ist vor allem, welche Ministerien profitieren sollen, wie viele neue Stellen es geben soll und welche Ressorts trotzdem sparen müssen.
Innenminister: Mehr Geld für Polizei ist Konsens in Koalition
Am Dienstag machte Innenminister und Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU) deutlich, dass er wegen der höheren Gefahrenlage nicht zu Einsparungen bereit ist. "Wir brauchen mehr Geld für die Innere Sicherheit, nicht weniger", sagte der CDU-Politiker. "Wir müssen auf der Höhe der Zeit bleiben." Ohne mehr Personal und gewaltige Investitionen in eine digitalisierte Polizei sei das aber nicht möglich. Das sei auch in der Haushaltskommission nicht bestritten worden, sagte Strobl. Wie der SWR erfuhr, ist zwar klar, dass ein Sicherheitspaket geschnürt werden soll. Ob der Innenminister aber beim Sparen ungeschoren davonkommt, müsse noch besprochen werden.
Strobl warnt: Müsste Hubschrauberstaffel verkaufen
Strobl erklärte indes, was es bedeute, wenn er tatsächlich - wie ursprünglich von Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) vorgesehen - 100 Millionen Euro einsparen müsste. "Da verkaufe ich nicht nur einen Hubschrauber, sondern da verkaufe ich die komplette Hubschrauberstaffel." Und selbst dann bekomme er die Sparsumme noch nicht zusammen. Zudem wäre die Abschaffung der Hubschrauberstaffel "unverantwortlich in diesen Zeiten".
Größerer Spielraum wegen nicht abgerufener Gelder
Grüne und CDU wollen nach der abgebrochenen Sitzung noch vor der Sommerpause Pflöcke einschlagen. Grund für den überraschend großen Spielraum ist ein unerwartet hoher Überschuss aus dem Jahr 2023 und zusätzliche Einnahmen durch den Zensus. Die Landesregierung hat unter dem Strich rund 1,5 Milliarden Euro mehr zur Verfügung als noch im Frühjahr von Finanzminister Bayaz geplant.
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Ärger zwischen Grünen und CDU wegen 1.270 neuer Stellen
Das erleichtert die Aufstellung des Haushalts für die Jahre 2025 und 2026 deutlich: So soll die ursprüngliche geplante Sparauflage von einer Milliarde Euro für die Ministerien um 500 Millionen Euro halbiert werden. Und es ermöglicht der Koalition im letzten Etat vor der Landtagswahl 2026 noch weitere Akzente zu setzen. Der Spielraum für neue politische Projekte soll um etwa 300 Millionen Euro auf rund 1,3 Milliarden Euro erhöht werden. Deshalb wachsen auch die Begehrlichkeiten: Die Ministerien fordern etwa 1.270 neue Stellen - vor allem in der Verwaltung und den Regierungspräsidien.
In der Sitzung der Haushaltskommission stellte die CDU diese neuen Stellen allerdings infrage. CDU-Landes- und Fraktionschef Manuel Hagel sagte, die Verwaltung müsse modern, schlank und effizient sein. "Nicht immer mehr Verwaltungsbeamte, sondern weniger Paragraphen - das ist unser Verständnis von Nachhaltigkeit."
Auch CDU-Ministerien wollen neue Stellen
Zu den Stellen gehören allerdings auch welche für den Justizvollzug oder den Arbeitsschutz. Sie wurden von den CDU-geführten Ministerien für Justiz und Wirtschaft angemeldet. In der Sitzung machte die CDU aber auch deutlich, dass man bereit sei, die über 1.000 neuen Lehrerstellen und gut 350 Polizeistellen mitzutragen. Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz sagte nach der Sitzung, man wolle sich bei den Investitionen auf Bildung, Sicherheit, Innovationen und Klimaschutz konzentrieren
Wer muss trotz höherer Ausgaben sparen?
Weil die Steuereinnahmen wegen der lahmenden Wirtschaftsentwicklung deutlich weniger sprudeln als in den vergangenen Jahren, hatte Finanzminister Bayaz im Frühjahr eine Sparauflage von insgesamt einer Milliarde Euro für alle Ministerien vorgesehen. Das Geld sollte teilweise auch dafür verwendet werden, neue Schwerpunkte zu setzen und investieren zu können. Nun sollen 500 Millionen Euro der überraschenden Zusatzeinnahmen dafür verwendet werden, dass die Ministerien weniger sparen müssen.
Die ursprüngliche vereinbarte Sparsumme hatte in den Ministerien denn auch für massiven Unmut gesorgt. So weigert sich Innenminister Strobl schon länger, den vorgesehenen Sparbeitrag von rund 100 Millionen Euro zu liefern. Auch die nun geplante Summe von etwa 50 Millionen Euro ist Strobl noch zu viel.
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Hohe Investitionen in Sprachförderung und Sicherheitspaket
Grüne und CDU hatten bisher vereinbart, dass rund 250 Millionen Euro für das Sprachförderpaket in Kitas und Grundschulen fließen soll. Das zuständige Kultusministerium wird von den Grünen geführt, deshalb gibt es im Gegenzug auch einen ähnlichen Betrag für das CDU-Innenministerium. Damit sollen unter anderem der Digitalfunk der Polizei, das neue Gebäude des Landeskriminalamts sowie neue Stellen bei der Polizei finanziert werden.
Damit wären jetzt noch gut 800 Millionen Euro übrig, die noch auf neue politische Projekte verteilt werden können. Strittig ist noch, wie viel Geld Grüne und CDU den Kommunen zugestehen wollen. Klar ist dagegen, dass Bayaz insgesamt 140 Millionen Euro zurücklegen will, um mögliche Ausfälle auszugleichen, die durch Steuerentlastungen der Ampel-Bundesregierung entstehen könnten.
Investitionen in Deutschlandticket und Kliniken
Darüber hinaus sieht sich die Landesregierung auch in der Lage, mithilfe der zusätzlichen Einnahmen mehr gemeinsame Projekte mit dem Bund weiter zu finanzieren. Dieser sogenannte zwangsläufige Mehrbedarf wird von 1,3 Milliarden Euro auf 1,7 Milliarden Euro erhöht. Hier könnte etwa der BW-Beitrag zum Deutschlandticket finanziert werden - oder auch das vom Bund angeschobene Investitionsprogramm für die Krankenhäuser. Aus diesem Topf werden auch Mehrkosten wegen der Inflation gedeckt, etwa wenn die Verpflegung von Häftlingen teurer geworden ist.
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Soll nun der Pensionsfonds trotzdem gekürzt werden?
Die Spitzen von Grünen und CDU um Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) müssen zudem klären, wie sie mit der geplanten Kürzung der regelmäßigen Zahlungen an den Pensionsfonds umgehen. Dadurch wollte die Koalition eine Milliarde Euro für den Haushalt mobilisieren. Das hatte für heftige Kritik vom Beamtenbund und der FDP geführt.
Das Land legt seit gut 15 Jahren zusätzlich Geld für die steigende Zahl der Pensionärinnen und Pensionäre zurück. Ende vergangenen Jahres waren demnach rund 11 Milliarden Euro in dem Fonds. Eigentlich sollten in den Jahren 2025 und 2026 fast 1,7 Milliarden Euro in den Fonds für die derzeit rund 151.000 pensionierte Beamtinnen und Beamte fließen.
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