Die fetten Jahre scheinen definitiv vorbei: Baden-Württemberg hat im Jahr 2023 nochmals weniger Steuern eingenommen. Der Finanzminister sieht weniger finanzielle Spielräume.
Baden-Württemberg hat vergangenes Jahr deutlich weniger Steuern eingenommen als bislang angenommen. Das belegen Zahlen aus dem Finanzministerium, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. Die Netto-Steuereinnahmen, also etwa nach Abzügen aus dem kommunalen Finanzausgleich, betrugen demnach 36,1 Milliarden Euro - und lagen damit 600 Millionen Euro unter dem Betrag, den die Steuerschätzer noch im Oktober prognostiziert hatten. Brutto lagen die Einnahmen im Jahr 2023 bei 45,6 Milliarden Euro.
Vor allem Einnahmen durch Grunderwerbssteuer brechen ein
Die Steuerschätzer waren bereits im Herbst von Mindereinnahmen ausgegangen - 182 Millionen Euro weniger Einnahmen in 2023 als noch im Doppelhaushalt veranschlagt. Wie sich nun zeigt, ist die tatsächliche Entwicklung noch schlechter. Auch gegenüber dem Jahr 2022 sind die Einnahmen des Landes im vergangenen Jahr gesunken.
Das Land finanziert seine Ausgaben vor allem mit Steuereinnahmen. Ein Großteil davon sind sogenannte Gemeinschaftssteuern wie Lohn-, Einkommens-, Umsatz- und Körperschaftssteuer. Diese Steuergelder teilen sich Bund, Ländern und teils Gemeinden untereinander. Dann spülen noch reine Landessteuern Geld in die Staatskasse, wie etwa die Vermögens- und die Erbschaftssteuer. Vor allem die Einnahmen durch die Grunderwerbssteuer, die man beim Kauf eines Grundstücks zahlen muss, brachen im vergangenen Jahr deutlich ein - von rund 2,2 Milliarden auf etwa 1,7 Milliarden Euro. Das Ministerium erklärt das mit der Lage am Immobilienmarkt.
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Bayaz: "Wir brauchen klare Schwerpunkte"
Grundsätzlich seien fast alle Steuereinnahmen im vergangenen Jahr gesunken, so das Finanzministerium. Für Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) ist das eine finanzpolitische Zäsur. Man habe im Haushalt aber vorgesorgt und könne die Mindereinnahmen auffangen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Der Trend ist allerdings klar: Die finanziellen Spielräume werden noch kleiner, dazu kommt das strenge Urteil des Verfassungsgerichts zur Haushaltspolitik. Wir werden uns im anstehenden Doppelhaushalt mehr denn je auf klare Schwerpunkte verständigen müssen."
Bereits im Frühjahr sollen die Ministerien ihre Wünsche anmelden. Bayaz sieht dennoch weiter keinen Bedarf für einen Nachtragshaushalt. Ein Sprecher des Ministeriums sagte, dass es dafür keine Notwendigkeit gebe. Das Tarifergebnis und die Steuermindereinnahmen seien durch den laufenden Haushalt abgedeckt.
Schwierige Haushaltsberatungen erwartet
Die grün-schwarze Landesregierung steht nun vor schwierigen Beratungen. Denn die Verhandlungen zum Doppelhaushalt dürften anstrengend werden: Keine sprudelnden Steuereinnahmen mehr wie in den vergangenen Jahren und dazu ein schwieriges Konjunkturumfeld. Für die Jahre 2025 und 2026 besteht laut Ministerium eine strukturelle Deckungslücke von 2,8 und 2,5 Milliarden Euro in der sogenannten mittelfristigen Finanzplanung - das Land will also Geld ausgeben, weiß aber noch nicht, wie sie die Vorhaben finanzieren will. Und diese Deckungslücke wird sich demnach noch durch die Inflation und den Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst vergrößern.
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Und damit noch nicht genug. Denn die Haushaltskrise der Ampel-Koalition in Berlin hat auch Auswirkungen auf den Haushalt in Baden-Württemberg. Land und Bund streiten etwa über die Übernahme von Flüchtlingskosten. Auch die Tilgung der Corona-Kredite schmälert die finanziellen Spielräume des Landes - sie beginnt dieses Jahr mit 325 Millionen Euro pro Jahr.
SPD: "Land sitzt auf Rücklagen in Milliardenhöhe"
Die oppositionelle SPD bewertet die Finanzsituation des Landes dagegen völlig anders. Denn aus ihrer Sicht sitzt Baden-Württemberg auf ungenutzte Rücklagen in Milliardenhöhe. "Die Entwicklung ist nicht so, wie man sie sich wünschen würde", räumt der SPD-Haushaltspolitiker Nicolas Fink ein. "Aber Baden-Württemberg ist immer noch ein reiches und wohlhabendes Land." Die Landesregierung schiebe die Finanzen stets vor als Grund für ihr Nicht-Handeln, kritisierte Fink.
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Das Land sitzt laut SPD-Fraktion auf einem milliardenschweren Jahresüberschuss (6,65 Milliarden Euro in 2022) und Rücklagen für Haushaltsrisiken in Höhe von mehr als 10 Milliarden Euro. Die Mittel seien nicht gebunden, es brauche nur politischen Entscheidungsmut, so Fink. Von den Risiko-Rücklagen könnten laut Fink nicht nur die Kosten für die Übernahme des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst der Länder bezahlt werden. Die SPD fordert insbesondere Investitionen in den sozialen Wohnungsbau, in die Modernisierung von Landesliegenschaften und in die Bildung.
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