Medizinforschung: der Kampf gegen Krebs, Malaria und multiresistente Keime

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Moderator/in
Jens Wolters
Moderator Jens Wolters aus dem SWR1 Team moderiert regelmäßig die Sendung SWR1 Leute mit spannenden und interessanten Gästen

Prof. Peter Seeberger ist Chemiker und sieht sich als Wissenschaftler im Dienste der Menschheit. Mit seinen Forschungen und Denkansätzen hofft er, im Kampf gegen Malaria und Krebs zu helfen.

Ich möchte am Ende des Tages das Leben von Menschen retten oder Erkrankungen verhindern können. Das ist mein Antrieb, am Ende meiner Karriere sagen zu können: 'Wir haben es geschafft, dass wir einen oder mehrere Impfstoffe in die Impf-Programme bringen.' Das wäre toll.

"Zucker" als Basis für Impfstoff gegen gefährliche Bakterien

Zucker kann krank machen: Wer zu viel Zucker isst, riskiert gesundheitliche Schäden. Aber Zucker kann auch heilen: Das Verständnis von Zucker und seinen Molekülen, die überall im Körper eine große Rolle spielen, hilft, einen Impfstoff gegen gefährliche Krankenhauskeime zu entwickeln. Daran forscht der Chemiker und Professor Dr. Peter Seeberger.

Die Herstellung eines Antibiotikums gegen Pneumokokken – Bakterien, die unter anderem eine Lungenentzündung hervorrufen können – dauere heute eineinhalb Jahre, sagt Seeberger. "Ein extrem teurer Prozess." Seebergers Ansatz könnte eine deutlichere Vereinfachung und damit auch günstigere Medikamente ermöglichen: Er baut bestimmte Zuckermoleküle, die auf der Oberfläche von Bakterien sitzen, chemisch nach und gibt der körpereigenen Abwehr damit das Signal "hier musst Du ansetzen mit Deiner Immunantwort und Antikörper herstellen".

Krankenhauskeime: Antibiotikaresistenz ist große Gefahr in der Medizin

Bakterielle Infektionen sind nicht nur in Entwicklungsländern eine verbreitete Todesursache, sondern auch bei uns. Besonders die Krankenhauskeime stellen eine echte Bedrohung dar, denn sie sind über die Jahre immer resistenter, also widerstandsfähiger gegen Antibiotika, geworden. Deshalb ist Seebergers Arbeit so wichtig: Forscher gehen davon aus, dass Krankenhauskeime bis 2050 weltweit für mehr Todesfälle verantwortlich sein werden als Alzheimer und Krebs zusammen.  

600.000 Tote im Jahr: Gibt es Hoffnung im Kampf gegen Malaria?

Grundlagenforschung ist für Seeberger enorm wichtig, aber man müsse mit den Ergebnissen weiterarbeiten, "um dann am Schluss bei den Menschen anzukommen", betont er. Wie wichtig das ist, zeigt sich beim Kampf gegen Malaria: Jährlich stecken sich geschätzt 300 Millionen Menschen mit Malaria an, mehr als 600.000 sterben daran.

Seeberger forschte an einem Prozess mit Sauerstoff und Licht, der wichtig für die Chemie-Industrie war – es ging ihm damals gar nicht darum, ein Malaria-Medikament herzustellen. Andere Forscher hatten schon entdeckt, dass im Beifuß ein Prozess stattfindet, in dem in der Pflanze mit Hilfe von Licht, dem grünen Pflanzenstoff Chlorophyll und Sauerstoff der Stoff "Artemisinin" gebildet wird: der wichtigste Wirkstoff in der Malaria-Medizin. Nur dauert dieser Prozess drei lange und damit teure Wochen. 

Günstiges Malaria Medikament scheitert an der Finanzierung

Die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Fachrichtungen brachte dann den Durchbruch. "Artemisinin" kann heute äußerst effektiv und damit kostengünstig hergestellt werden: in nur 15 Minuten. Weil Malaria-Medikamente so teuer sind, sind heute noch die Hälfte der in Afrika verkauften Medikamente gefälscht. Günstige Alternativen wären also die Lösung im Kampf um Menschenleben im globalen Süden, dachte Seeberger, doch seine Pläne und Hoffnungen scheiterten an der Finanzierung.

Was wir vorhatten: Lass uns den sehr billigen Prozess, den wir entwickelt hatten, umsetzen mit dem Ziel, nicht mehr Geld zu verdienen, sondern die kostengünstigen Medikamente für die Menschen, die in Not sind, einzusetzen. Ich muss leider sagen, dass uns das nicht gelungen ist. Das ist bitter, weil wir wissen, dass die 600.000 Leute, die heute [an Malaria] sterben, nicht sterben müssten.

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Hilft das Malaria Medikament auch gegen Krebs? 

An dieser Frage forscht Seeberger zur Zeit. Es habe "durchaus interessante Ergebnisse" in einer Studie gegeben, bei der der Malaria-Wirkstoff bei Frauen mit Eierstock-Krebs getestet wurde. In einer zweiten Studie wird der Wirkstoff jetzt auch gegen Prostata-Krebs getestet. 

Ich glaube, langfristig werden wir auch preisgünstigere Krebs-Medikamente brauchen. Denn wenn die neu entwickelten Krebs-Medikamente heute Preise aufrufen von 100.000 Euro und mehr, dann ist die Frage, wer sich das noch leisten kann.

Deshalb fordert Seeberger gerade für den globalen Süden: "Lasst uns bezahlbare Krebs-Medikamente entwickeln". Es sei eine Tatsache, dass Herstellung und Entwicklung eines neuen Impfstoffes heute über eine Milliarde kostet – und dieses Geld müsse eingespielt werden, sonst würde niemand privates Geld in die Entwicklung investieren. 

Irgendwann müssen wir uns als Gesellschaft überlegen: 'Wie wollen wir damit umgehen, wie wollen wir die [Medikamente günstig] zugänglich machen?' Da ist Krebs ein Teil, Malaria ein anderer und ich denke, es geht auch um Antibiotika.

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