Weltmeister Guido Buchwald war mit dem VfB Stuttgart auf Japan-Reise und hat ein gutes Gespür für die Mannschaft bekommen. Der Ehrenspielführer blickt überaus optimistisch in die neue Saison.
SWR Sport: Guido Buchwald, schauen wir als erstes Mal auf die Transfers des VfB Stuttgart. Hiroki Ito ist weg. Waldemar Anton ist weg. Serhou Guirassy ist weg. Dafür sind unter anderem Jeff Chabot, Ermedin Demirović und Fabian Rieder dazugekommen. Deniz Undav bleibt. Was glauben Sie, hat Stuttgart insgesamt eher an Substanz verloren oder sogar etwas hinzugewonnen?
Guido Buchwald: Es ist schwer zu beurteilen. Natürlich waren Anton, Ito und Guirassy zentrale Spieler. Wenn man von zehn Feldspielern ausgeht, sind das 30 Prozent der Startelf, die man erneuern muss.
Ich war mit dem VfB in Japan, und die Mannschaft hat einen super Eindruck hinterlassen. Die neuen Spieler, allen voran Stürmer Nick Woltemade aus Bremen, haben einen hervorragenden Eindruck hinterlassen. Auch Justin Diehl müssen wir dazu nehmen, der einen unheimlichen Drang zum Tor und eine unglaubliche Geschwindigkeit hat. Demirovic dürfen wir auch nicht vergessen.
Fußball | Bundesliga Guido Buchwald: "Der VfB Stuttgart wird eine tolle Saison spielen"
Weltmeister Guido Buchwald war mit dem VfB Stuttgart auf Japan-Reise und hat ein gutes Gespür für die Mannschaft bekommen. Der Ehrenspielführer blickt überaus optimistisch in die neue Saison.
Aus der bisherigen Mannschaft: Silas, der letztes Jahr ein bisschen der Verlierer war, ist wieder unheimlich am Kommen, er hat viel Spaß am Fußball und bringt auch seine Leistung wieder. Auch die Langzeit-Verletzten, wie Dan-Axel Zagadou, kommen zurück.
Der VfB hat sich sehr gut wieder verstärkt und kann mit Sicherheit die Abgänge verkraften. Im Gegenteil. Es ist vom Teamspirit unheimlich nach oben gegangen. Die Mannschaft hat einen starken Zusammenhalt. Der VfB Stuttgart hat in der Breite sogar eher dazugewonnen.
Wer ist in Ihren Augen der Königs-Transfer?
Für mich ist das Justin Diehl. Erstmal war er ablösefrei und er hat in seinem Alter schon einen unheimlichen Drang, eine enorme Geschwindigkeit und spielt sehr clever. Ich glaube, von ihm kann man viel erwarten.
Fußball | Bundesliga Justin Diehl - wer ist der Offensiv-Neuzugang des VfB Stuttgart?
Justin Diehl wechselt im Sommer vom 1. FC Köln zum VfB Stuttgart. Viele Fans dürften den Namen des 19-Jährigen noch nie gehört haben. Wer ist der Linksaußen eigentlich?
Ich habe auch sehr hohe Erwartungen an Fabian Rieder. Er hat eine tolle EM gespielt, ist als hängende Spitze eine tolle Alternative und kann sogar ein Spiel bestimmen. Von daher haben wir, glaube ich, gute Transfers getätigt. Demirovic weiß natürlich auch, wo das Tor steht. Der ist ein Neuner, ein Knipser und wird seine Tore machen. Und da Deniz Undav bleibt, haben wir auch in der Vorwärtsbewegung tolle Spieler bekommen.
Welchen Eindruck hat Justin Diehl bei der Asienreise auf Sie gemacht?
Ich glaube, er ist unheimlich heiß. Er will zeigen, was er kann und möchte befreit aufspielen. Das habe ich in der Vorbereitung gesehen. Und die Mannschaft - das ist etwas, was für Stuttgart unheimlich wichtig ist - hat jeden Neuen hervorragend aufgenommen und sofort integriert. Ich glaube, gerade ein so junger Spieler wie Justin Diehl braucht das. Der braucht eine Heimat, wo er sich wohl fühlt und wo er anerkannt wird. Dann kann er auch seine volle Leistungsfähigkeit zeigen.
Der VfB hatte noch weitere Transfers angekündigt. Auf welchen Positionen müsste er Ihrer Meinung nach tätig werden?
Da Undav bleibt, sind wir schon sehr breit aufgestellt. Mit Angelo Stiller und Atakan Karazor haben wir zwei super Sechser. Wir sind links mit Justin Diehl, mit Chris Führich und dahinter mit Maximilian Mittelstädt sehr gut aufgestellt. Für mich ist Zagadou in der Defensive quasi auch ein Neuzugang. Silas ist unheimlich hungrig. Ich wüsste jetzt nicht, wo noch total der Schuh drücken würde. Im Gegenteil, der Kader ist sehr groß und gut aufgestellt für die Champions League und für die hohe Belastung.
Beim Transfer von Deniz Undav ging der VfB an seine Schmerzgrenze. Hätten Sie die Entscheidung genauso getroffen?
Natürlich gibt es immer eine Grenze. Aber wenn es machbar ist, hätte ich ihn auch verpflichtet. Ich kenne natürlich die Zahlen nicht ganz genau. Ich weiß aber, dass der Preis sehr, sehr hoch war. Zu meiner aktiven Zeit sind wir eher nicht das Risiko eingegangen, die Mannschaft [nach einer starken Saison] weiter zu verstärken oder zusammenzuhalten. Von daher finde ich das jetzt absolut richtig.
Fußball | Meinung "Champions-League-Falle"? Der VfB Stuttgart macht bei Deniz Undav alles richtig
Der VfB Stuttgart hat für Stürmer Deniz Undav so viel Geld ausgegeben wie für keinen anderen Spieler zuvor. Eine lohnende Investition, findet SWR Sportredakteur Johann Schicklinski.
Undav ist einer, der jeder Mannschaft gut tut. Einer, der weiß, wo das Tor steht. Einer, der für das Team da ist. Vielleicht hat er manchmal auch einen großen Mund. Aber es ist auch gut, immer wieder mal so einen Spieler zu haben. Von daher hätte ich es auch gemacht. Ich bin sehr optimistisch, dass die Mannschaft eine tolle Saison spielen wird.
Was trauen Sie den Schwaben in der Champions League zu?
Die Frage ist natürlich, wer die Gegner sind. Aber grundsätzlich traue ich dem VfB Stuttgart sehr viel zu. Ich glaube, wir können tolle Spiele erwarten, vor allem im eigenen Stadion mit dem tollen Publikum. Die Gruppenphase können wir auf jeden Fall überstehen.
Das Publikum in Stuttgart ist ein wichtiger Faktor. Große Euphorie auf der einen Seite, aber häufig auch wenig Geduld auf der anderen. Wie kann der VfB mit diesem Druck umgehen?
Ich glaube, sehr gut, weil jeder geerdet ist. Wir haben in den letzten Jahren schwierige Zeiten erlebt. Die Spieler wissen ganz genau, wo sie in der jüngeren Vergangenheit herkommen. Deshalb können sie mit dem Druck sehr, sehr gut umgehen. Und die Euphorie, die die Fans verbreiten, vor allem zu Hause, ist schon eine Sensation. Die Mannschaft sieht es nicht als Druck, sondern als Motivation. Das Publikum ist der zwölfte Mann für uns. Der Druck ist in diesem Fall etwas Positives. Der Druck, vorne mitzuspielen, ist viel schöner als der Druck, die Klasse zu halten.
Schauen wir mal aufs erste Pflichtspiel. Das ist ja in Leverkusen. Und Bayer hat sich unter der Woche vom FC Arsenal vermöbeln lassen. Da würde ich sagen, der Supercup ist ja fast schon in der Tasche, oder?
(lacht) Das ist ironisch gemeint. Leverkusen ist eine tolle Mannschaft und für mich auch für dieses Jahr wieder ein absoluter Topfavorit auf die Meisterschaft. Solche Vorbereitungsspiele haben oft einen eigenen Charakter. Man weiß nicht, wie weit man selber ist, wie weit ist der Gegner schon. Schon deshalb wird es in Leverkusen ein großes Spiel für uns. Wir haben die Chance, sie zu schlagen. Das wäre echt ein toller Start. Ich bin überzeugt, wir werden ein sehr, sehr gutes Spiel in Leverkusen machen.
Was wäre für den VfB Stuttgart am Ende der Saison ein Erfolg?
Der VfB muss nicht wieder Vizemeister werden, aber unter den ersten fünf, sechs kommen, dazu eine tolle Champions League spielen und im DFB-Pokal weit kommen - das sind Resultate, bei denen ich sehr zufrieden wäre.