Mit Verstreichen einer Frist der internationalen Meeresbodenbehörde könnten bald Mangan und andere Bodenschätze aus der Tiefsee abgebaut werden – und das, obwohl es dazu noch kein Regelwerk gibt. Experten befürchten Umweltschäden.
Verpasste Frist lässt Fragen offen
Am Meeresboden gibt es Vorkommen von Mangan, Kupfer und Nickel, die unter anderem zur Herstellung von Batterien gebraucht werden. Bisher wurden diese Bodenschätze in der Tiefsee aber nicht abgebaut. Denn die Internationale Meeresbodenbehörde – auf Englisch kurz ISA – vergab bislang nur Lizenzen zur Erkundung, nicht aber zum Abbau.
Das könnte sich jetzt ändern: Nach Ablauf einer Frist am 10. Juli muss die Behörde nun über den Abbau von Manganknollen entscheiden.
Abbau ohne Umweltregelungen möglich
Bisher hat die ISA trotz Ablauf der Frist noch kein Regelwerk vorgelegt. Es bleibt daher offen, welches Ausmaß der Tiefseeabbau annehmen darf und wo möglicherweise Schutzzonen eingerichtet werden sollen. Bis es zu einem verbindlichen Regelwerk kommt, könnte es laut Schätzungen von Experten noch Monate dauern.
In der Zwischenzeit könnten interessierte Unternehmen aber mit Ablauf der First jetzt schon den Abbau abseits gesetzlicher Regelungen beantragen. Ob es dazu tatsächlich kommen wird, ist unklar.
Tiefseebergbau für die Energiewende?
Experten waren vor Umweltschäden
Experten befürchten eine schwerwiegende Zerstörung des Meeresökosystems, sollten die Bodenschätze ohne bestehendes Regelwerk abgebaggert werden.
Denn beim Rohstoffabbau in der Tiefsee wird die gesamte belebte Zone des Meeresbodens zusammen mit den kartoffelförmigen Manganknollen abgetragen. Die sogenannten Kollektoren saugen dabei auch alle Organismen auf, die in und auf dem Sedimentboden leben. Die Folgen sind nicht kalkulierbar.
Hinweis auf das Ausmaß der Umweltschäden durch die Rohstoffentnahme liefern aber bereits Langzeit-Tests: Auch nach 25 Jahren waren Pflugspuren noch sichtbar. In den Bodenproben fand sich an diesen Stellen kaum Leben.
Meeresschutz Tiefsee-Bergbau verursacht langfristige Schäden
In Kürze wollen mehrere Unternehmen Bergbauprojekte in der Tiefsee starten, um Rohstoffe für Batterien zu fördern. Doch das Vorhaben stößt auch auf Kritik.
Deutschland zögert beim Tiefseeabbau
Da die Auswirkungen schwer abzuschätzen sind, spricht sich unter anderem die Bundesregierung dafür aus, bis auf weiteres keinen Tiefseebergbau zuzulassen. Deutschland hat im Pazifik zwar ein Lizenzgebiet, bisher ist das aber ungenutzt.
Kleine Staaten könnten vom Abbau profitieren
Viele kleine Staaten hoffen hingegen auf das große Geld. Der Inselstaat Nauru zum Beispiel arbeitet mit einem kanadischen Unternehmen zusammen. Einige sehen im Abbau auch die Lösung für die Energiewende.
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Tiefseebergbau: Rohstoffquelle für die Energiewende oder Umweltrisiko?
Das fragen wir Till Seidensticker. Er ist Meeresexperte bei Greenpeace Deutschland. Außerdem kümmern wir uns auch um die Rohstoff-Gewinnung an Land: Wir erklären, wie die EU bei kritischen Rohstoffen unabhängiger werden will von einzelnen Lieferländern. Es geht um Chancen und mögliche Risiken der Lithium-Förderung am Oberrhein und um angeblich nachhaltiges Kobalt aus Marokko. Außerdem berichten wir über die Klage der Schweizer „Klimaseniorinnen“ vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.
Eine Sendung von Stefanie Peyk, 30.03.2023