Künstliche Intelligenz (KI) soll auf dem Acker helfen, nur noch Wildpflanzen zu bekämpfen, die die Nutzpflanzen wirklich stören. Das könnte Pestizide reduzieren und die Artenvielfalt erhöhen.
Nur was wirklich stört, soll weg: Künstliche Intelligenz (KI) entscheidet, welche Unkräuter auf dem Feld wegmüssen, und welche stehen bleiben dürfen. Das Ziel: Weniger Pflanzenschutzmittel einsetzen und gleichzeitig die Artenvielfalt auf dem Acker deutlich erhöhen.
"Die Vision dahinter ist, dass man Unkrautregulierung umweltfreundlicher gestalten kann", sagt Marian Renz vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, "dass man weggeht von größeren reinen Monokulturen, wo auf dem gesamten Acker dann wirklich nur diese eine Art vorkommt."
KI im Öko-Anbau: intelligente Hacke
Die Äcker sollen naturnäher werden. Die KI soll erkennen, welche Wildkräuter die Nutzpflanzen stören und welche nicht. Für dieses intelligente Unkrautmanagement analysiert die KI bei jeder Pflanze, wie nah das Unkraut an der Nutzpflanze steht, ob es viele Nährstoffe wegnimmt und das Wachstum der Nutzpflanzen wirklich hemmt. Nur dann sollen die Wildkräuter bekämpft werden.
Beim Öko-Anbau kommt dann eine intelligente Hacke zum Einsatz, die gezielt herunterzufahren wird, wenn Unkraut entfernt werden soll. Mit der KI-Hacke ließe sich gezielt für jede Reihe einzeln bestimmen, ob eine Pflanze weggenommen werden soll oder nicht, erläutert Marian Renz.
Unkraut – Vom Schädling zur Nutzpflanze
KI im konventionellen Anbau: intelligente Düsen
Im konventionellen Anbau kommen intelligente Düsen zum Einsatz: Nur störende Unkräuter werden gespritzt. So kann die Artenvielfalt auf dem Acker deutlich erhöht werden, so die Hoffnung. Auch die Nutzpflanzen sollen profitieren.
Der Acker wird wieder mehr zum Lebensraum. Ohne den KI-Einsatz wäre solch ein intelligentes Unkrautmanagement zu aufwendig und teuer.
Für die Landwirte und Landwirtinnen verändert sich nicht viel. Sie fahren wie sonst auch über den Acker - aber eben mit völlig automatisierten Hacken oder intelligenten Düsen für Pflanzenschutzmittel.
Davor muss das Feld einmal extra vermessen werden. Das übernehmen Drohnen oder autonom fahrende Roboter. Die KI analysiert vorab am Boden und in der Luft, welche wildgewachsene Pflanzen wegmüssen. Detaillierte Karten entstehen. Sie sind die Grundlage für die intelligenten Düsen und Hacken.
EU-Ziel: Weniger Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft
Diese Technik könnte in Zukunft wichtig werden. Im Rahmen des Green Deals hat die EU sich im Jahr 2020 das Ziel gesetzt, den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln bis 2030 zu halbieren. Allerdings wird noch immer an der Verordnung gearbeitet, mit weniger strengen Regeln.
Wird der Einsatz von Pestiziden jedoch weiter eingeschränkt, könnten KI-Technologien ein Teil der Lösung für eine umweltfreundlichere Landwirtschaft sein.
Viele Start-up erarbeiten KI-Lösungen für die Landwirtschaft
Von einer umweltfreundlicheren Landwirtschaft träumt auch das Start-up "Nature Robots". Sie bauen autonom fahrende Roboter, die Gemüsebeete überwachen - keine großen Monokulturen, sondern kleine artenreiche Gärten. Das Projekt hat auch am Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz begonnen und macht langsam Fortschritte.
Ganz ähnlich denkt auch das Start-up "Polybot" aus Tübingen. Hier sollen Roboter von Boston Dynamics in der Landwirtschaft unterstützen. Die Vision: Was für den Menschen zu viel Arbeit ist, macht der KI-Roboter. Das Ziel ist eine artenreiche Poylkultur. Noch testet das Forschungsteam, welche Aufgaben die Roboter in Zukunft anpacken sollen. Die Unkrautbekämpfung ist dabei auch ein Thema.
Und die Visionen gehen noch weiter: Das israelische Start-up "Tevel" möchte Drohnen als Erntemaschinen einsetzen. Erste Tests laufen.
Akzeptanz von KI auf dem Acker muss sich noch erweisen
Natürlich muss sich noch zeigen, was ökonomisch sinnvoll ist, und wie neue KI-Technologie bei den Landwirt*innen und der Bevölkerung ankommt.
Die Frage nach der Akzeptanz stellt sich auch auf dem Testfeld: "Ich möchte nicht als Landwirt im Blindflug darüber gehen. Nicht, dass die KI irgendwelche Entscheidungen getroffen hat, und ich nicht damit konform gehe", erläutert Landwirt Frederik Langsenkamp.
Der Landwirt hat dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz seinen Acker vermietet, freut sich über die KI-Fortschritte, hofft aber vor allem auf ein robustes System.
Noch ist das System nicht perfekt: Die gesammelten Daten der Drohnen und am Boden müssen nachträglich aufbereitet werden - das dauert aktuell noch einen ganzen Tag. Dazu sagt Marian Renz vom Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz: "Wenn aber alle Ecken und Kanten ausgebügelt sind, dann ist es eigentlich möglich aufzunehmen, direkt zu verarbeiten und dann auch direkt in einem Rutsch zu hacken. Also das wäre theoretisch alles an einem Tag möglich."
Wie viel Pflanzenschutzmittel in der konventionellen Landwirtschaft eingespart werden können, lässt sich noch nicht abschätzen. Bisher stand die Entwicklung der KI im Fokus. Klar ist: Die intelligente Hacke könnte vor allem den ökologischen Anbau weiter verbessern und für mehr Artenvielfalt sorgen. Wildgewachsene Pflanzen könnten stehen bleiben, sie störten nicht und dürften dank KI weiterwachsen.
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