Unkraut nervt und wird oft mit Chemie bekämpft. Doch heute weiß man: Sogenannter Beiwuchs kann auch sehr nützlich sein.
Was keinen unmittelbaren Nutzen hat, ist "Unkraut"?
Lange unterschied man zwischen „guten“ und „schlechten“ Pflanzen. Gut waren jene, die man anbaute um Mensch und Tier zu ernähren, die als Rohstoff dienten, etwa Baumwolle, oder als Zierpflanzen das Auge erfreuten. Alle anderen, die keinen unmittelbaren Nutzen versprachen, waren schlecht, wurden zu „Unkraut“ erklärt und vernichtet.
Doch an dieser pauschalen Trennung gab es auch Zweifel. Schon im 19. Jahrhundert schrieb der amerikanische Philosoph Ralph Waldo Emerson, der heute manchmal als früher „Grüner“ bezeichnet wird:
Wildkräuter, Beiwuchs, Kulturpflanzen-Begleiter: wichtiger Teil des Ökosystems
Hierzulande hat vor allem das gewandelte ökologische Bewusstsein seit den 1980er-Jahren den Blick auf sogenanntes Unkraut verändert. Biologinnen und Biologen sprechen heute von „Wildkräutern“, „Beiwuchs“ oder „Kulturpflanzen-Begleitern“, die Bestandteile funktionierender Ökosysteme sind.
Manche können auch als Heilkräuter genutzt werden, etwa Rainfarne oder Arnika. Andere dienen im Landbau als willkommene Zeigerpflanzen, die auf eine bestimmte Bodenbeschaffenheit hinweisen. Und manche von ihnen kann man sogar essen, wie den Wilden Schnittlauch oder Sauerampfer.
Autoreifen aus Russischem Löwenzahn
Den Löwenzahn kennt jedes Kind. Zunächst ist seine Blüte leuchtend gelb, später verwandelt sie sich in ein rundes Gespinst grauer Fäden, die vom Wind weggeblasen werden oder von Menschen – die Pusteblume. Sie steht im Zentrum eines viel beachteten Forschungsprojekts der Uni Münster um den Biologen Dirk Prüfer.
In Münster wird der sogenannte Russische Löwenzahn als neue Quelle für nachhaltig produzierten Naturkautschuk genutzt. Neben der Reifenproduktion wird Kautschuk auch für über 40.000 weitere Produkte weltweit benötigt – von Schuhsohlen über Dichtungen und Matratzen bis zu Babyschnullern und Kondomen.
In 10 Jahren könnten Autoreifen aus Löwenzahn im Handel sein
Allerdings bestehen die geplanten Reifen nicht nur aus Naturkautschuk, der durch Bakterien biologisch abbaubar ist, sondern sind hochkomplexen Mischungen verschiedener, nicht immer nachhaltiger Bestandteile – darunter Farben, Metalle und Kunststoffe. Dennoch wäre angesichts vieler Millionen Reifen, die jährlich produziert werden, die Umstellung auf Löwenzahnkautschuk ein großer ökologischer Vorteil.
In etwa zehn Jahren könnten Autoreifen aus Löwenzahn im Handel sein – wenn es bis dahin einen großflächigen Anbau der Pflanzen gibt, um den Markt nachhaltig und dauerhaft bedienen zu können. Dafür würde in Deutschland etwa ein Prozent der hiesigen Agrarflächen gebraucht.
Herbizide reduzieren: mit künstlicher Intelligenz gegen Unkraut
Derweil werden kameragesteuerte Hackmaschinen in der Landwirtschaft weiter verbessert, um den Einsatz von Herbiziden gegen Unkraut zu reduzieren. Man experimentiert auch mit anderen Verfahren, um Nutzpflanzen schonend von Schädlingen zu befreien – mit Laserstrahlen, UV-Licht oder organischen Säuren. Außerdem werden vollautomatische Hackroboter entwickelt, die von künstlicher Intelligenz gesteuert Ackerland durchfahren.
Diese Roboter erkennen, ob die Pflanze vor ihnen eine Nutzpflanze oder ein Unkraut ist, umfahren sie oder hacken sie aus. Probleme gibt es aktuell noch mit der Prozess-Steuerung, direkte Sonneneinstrahlung kann ebenso stören wie plötzlicher Schattenwurf. Solche Roboter kosten heute um die 150.000 Euro, dürften aber, wenn sie sich verbessert am Markt durchsetzen, deutlich günstiger werden.
28. März: "Internationaler Tag des Unkrauts"
In einer klimafreundlichen Zukunft stellt sich immer wieder die Frage, welche grundlegende Bedeutung Pflanzen für die Menschheit haben. Und: Das Potenzial vieler „Unkräuter“ ist längst noch nicht entdeckt – ob essbar, als Mulch geeignet oder für die medizinische Forschung. An jedem 28. März werden sie bereits gefeiert, am "Internationalen Tag des Unkrauts".
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