Gerhard Richter gilt als teuerster Maler der Gegenwart. Interviews gibt er fast nie. Die Bilder sprechen für sich. Am 9. Februar 2022 war sein 90. Geburtstag.
Gerhard Richter – einer der bedeutendsten Künstler der Gegenwart
Gerhard Richter gilt als einer der bedeutendsten Künstler der Gegenwart. Sein Werk ist vielfältig wie kaum ein anderes. Er hat Fotos übermalt und abstrakte Bilder geschaffen, hat Glas-Installationen in den Raum gestellt und die Fenster des Kölner Doms gestaltet.
In der Öffentlichkeit tritt Richter – meist in braunem Tweed-Jackett – sehr freundlich auf und still. Interviews gibt er ungern.
Gerhard Richters Kindheit im Nationalsozialismus
Gerhard Richter wurde am 9. Februar 1932 in Dresden geboren. Seine Kindheit war vom Nationalsozialismus geprägt. Weil sein Vater Horst Richter als Lehrer NSDAP-Mitglied war, durfte er in der DDR seinen Beruf nicht mehr ausüben. Die „beschädigten Väter“, wie Gerhard Richter das nennt, gehören zu den Erfahrungen seiner Generation.
Weihnachten 1945, noch vor der Rückkehr seines Vaters, bekam Gerhard Richter eine Plattenkamera von seiner Mutter geschenkt. Im örtlichen Fotogeschäft lernte er entwickeln und belichten.
Ausgebildet im Sozialismus: Studium an der Kunsthochschule Dresden
Nach dem Krieg studierte er an der Kunsthochschule Dresden und war auf dem Weg, ein erfolgreicher Wandmaler im Sinne des Sozialistischen Realismus zu werden. Doch 1959 sieht er bei der zweiten documenta in Kassel Arbeiten von Jackson Pollock und Lucio Fontana und hat das Gefühl, dass "irgendetwas mit meiner Denkweise nicht stimmte".
1961, wenige Monate vor dem Bau der Berliner Mauer, reist Richter mit seiner Frau Ema über Berlin in die Bundesrepublik aus. Seine Eltern hat er nie wieder gesehen. Sein Vater nimmt sich 1968 das Leben.
Zweites Studium in Düsseldorf und übermalte Bilder
In Düsseldorf beginnt Gerhard Richter mit knapp dreißig Jahren ein zweites Studium. An der Kunsthochschule wird Karl Otto Goetz sein Lehrer, einer der Meister des deutschen Informel.
Unter dem Eindruck der amerikanischen Pop Art beginnt Richter, Fotos zu übermalen – aus Zeitschriften oder der Werbung. Für seine Übermalungen entwickelt Gerhard Richter eine Technik, die sein Markenzeichen wird.
1960er: Gerhard Richter reflektiert seine Kindheit im Nationalsozialismus
1965 wendet sich Richter mit dieser Methode den Fotos aus dem Familienalbum zu. Im Jahr zuvor war Hannah Arendts Bericht von der „Banalität des Bösen“ in deutscher Übersetzung erschienen. Richter betrachtet aus zeitlichem Abstand seine Kindheit im Nationalsozialismus. Er malt sich selbst als Säugling auf dem Arm seiner damals 14-jährigen Tante Marianne.
Die Unschärfe verwischt die Zeiten. Sie wirkt harmlos und offenbart erst bei genauerem Hinsehen die Gefahr auf ihrem Grund. Die Unschärfe entrückt das Motiv aus dem individuellen Zusammenhang und erlaubt, das Bild beim Betrachten mit eigenen Erinnerungen zu füllen.
"Betty": Unter der Oberfläche erlaubt sich Richter Gefühle
Nur bei seinen Kindern neigt der vierfache Vater zu Sentimentalität. Seine Tochter Betty malt er in strahlend roter Jacke als Rückenansicht mit solchem Schmelz, dass das Bild ein beliebtes Postkartenmotiv wurde. Unter der Oberfläche seiner Malerei erlaubt sich Gerhard Richter also Gefühle.
Fotografie, Abstraktion, Historienmalerei, graue Bilder, Glasarbeiten. – Kritiker werfen Richter vor, dass seine Werke im Vagen bleiben, dass sich die Form seiner Kunst immer wieder wandelt, dass er abtaucht unter der Oberfläche, sich nicht festlegen lässt. Doch Richter ist aufgewachsen im Nationalsozialismus, ausgebildet im Sozialismus, erfolgreich im Kapitalismus. Der Ideologie, der Lehre von der einen Idee, setzt Gerhard Richter die Vielschichtigkeit seiner Bilder entgegen. Denn unter der Oberfläche seiner Malerei bleibt Raum für Widersprüche.
Hannah Arendt
9.11.1964 Hannah Arendt und die "Banalität des Bösen"
9.11.1964 | Die jüdische Philosophin und ehemalige Heidegger-Schülerin Hannah Arendt beobachtete in Israel den Eichmann-Prozess und schrieb ihre Gedanken darüber in einem Buch mit dem Titel "Eichmann in Jerusalem: Ein Bericht von der Banalität des Bösen" nieder. Sie gelangte darin zu einer neuen Deutung der Nazi-Verbrechen. In einem Gespräch mit dem damaligen NDR-Redakteur und späteren FAZ-Herausgeber Joachim Fest erläuterte sie ihre Thesen.
Der Publizist Micha Brumlik sagte im Gespräch mit SWR2 über das Interview: "So recht Hannah Arendt im Grundsätzlichen hat, hat doch die historische Forschung inzwischen herausgefunden, dass sie sich in Adolf Eichmann getäuscht hat. Das war nicht nur ein Funktionär, sondern ein hasserfüllter und ressentimentgeladener Antisemit. Er hat damals in Jerusalem, flapsig gesprochen, eine Show abgezogen, auf die Arendt hereingefallen ist."
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18.10.1977 Sondersendung: Befreiung der Geiseln in Mogadischu
18.10.1977 | Deutsche Spezialeinheiten haben die entführte "Landshut" gestürmt. Regierungsvertreter danken der GSG 9 für die Befreiung der Geiseln. Hanns-Martin Schleyer ist noch immer gefangen.
19.10.1977 Obduktion der RAF-Terroristen Baader, Ensslin und Raspe
19.10.1977 | Obduktion der von Baader, Ensslin und Raspe in Tübingen. Der Reporter spricht von Nachrichtensperre. Pfarrer Ensslin fordert, den Leichnam seiner Tochter nach Bad Cannstatt zu überführen. | RAF
19.10.1977 Hanns Martin Schleyers Leiche in Mühlhausen gefunden
19.10.1977 | Im französischen Mühlhausen wird die Leiche von Hanns Martin Schleyer gefunden. Die Sondersendung des Südwestfunks beginnt mit Mutmaßungen über die Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Schleyer, die sich im Laufe des Abends bestätigen. Die Bundesregierung beantwortet keine Fragen und erklärt "die Stunde der Fahndung" für gekommen.
Kunst
Porträt zum 50. Todestag Pablo Picasso und sein Frauenbild
Pablo Picasso gilt als Jahrhundertkünstler und Erfinder des Kubismus. Doch 50 Jahre nach seinem Tod rütteln Feministinnen am Sockel des berühmten Spaniers.