Das Attentat auf Rudi Dutschke war ein Schlüsselereignis in der Geschichte der Bundesrepublik. Die 1968er-Bewegung führte zu zahlreichen gesellschaftlichen Umbrüchen.
Im SWR2 Archivradio dokumentieren wir die Entwicklung, beginnend mit den Protesten gegen den Schah-Besuch und dem Mord an Benno Ohnesorg bis zur Ankündigung von Bundeskanzler Willy Brandt im Oktober 1969, "Mehr Demokratie wagen" zu wollen.
"1968 fing der Planet Feuer", hat Daniel Cohn-Bendit einmal über die 68er gesagt. Doch "68" begann schon vor 1968. Das Aufbegehren gegen die herrschende Politik, gegen den Vietnam-Krieg, gegen die Strukturen an den Universitäten, gegen das Schweigen über die Nazi-Verbrechen prägte die Generation der Nachkriegskinder, die nun erwachsen geworden waren. Es war auch kein speziell deutsches Phänomen. Studentenproteste gab es genauso in Frankreich, in den USA und anderswo, jedoch immer mit etwas anderen Akzenten. Die Tondokumente im SWR2 Archivradio vermitteln die Stimmung jener Zeit – und auch, wie der Rundfunk über die Geschehnisse berichtete.
Die Aufnahmen im Kontext
Die Originalaufnahmen in chronologischer Reihenfolge
In den Tönen kommt neben der eigentlichen Studentenbewegung auch einiges von dem zur Sprache, was sonst geschah: Der Prager Frühling – auf den Günter Grass in seiner Radioansprache eingeht. Die Hochschulreformen – inklusive der Einführung des Numerus clausus. Der Mord an Martin Luther King. Und: Die Diskussion um die Rundfunkgebühren – die es tatsächlich schon vor mehr als 50 Jahren gab.
2.6.1967 Proteste gegen den Schah-Besuch in Berlin – kommentiert von Ulrike Meinhof
2.6.1967 | Der Schah besucht mit seiner Frau Farah Diba Berlin und Tausende protestieren gegen ihn wegen der Menschenrechtsverletzungen in Persien.
Abends, als das Schah-Ehepaar sich die "Zauberflöte" ansehen will, versammeln sich die Studenten vor der Deutschen Oper. Unter ihnen ist auch der Student Benno Ohnesorg, der an jenem Abend um 20:30 Uhr von einem Polizisten erschossen wird. Ein Schlüsselereignis für die Radikalisierung der Studentenbewegung. Reporter ist Erich Nieswandt.
Auch die Journalistin – und spätere RAF-Terroristin – Ulrike Meinhof äußert sich in einem ARD-Kommentar zum Schah-Besuch. Sie vergleicht darin den Polizeistaat im Iran mit der Situation in der Bundesrepublik.
1.8.1967 Umfrage: Dürfen Studenten demonstrieren?
1.8.1967 | Nach den Ereignissen um den Schah-Besuch folgen weitere Studentendemonstrationen – gegen den Vietnamkrieg, gegen den Springer-Verlag, gegen die verkrusteten Strukturen an den Universitäten. Das gefällt nicht jedem: Nur 40 Prozent der westdeutschen Bevölkerung finden es im Jahr 1967 in Ordnung, dass Studierende auch für politische Ziele demonstrieren.
24.1.1968 Studenten empören sich über Numerus clausus
24.1.1968 | Die Zulassung zum Studium soll durch einen Numerus clausus beschränkt werden. Studentenvertreter sind empört; sie halten dies für verfassungswidrig.
17.2.1968 Rudi Dutschkes Rede auf dem Internationalen Vietnamkongress
17.2.1968 | Der Sozialistische Deutsche Studentenbund organisiert den Internationalen Vietnamkongress im Auditorium Maximum der TU Berlin. 5.000 Teilnehmer aus 14 Ländern waren gekommen – eines der zentralen Ereignisse der deutschen Studentenbewegung. Wichtigste Akteure sind Karl Dietrich Wolff und Rudi Dutschke. Wir hören die Rede von Rudi Dutschke – zwei Monate vor dem Anschlag auf ihn.
25.5.1968 Studentenrevolte in Frankreich: Daniel Cohn-Bendit "unerwünschte Person"
25.5.1968 | Streiks und Proteste legen im Frühjahr 1968 Frankreich lahm. Die Medien berichten von bürgerkriegsähnlichen Ausschreitungen. Die Filmfestspiele in Cannes werden ein Fiasko. Staatspräsident Charles de Gaulle geht auf manche Forderungen der Studierenden ein, um Entgegenkommen zu signalieren. Unter anderem verspricht er, für mehr Arbeitsplätze zu sorgen das Pensionsalter auf 60 Jahre zu senken. Eine der Hauptfiguren ist der 23-jährige Soziologiestudent Daniel Cohn-Bendit. Während eines Aufenthalts in Deutschland wird er zur unerwünschten Person erklärt, die Wiedereinreise nach Frankreich wird ihm verweigert. Über all das berichtet dieser Hintergrundbericht vom 25. Mai 1968, der am Ende auch auf die zunehmend unruhige Situation an den deutschen Hochschulen eingeht.
13.9.1968 Der SDS zerstreitet sich, die Frauen rebellieren
13.9.1968 | Der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS) zeigt sich auf seinem Bundeskongress extrem zerstritten. Die Frauen rebellieren und vermissen das Thema Emanzipation. Hier bahnt sich die Auflösung des SDS an, die 1970 endgültig erfolgen sollte. Gegründet worden war der Sozialistische Deutsche Studentenbund am 2. September 1946.