Mann und Frau beim Weihnachtseinkauf in der Stadt - 60er Jahre

SWR Retro in der ARD Mediathek

Weihnachten in Schwarzweiß – So feierte der Südwesten in den 50er- und 60er-Jahren

Stand
Autor/in
Clemens Zoch
Clemens Zoch, Autor und Redakteur, SWR Kultur

Das Wirtschaftswachstum prägt die Vorweihnachtszeit der 50er- und 60er-Jahre. Mit dem Geldbeutel wachsen auch die Wünsche, Geschenke und Weihnachtsfest werden opulenter. Wie wurde damals in Südwestdeutschland gefeiert? SWR Retro gibt Einblicke mit Abendschauen der 50er und 60er Jahre.

Doch der wachsende Wohlstand wird nicht nur bejubelt: Reporter beklagen die „Entweihung“ der Adventszeit durch Leuchtreklame und „Weihnachtsrummel“. Und dann auch noch die Frauen: „Im Dezember sind sie ganz anders“, beschreibt ein scharfsinniger Zeitgenosse. Die Mainzer Polizei bekommt körbeweise Spirituosen und die großartige Caterina Valente lässt ihren Glanz bis in ein Odenwalddorf erstrahlen.

12.12.1963: Der Dezember ist der Monat der Frauen!

„Das ist der Monat der Weihnachtsgratifikationen und des Geldausgebens, aber auch der milden Gefühle, der Geheimnistuerei … und der Frauen“. Aha und wie weiter? „Das Jahr über sind sie so oder so – aber im Dezember sind sie anders.“ Hat dieses Abendschau-„Feuilleton“ vom 12.12.1963 eigentlich einen Preis gewonnen? Verdient wäre das allemal, denn es folgen weitere preiswürdige Sätze in dieser besinnlichen Vorweihnachtsmeditation.

Noch ein letztes schönes Beispiel „Sie setzen den Teig für die Pfefferkuchen an und vergessen ihn wieder über lyrischen Versen wie: Vielleicht sind wir nichts als Schalen, womit der Augenblick geschöpft wird.“ Hach, da kann Frau schon mal den Pfefferkuchen vergessen – diese Zeile entstammt übrigens dem Gedicht „Indischer Falter“ von Hilde Domin.

15.12.1962: Aufreger Schaufenster – Sexpuppe neben Rauschgoldengel

„Reklame“ macht die Nacht zum Tage, der Mensch wird mit Licht überschüttet, beklagt dieser Bericht über die „übertriebene Vorweihnachtswerbung“  – „Kaufen, Essen, Jagen, Wühlen“ scheint das wichtigste in der „Vorbereitungszeit für das Christfest“ zu sein. Der Geschäftsführer aus Ludwigshafen sieht das natürlich anders, er ist stolz auf die hell erleuchtete Ware in den großen Vitrinen. Sie würden die Menschen aus der Vorderpfalz anlocken. 


Zu sehen sind in den Schaufenstern unter anderem „Die Sexpuppe neben Rauschgoldengel“, so der vorwurfsvolle Moderator:„Was denkt man sich eigentlich dabei?“ Aus heutiger Sicht gibt es keinen Grund für die Entrüstung, die „Sexpuppen“ sind zwei modisch gekleidete Schaufensterpuppen.

Ein Psychologe gibt sich überzeugt: „Weihnachtsbäume schon dreieinhalb Wochen vor dem Weihnachtsabend – das ist nicht gut für die Kinder. Die Weihnachtsfreude wird verdorben und verramscht.“

28.12.1961: Spirituosen für die Mainzer Polizei – Präsident betont Unbestechlichkeit!

Eine Tradition, deren Aussterben wirklich bedauerlich ist: Schnell mal ranfahren an die Verkehrsinsel und dem Herrn Wachtmeisiter zwei Flaschen mit dem besten Pfälzerwein in die Hand drücken. Verkehrsinseln werden zu Spirituosendepots, Flaschen körbeweise in die Polizeizentrale verfrachtet.

Mögliche unlautere Motive? Die Präsente fallen derartig üppig aus, dass sich der Mainzer Polizeipräsident genötigt sieht, die Unbestechlichkeit der Polizei zu betonen. „Jeder Kraftfahrer soll wissen, dass die Polizei nicht bestechlich ist. Wir werden auch in Zukunft unsere Pflicht erfüllen, wie es uns vorgeschrieben ist.“ Na dann Prost!

8.12.1962: Welche Bücher sind gefragt im Weihnachtsbuchgeschäft?

Einen Bestseller wie den „Doktor Schiwago“ von 1958 vermissen die Buchhändler im Weihnachtsgeschäft 1962. 1956 von Boris Pasternak fertig gestellt, wurde der Roman in der Sowjetunion verboten und kam 1958 in deutscher Übersetzung heraus. Im selben Jahr produzierten WDR, NDR, SWF und RIAS auch eine Hörspielversion.  

1962 gingen Bücher aber trotz des vermissten Bestsellers gut, unter anderem der Roman „Wer die Nachtigall stört“ (To Kill a Mockingbird ) der US-amerikanenischen Pulitzer-Preisträgerin Harper Lee. „Ein sehr nettes Buch und sauberes, spannendes Frauenbuch“, weiß ein Mosbacher Buchhändler über den Klassiker der amerikanischen Literatur zu berichten, der 1962 und 1963 auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste stand. Was wollte dieser Buchhändler damit bloß sagen?

8.12.1962: Weihnachtsgeschäft als Nebenverdienst für Studenten und Frauen

Weihnachten 1962 läuft das Wirtschaftswunder auf vollen Touren: 3 DM die Stunde gibt es für Studenten im Weihnachtsmann-Kostüm auf dem Bahnhofsvorplatz. Fünfmal mehr Spielwaren als sonst werden im Fachhandel verkauft, und da wird noch persönlich beraten und bedient.

Als Lohn gibt es im Schnitt 2,3 bis 3 DM in der Stunde. Gearbeitet wird auch mit der Lochkarten-Kundenkartei und vor allem in Sonderschichten der damals noch staatlichen Paketämter. Und, man höre und staune: „Manche Frau fährt im eigenen Wagen zu Arbeit“.

22.12.1956: Weihnachtsbescherung im Odenwald mit Caterina Valente

Weihnachten 1956, zu Beginn ihrer internationalen Karriere wohnte Caterina Valente noch in dem kleinen Odenwalddorf Oberflockenbach bei Weinheim an der Bergstraße. Mit dem „O Globo“ (1955) und dem „Estrella Del Mes“ für die LP „Olé Caterina, Mexico“ (1956) hatte sie bereits ihre ersten internationalen Musikauszeichnungen erhalten, die sie stolz in die Kamera hält, untermalt von „Du bist mein Himmel, doch was kann ich für Dich sein? Sag es mir, aber mir ganz allein!“

Danach geht’s aber– in zwei Tagen ist ja schließlich Heiligabend, in die Oberflockenbacher Wirtschaft „Krone“, wo die Kinder des Ortes zusammen mit dem Weihnachtsmann „Ihr Kinderlein kommet“ singen – unter den glänzenden Augen von Caterina!

Mit ihrem Bruder Silvio Francesco sang Caterina Valente zahlreiche Hits unter Pseudonymen wie „Club Manhattan“, „Club Honolulu“ oder „Club Jamaika“. Im Interview vom 1.8. 1960 sprechen die beiden über ihre gemeinsame Arbeit und performen ihren Sommerhit „Itsy-Bitsy Teenie-Weenie Honolulu Strandbikini“.

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