Meryl Streep zählt zu den bekanntesten Schauspielerinnen der Welt, ist hochdekoriert und denkt auch mit 75 Jahren noch nicht ans Aufhören. Ab 27. August ist sie in der neuen Staffel von „Only Murders in the Building” auf Disney+ zu sehen. Was jedoch kaum einer weiß: Ihre Wurzeln liegen im Schwarzwald.
Meryl Streep müsste eigentlich Streeb heißen. Denn diesen bis heute geläufigen Loffenauer Nachnamen trug Gottfried, ihr Ur-Ur-Großvater väterlicherseits, bevor er Mitte des 19. Jahrhunderts nach Amerika auswanderte. In der neuen Heimat wurde aus Gottfried Streeb dann Gottfried Streep.
Zu diesem Schluss kommt zumindest der Historiker Henry Louis Gates Jr., der in der Sendung „Faces of America“ unter anderem die Herkunft der Hollywood-Schauspielerin rekonstruierte. Die Ergebnisse seines Ahnenforschungsprogramms sind teilweise online abzurufen. Lokale Heimat- und Ahnenforschungen bestätigen dieses Ergebnis.
Meryl Streeps Schauspielkarriere in Bildern:
Streeb und Zeltmann sind bis heute geläufige Namen im Dorf
1851 heiratete Gottfried Streeb dann in Amerika eine ebenfalls gebürtige Loffenauerin, nämlich Christina Rosina Zeltmann. Auch dieser Nachname ist bis heute in Loffenau geläufig.
Zehn Generationen weit zurück lassen sich die Wurzeln von Meryl Streep verfolgen, bis zu Johann Streeb, der 1607 geboren wurde. Einer ihrer Vorfahren war im 18. Jahrhundert sogar Bürgermeister von Loffenau: Johann Georg Streeb (1680-1740). Bis heute leben viele weit entfernte Verwandte der Hollywood-Schauspielerin im beschaulichen 2.500-Seelen-Bergdorf im Nordschwarzwald.
Mitte des 19. Jahrhunderts war der Hunger in Loffenau groß
Warum genau die Vorfahren von Meryl Streep um die Mitte des 19. Jahrhunderts aus Loffenau auswanderten, ist nicht überliefert. Doch mehrere Szenarien scheinen wahrscheinlich.
„Besonders zur Mitte des 19. Jahrhunderts waren die deutschen Staaten klassische Auswanderungsländer. Eine Abwanderung konnte religiös, ökonomisch, politisch oder ganz individuell begründet sein“, schreiben etwa Rainer Brüning und Peter Exner in „Wege aus der Armut. Baden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“.
Aus Loffenau wanderten Menschen, wie andernorts auch, besonders aus wirtschaftlichen Gründen aus. Vor allem um das Jahr 1816/17 erlebte Süddeutschland mehrere Missernten und in der Folge die ersten großen Auswanderungswellen: Aus Loffenau flüchteten 53 Personen in Richtung Osten, 220 wanderten nach Übersee aus.
Auch wurde das, was man hatte, immer weniger: Das Erbe wurde in Loffenau mittels Realteilung verteilt, die Fläche wurde also unter den Erben geteilt. Die Folge: Je mehr Erben es gab, desto kleiner wurde die Hinterlassenschaft.
Gleichzeitig wuchs die Bevölkerung im Dorf zwischen 1821 und 1842 von 900 auf 1.200 Menschen. Mitte des 19. Jahrhunderts – also zu jenem Zeitpunkt, als auch die Vorfahren von Meryl Streep auswanderten – hatten immer mehr Menschen immer weniger Nahrung.
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Die Badische Revolution als Auswandungerungskatalysator
Und noch etwas bedrohte das Leben im heute so beschaulichen Bergdorf: Die Badische Revolution war ein Auswanderungskatalysator – und scheint auch für die Vorfahren Meryl Streeps ein wahrscheinlicher Grund für die Flucht in Richtung Amerika gewesen zu sein, wie der amerikanische Historiker Gates vermutet.
„Forty-Eighters“ nannte man jene Menschen, die in Folge der Revolutionsniederschlagungen auf dem alten Kontinent ihr Glück in Übersee suchten. Zwischen 1847 und 1857 verließen rund 200.000 Menschen aus dem Südwesten ihre Heimat, davon sollen rund 5.000 Personen aus politischen Gründen nach der gescheiterten Badischen Revolution (1847-1849) emigriert sein.
Loffenau gehörte zwar formell nicht zum Großherzogtum, sondern zu Württemberg, spürte aber dennoch die Auswirkungen. 1849 zogen preußische Truppen auch über Loffenau und Gernsbach hinweg und schlugen örtliche Aufstände nieder.
In Amerika gründen zwei Loffenauer eine Familie
Wie auch immer es sich im Konkreten zugetragen haben mag: Gottfried Streeb und Christina Rosina Zeltmann heirateten schließlich in New York, gründeten eine Familie und blieben.
Der Historiker Gates geht davon aus, dass sich Gottfried, geboren 1815, und Christina, geboren 1831, schon aus ihrer alten Heimat Loffenau gekannt haben könnten. Auch ist er es, der herausfindet, dass Johann Georg Streeb (1680-1740), ebenfalls ein Vorfahre der Schauspielerin, von 1730 bis 1737 Bürgermeister des Schwarzwald-Dorfs war.
Gates sei übrigens vor seiner genealogischen Recherche davon ausgegangen, dass Streep ein niederländischer Name sei und übersetzt so viel wie „Streifen“ bedeute, erzählt er im Interview mit ABC News.
Spannende Auswanderungsgeschichten liegen offenbar in der Familie
Auch die Auswanderungsgeschichten anderer Urahnen der Schauspielerin sind spannend. Die von Meryl Streeps Urgroßvater, Wilhelm Huber etwa, der mit 17 Jahren aus Kerns auswanderte, einer Gemeinde in der Zentralschweiz, die heute rund 6.000 Einwohner besitzt und sich im Kanton Obwalden befindet.
1852 geboren, fand Huber sein Glück im Bundesstaat New Jersey. Dort belieferte er als sogenannter „ice man“ Saloons und Lebensmittelläden mit Eis zum Kühlen.
Eine andere Abstammungslinie Meryl Streeps kommt aus England: Aus der Familie Crispin ist ein bemerkenswertes Dokument erhalten, das Historiker Gates der Schauspielerin im Rahmen der Sendung „Faces of America“ präsentiert: Sichtlich gerührt zeigt sie sich über einen Vertrag aus dem Jahr 1682, den ihr Vorfahre Silus Crispin unterzeichnete und der den Kauf von Land amerikanischer Ureinwohner quittiert – in Zeiten rücksichtsloser Enteignung keine Selbstverständlichkeit: „Er hat gezahlt“, sagt sie, das werde ihre Familie „sehr stolz und glücklich“ machen.
Was Meryl Streep zu den Informationen rund um ihre Schwarzwälder Wurzeln sagt, ist hingegen unklar. Übereinstimmend wird sowohl aus Loffenau als auch aus der Schweiz berichtet, dass Einladungen durch Gemeinden oder entfernte Verwandte von der Schauspielerin beziehungsweise ihrem Management bislang ignoriert wurden.
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