Als Regisseurin schuf sie ikonographische Bilder. Ihre ideologische Nähe zum NS-Regime hat sie nach dem Zweiten Weltkrieg stets zu leugnen versucht. Leni Riefenstahl hat nur eine Darstellung ihrer Biografie zugelassen: ihre eigene. Der Nachlass einer der umstrittensten Frauen des 20. Jahrhunderts erzählt etwas anderes.
Künstlerin oder Propagandahelferin?
700 Kisten durfte der deutsche Dokumentarfilmer Andreas Veiel aus dem Nachlass von Leni Riefenstahl für seinen neuen Film auswerten. Tausende Bilder, Briefe, Filmschnipsel, Erinnerungsstücke, die die wohl umstrittenste Regisseurin Deutschlands bis zu ihrem Tod 2003 akribisch gesammelt und geordnet hat.
Riefenstahls Nachlass als Falle?
Andreas Veiel wollte die Frage beantworten, ob Leni Riefenstahl eine willige und überzeugte Propagandistin in den Diensten der Nazis war, oder einfach nur eine „eifrige und ehrgeizige Filmemacherin mit einer Faszination für große Bilder und schöne Körper“, wie Riefenstahl selbst immer behauptet hatte.
Regisseur Andreas Veiel hatte am Anfang seiner Arbeit vor allem die Befürchtung, der Nachlass könnte „eine Falle“ sein, der von Riefenstahl und ihrem Lebensgefährten präpariert worden sein könnte.
Viele Lücken und Ungereimtheiten im Nachlass von Riefenstahl
Für Veiel gab es beim Erforschen und Analysieren des Nachlasses viele spannende Erkenntnisse. Wegen der vielen Ungereimtheiten im Nachlass musste der Dokumentarfilmer zum Abgleich allerdings auch andere Archive befragen, denn „wir haben auch Lücken gefunden“ erklärt Veiel, „Leni Riefenstahl hat auf jeden Fall viele Fehler gemacht“. Zum Beispiel habe sie Dinge hinterlassen, die sie belasten, und die nicht so eindeutig ihre Biografie bestätigen. Riefenstahl habe „Risse und Widersprüche“ zurückgelassen. Und da sei Veiel „gerne reingegangen“.
Gewalterfahrungen in der Kindheit prägten Riefenstahls Weltbild
Andreas Veiel fragt sich, ob Leni Riefenstahl stellvertretend für viele junge Deutsche stand, die aufgrund ihrer extrem harten Erziehung, mit dem Faschismus sympathisierten. Es gebe nämlich „zwei unterschiedliche Erzählungen bezüglich ihrer Kindheit und Jugend“.
In den Entwürfen zu ihren Memoiren beschreibe Riefenstahl noch „starke Gewalterfahrungen durch ihren Vater“. Aber in den fertigen Memoiren, tauche dies nicht mehr auf, erklärt Veiel, und fragt sich deshalb, ob diese Erfahrungen eine „erneute Opfererzählung“ gewesen seien, die sie nachher korrigiert habe.
Riefenstahl als Prototyp einer Faschistin?
Riefenstahl müsse vielleicht als „Prototyp für den Faschismus“ betrachtet werden, so Veiel, denn ihre „extrem harte preußische Erziehung“, war offenbar „etwas Generationstypisches“.
Veiels Film, der auf den Filmfestspielen von Venedig Premiere gefeiert hat, versucht anhand von Leni Reifenstahls Nachlass nichts weniger zu erklären als die Frage, wie eine deutsche Frau zur Faschistin wurde.
Trailer „Riefenstahl“, ab 31.10. im Kino:
SWR Archivradio Radio-Originaltöne aus der Zeit des Nationalsozialismus von 1939 bis 1945
Im Radio verkündet Admiral Dönitz die bedingungslose Kapitulation der Deutschen Wehrmacht. Damit endet ein Krieg, der zum ersten Mal in der Geschichte auch mit dem Rundfunk als Propagandamittel geführt wurde. Was hat das Radio im Krieg bewirkt?