Ein krebskranker junger Mann begibt sich mit seiner Freundin noch einmal auf eine imaginäre Reise durch Stuttgart. Das ist der rote Faden in „Ein Dunkles, Dunkles, Dunkles Blau“ von Simon Stephens, das nun in Stuttgart Uraufführung feierte. Manchmal etwas zu dick aufgetragen und konstruiert, zieht einen die Inszenierung immer wieder in den Bann.
Ein letzter imaginärer Ausflug nach Stuttgart
Der 20-jährige Christof liegt vom Krebs zerfressen im Sterben. Seine Freundin Nicola hat ihn bei sich zu Hause aufgenommen. Sie fragt ihn, ob er Angst habe vor dem Sterben. Da schwingt viel Zynismus mit, denn welcher 20-Jährige möchte schon so früh verschwinden von der Welt? Auch wenn deren Zustand miserabel ist.
Das Thema Klimawandel ist damit aber auch schon abgehandelt. Das Publikum sieht dem putzmunteren Christof nun auf der Bühne dabei zu, wie er mit seiner Freundin einen letzten imaginären Ausflug zu den gemeinsamen Lieblingsorten in Stuttgart unternimmt. Das ist der rote Faden, der sich durch diesen eher melancholischen Abend über den Verlust oder Tod von nahestehenden Menschen zieht.
Simon Stephens trägt ganz schön dick auf
Wie etwa Christofs Vater, ein Porscheverkäufer, der bereits seine Frau ausgerechnet durch einen Autounfall verloren hat. Er schafft es nicht, seinen todkranken Sohn zu besuchen.
Ganz schön viel Elend für ein Leben. Von seinem todkranken Sohn will sich dann auch noch sein Schwager verabschieden. Er war zuvor im Knast, weil er im Besitz von Kinderpornographie war.
Gelegentlich trägt Simon Stephens in dieser Auftragsarbeit für das Schauspiel Stuttgart ganz schön dick auf – vieles wirkt konstruiert. Und doch zieht der Abend einen immer wieder in den Bann. Etwa wenn auf der Bühne die Frage verhandelt wird, ob man Schuld auf sich geladen hat und wie man damit umgeht. Oder: Was nach dem Tod kommt und wie man in Erinnerung bleibt.
Regisseur Elmar Goerden sorgt für Stuttgarter Flair
Simon Stephens dekliniert das durch am Schicksal von insgesamt neun weiteren Personen, die mit Christof auf irgendeine Weise verbunden waren. Auch mit viel britischem Humor. Wenn etwa ein nach Stuttgart zugezogener einsamer Bibliothekar, ganz in pink gekleidet, herrlich tapsig versucht, seinen Nachbarn näher kennenzulernen.
Für Stuttgarter Flair sorgt Regisseur Elmar Goerden, indem er die Schauspielerinnen und Schauspieler mit schnellen Schritten über die Bühne eilen lässt. Ganz als wären sie in der Fußgängerzone unterwegs. Im Hintergrund sieht man dann auf die Wand projizierte Stuttgarter Stadtansichten. In der Raummitte aufgehängt, schwebt ein riesiger Metallrahmen, mit dem auch mal geschaukelt wird.
Die schauspielerische Leistung überzeugt
Schauspielerisch ist das insgesamt eine sehr überzeugende Leistung. Camille Dombrowsky etwa gibt die Nicola äußert facettenreich und feinfühlig. Den wegen Kinderpornographie verurteilten Schwager spielt Matthias Leja mit vollem Körpereinsatz, sein Unwohlsein sieht man ihm regelrecht an. Wie er sich windet, sich ständig überall kratzt.
Über einige inhaltliche Durchhänger hilft das allerdings kaum hinweg, denn mit mehr als zwei Stunden ist dieser Abend insgesamt dann doch etwas zu lang geraten.
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