Erinnern oder Forschen?

Großer Streit um kleinen Pavillon: Warum ein Teil des Instituts Curie einem Neubau weichen soll

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Stefanie Markert

Ein kleiner Pavillon im Pariser Quartier Latin hat die Weltpresse auf den Plan gerufen. Nicht nur die in Polen, woher Marie Curie stammt. Denn es geht um den „Pavillon des Sources“, in dem die Wissenschaftlerin vor 100 Jahren ihre Forschungsmaterialien lagerte und aufbereitete. An seiner Stelle soll ein großes Forschungszentrum gegen Krebs entstehen. Am 8. Januar sollten die Abrissbagger anrücken, doch Frankreichs Kulturministerin stoppte sie in letzter Minute.

Ein radioaktiv verseuchtes Kulturdenkmal?

Inmitten eines Gartens mit 100-jährigen Linden, von Marie Curie selbst gepflanzt, steht ein kleiner zweistöckiger Würfel. Heller  Backstein, oben ein halbrunder Steinfries, eine Hand hält dort ein offenes Buch: der „Pavillon des Sources“. Kulturerbe-Beauftragter Stéphane Bern protestiert gegen einen Abriss, er hat per SMS sogar Präsident Macron und die First Lady alarmiert und sich im Radio France Culture erklärt.  

Das ist keine außergewöhnliche Architektur, aber symbolisches Kulturerbe, ein Memorial, das ist sein Wert. Und dazu noch einen Garten zerstören in diesen Zeiten, das ist Nonsens, das ist absurd. Keine 200 Meter vom Pantheon entfernt, wo Marie Curie als erste Frau ihre Ruhestätte gefunden hat. 

Ein fünfstöckiger Neubau soll entstehen

Der Pavillon gehörte zum Radium-Institut, das 1914 fertig war und von Marie Curie geleitet wurde. Sie betrieb nicht nur Grundlagenforschung, sondern entwickelte später eine Bestrahlungstherapie für Krebskranke.

Ihr eigentliches Labor sei heute Museum und nicht vom Abriss bedroht, betont die Institutsleitung gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Das Institut trägt heute Curies Namen, wird von einer Stiftung geleitet, umfasst auch zwei onkologische Krankenhäuser und ist weltweit mitführend in der Krebsforschung.

Mit einem fünfstöckigen Neubau will das Institut nun in dem dichtbesiedelten Viertel auf 2.000 Quadratmetern das erste Zentrum für biologische Chemie Europas bauen.

„In dem Pavillon hat Marie Curie ihr radioaktives Material, ihre Abfälle gelagert. Und nicht geforscht. Es ist radioaktiv verschmutzt. Niemand darf da rein, niemand kann dort experimentieren. Im neuen Gebäude aber werden wir Biologie, Chemie und Medizin verbinden. Will man leidende Patienten heilen oder ein gesundheitsschädliches Gebäude auf Kosten des Steuerzahlers erhalten?“, fragt Raphael Rodriguez vom Institut Curie.

Der Abriss ist ausgesetzt, bleibt aber genehmigt

Frankreichs Kulturministerin Rima Abdul Malak hat dem Institut Curie abgerungen, den Abriss auszusetzen. Doch der bleibt genau wie der Neubau genehmigt.

Während die Kommission „Altes Paris“ dies schon lange beantragt hat, greift das grün-rote Rathaus nicht ein. Immerhin hat Stadtrat Emile Meunier einen Vorschlag: „Wir haben Büros im Pariser Nordosten, die stehen leer. Warum nicht dort den Curie-Campus erweitern?“.

Das Institut Curie akzeptiert aber nur einen neuen Bauplatz am selben Ort, spricht auch nur von gestoppter Dekontaminierung.

Auch Marie Curies Urenkel will den Pavillon der Forschung opfern

In seinem Aufsichtsrat sitzt auch Marc Joliot, Forschungsdirektor für Radiologie des Gehirns in Bordeaux. Und Marie Curies Urenkel. Ausgerechnet er will den Pavillon der Forschung opfern: 

Schade, dass wir jetzt Zeit verlieren. Denn wir werden und müssen das Projekt umsetzen, dafür ist das Institut da. Ich würde den Pavillon gern erhalten, aber das sind 100 verseuchte Quadratmeter, damit kann man nichts machen.  

Wie hätte die erste Frau mit Nobelpreis entschieden? Ihre Linden sollen auch bei einem Neubau bleiben. Ein Blick auf die Bauzeichnung des 24 Meter hohen Klotzes weckt daran jedoch Zweifel.

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