Mit seinem neuen Fantasy-Stück zieht das Stuttgarter Kinder- und Jugendtheater JES alle Register: Eine turbulente, fantasievolle Bühnenshow entführt in bunte Zauberwelten. In der Abenteuergeschichte muss das „Land behind the Curtain“ vor Hab- und Machtgier gerettet werden. Ein Stück, das zugleich auch ernste Fragen aufwerfen will. Doch dafür ist die Ablenkung einfach zu großartig.
Alles beginnt mit einem Anruf: die jugendliche Hero, die schon lange vor Tatendurst brennt, ist auserwählt, das Land hinter dem Vorhang, „The land behind the Curtain“, zu retten. Aber die Zeit ist denkbar knapp.
Das „Land hinter dem Vorhang“ ist in Gefahr
Das Land hinter dem Vorhang, in dem Einhörner, Vampire und Drachen friedlich miteinander leben, ist in Gefahr: Das machthungrige Ausrufegesicht hat den Hut von Fragekopf gestohlen. Und das bedeutet: Es gibt keine Fragen mehr, nur noch Antworten.
Die Geschichte, sagt Grete Pagan, Intendantin des Jungen Ensembles Stuttgart, sollte ein bisschen mehr als nur Fantasy bieten: „Die Chance, die es hat, ist eben, wirklich was zu erzählen über die Probleme in der Welt im Moment, und vielleicht auch eine Idee dafür zu liefern, was man tun könnte, um sie anzugehen….“
Der fröhliche „Sidekick“ unterstützt „Hero“ bei ihrer Mission
Damit Hero, die nicht aus dem Zauberland kommt, nicht allein auf ihre gefährliche Mission durch das Land hinter dem Vorhang reisen muss, wird ihr Sidekick an die Seite gestellt. Eine fröhliche, unverbesserlich optimistische Figur, die voll auf Abenteuer steht und auf Rätsel.
Und das ist die erste Prüfung – durch das Tor zu gelangen und die Rätsel der furchteinflößenden Wächter zu lösen.
Handlung vom Ensemble gemeinsam weiterentwickelt
Das Stück „Land behind the Curtain“ entstand in einer einzigen großen Teamleistung. Eine Rohfassung der Geschichte haben Regisseurin und Autor – beide aus Großbritannien – geschrieben, dann wurde die Handlung mit dem Ensemble auf englisch weiterentwickelt und schließlich ins Deutsche übersetzt.
Herrlich respektlose und magische Bühnengestaltung
Was als erstes besticht, ist die magische Bühnengestaltung. Fast zehn verschiedene Welten hat Bühnenbildner Philip Nicolai für das Stück gezaubert. Bei der simplen Black-Box-Konstruktion der JES-Bühne ist das tatsächlich ein Kunststück. „Land behind the Curtain“ ist eine herrlich respektlose Mischung mit Versatzstücken aus „Star Wars“, „dem Zauberer von Oz“ und „Der Herr der Ringe“.
Müssten nicht eigentlich die Erwachsenen die Probleme lösen?
Laut und klamaukig geht es auf der Bühne zu, dann wieder verträumt und sehnsüchtig. Das Ensemble springt ständig in neue Kostüme, es wird gesungen, getanzt, gekämpft. Im Mittelpunkt stehen Hero und Sidekick, die nur im Doppelpack das hinterlistige Ausrufegesicht stellen können. Eine bewusste Konstruktion, meint JES-Intendantin Grete Pagan. Das Ensemble habe sich gefragt, warum eigentlich immer Kinder oder Jugendliche die Welt retten müssten: „Ist das eigentlich richtig, oder sollten das nicht die Erwachsenen tun?“
Video zu „Land behind the Curtain” in Stuttgart:
Faszinierendes Kino auf der Bühne
Es ist allerdings fraglich, ob die großen Ansprüche, die das Ensemble an sein Fantasy-Stück stellt, so wirklich beim Publikum ankommen. Dafür bietet diese Inszenierung einfach viel zu viel Ablenkung. Doch es ist eine großartige Ablenkung, faszinierendes Kino auf der Bühne.