Schwarzkittel richten Schaden an

Wildschweine in Rheinland-Pfalz werden zur Plage

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Susanne Weber
Bild von Susanne Weber, Redakteurin bei SWR Aktuell in Rheinland-Pfalz

Ein Wildschwein mitten in Mainz, auch in Gärten und auf Friedhöfen tummeln sich die Tiere inzwischen. Warum ist das so und was kann getan werden?

Ob Feld, Wald oder Vorgarten – Wildschweine finden vielerorts in Rheinland-Pfalz hervorragende Lebensbedingungen und ausreichend Nahrung. Natürliche Feinde hingegen haben sie nicht. Immer häufiger werden Wildschweine auch auf Feldern, in Gärten, auf Friedhöfen und in der Innenstadt gesehen. Die Schäden für Betroffene sind teils erheblich. Auf der Suche nach Futter verwüsten die Tiere Wiesen, Gärten und sogar Gräber.

Seit Wochen suchen Wildschweine immer wieder den Friedhof in Budenheim bei Mainz heim. Die Folge: Zerstörte Gräber, umgewühlte Erde und wütende Angehörige. Auch der Budenheimer Bürgermeister Stephan Hintz ist betroffen. Er ist oft auf dem Friedhof, sagt er, um das Grab seines Vaters zu besuchen. "Und wenn sie da morgens kommen und sehen, dass es hier verwüstet ist, dann ist das schon eine emotionale Sache", so Hintz.

Da wird auch die Totenruhe gestört, was halt nicht sehr schön ist.

Bis zu 100 Gräber wurden hier in den letzten Wochen beschädigt. Gerade jetzt im Frühling stehen Regenwürmer und Engerlinge auf dem Speiseplan der Wildschweine - und die finden sie auf dem Friedhof reichlich.

Wildschweine mussten Neubaugebiet weichen

Warum die Borstentiere auf den Friedhof ausgewichen sind, ist für Revierjagdmeister Thomas Köhrer relativ klar. In Budenheim wurden für ein Neubaugebiet riesige Flächen gerodet und den Tieren ein Stück ihres Reviers genommen.

Wir haben ja jetzt den Lebensraum der Wildschweine mit erobert. Jetzt müssen die Wildschweine ein bisschen zur Seite rücken, besuchen uns aber auch noch mal von Zeit zu Zeit und gehen dann natürlich auch ihrem Nahrungsbedarf nach.

Mensch und Tier rücken also immer näher zusammen. Weil im Stadtgebiet aus Sicherheitsgründen nicht gejagt werden darf, gibt es in Budenheim nur eine Lösung: Prävention. Auf Empfehlung des Revierjagdmeisters will die Gemeinde Budenheim nun einen Zaun um den Friedhof errichten. Kostenpunkt: Rund 30.000 Euro.

Ideale Bedingungen für Wildschweine im Mittelrheintal

Auch in Boppard im Mittelrheintal kennt man die Probleme mit dem Schwarzwild. Schon seit Jahren fühlen sich die Wildschweine hier sozusagen sauwohl. Der Ort biete einfach ideale Bedingungen, erklärt der erste Beigeordneter Helmut Schröder: "Wir haben hier einen so genannten befriedeten Bezirk im Jagdrevier Buchenau. Und da ruht die Jagd. Es ist zu gefährlich, in der Bebauung zu bejagen." Aber manche Betroffene hätten dafür kein Verständnis, sagt Schröder.

Da haben die lautstark gesagt "Erschießt die Schweine!" So, und das können sie nun mal nicht bringen.

Statt Jagd gibt es jetzt Beratung. Die Stadt hat sich mit Horst Gaß einen Wildtier-Manager zugelegt. Seit Ende der 1970er-Jahre ist Horst Gaß als Revierbetreuer in den Bopparder Jagdrevieren unterwegs und ist ein erfahrener Jäger. Er berät Anwohner bei Fragen und Problemen rund um das wühlende Schwarzwild. Einer davon ist Winfried Knopp, in dessen Garten die Wildschweine schon seit Jahren vorbeischauen. Auf Anraten des Wildtiermanagers hat er nun einen Stabmatten-Zaun errichtet. Zu oft haben ihm die Schweine den ganzen Garten durchwühlt.

Seit paar Jahren verweilen die auch tagsüber hier. Ich weiß nicht, woran das liegt. Sie sind nicht mehr so scheu wie früher, sag ich jetzt mal.

Früher kamen sie nur in der Nacht. Doch dann wurden die Tiere immer mutiger, jetzt kommen sie auch am Tag - auch dann, wenn Knopp selbst in seinem Garten ist. Einmal hat er sich aufs Dach der Gartenhütte geflüchtet und gewartet, bis die Tiere wieder in sicherer Entfernung waren.

Wildschwein in der Mainzer Innenstadt

Wiesen, Gärten, Friedhöfe - alles noch halbwegs natürliche Umgebung für Wildtiere. Aber was will ein Wildschwein mitten in der Mainzer Innenstadt? Im März hielt ein Schwarzkittel mehrere Tage Anwohner und Polizei auf Trab. Auch Christian Korte staunte nicht schlecht über die Begegnung der besonderen Art.

Das sah ja eigentlich ganz munter aus, gemacht hat es auch nichts.

Ein bisschen ängstlich sei er schon gewesen, erzählt er. "Ich wusste nicht, wie man überhaupt darauf reagiert". Als das Tier erstmal weg war, sei er schon erleichtert gewesen. Mit Helikopter und Wärmebildkamera wurde eine große Suchaktion gestartet. Eine Wärmebilddrohne entdeckte den Keiler schließlich im Bereich der Theodor-Heuss-Brücke. Weil von dem Tier eine Gefahr für Menschen und den Straßenverkehr ausging, wurde in Absprache mit der Jagdbehörde und dem Tiernotdienst entschieden, das Wildschwein zu erschießen. In den Sozialen Medien löste das teils heftige Debatten aus.

Tagelang war ein Wildschwein in der Mainzer Innenstadt unterwegs. Weil es eine Gefahr für Menschen und den...Posted by SWR Aktuell on Thursday, March 21, 2024

Jagd auf Wildschweine gehört zur Prävention

Die Jagd auf Wildschweine gehört für Revierjagdmeister Thomas Köhrer allerdings genauso zur Prävention wie Aufklärung und Zäune. Im Lennebergwald tummelten sich vor 30 Jahren noch gar keine Wildschweine, mittlerweile gebe es eine massive Überpopulation.

Wildschweine im Wald - Tiere werden zur Plage.
Viel Nachwuchs bei den Wildschweinen - die Population nimmt überhand.

Gerade im städtischen Bereich fehle das Großraubwild, so Köhrer. "Den Wolf haben wir hier nicht, wir haben keinen Luchs." Und wenn gegen den Zuwachs nichts getan werde, dann "kriegen wir wirklich große Probleme."

Grafik mit Zahlen zu Wildschweinabschüssen im Vergleich der Bundesländer
RLP im Bundesvergleich bei Abschüssen von Wildschweinen

Zum Glück sind solche Zwischenfälle wie in Mainz eher selten. Wo - wie im Lennebergwald zwischen Mainz und Budenheim - die Grenzen von Stadt und Wald verschmelzen, rückt der Lebensraum von Mensch und Wildschwein immer näher zusammen. Da hilft am Ende nur eins, so Revierjagdmeister Köhrer:

Wir sollten als Menschen schon akzeptieren, dass es noch Wildtiere gibt.

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