Im Gerolsteiner Ortsteil Michelbach will der Kreis ein altes Hotel als Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete nutzen. Bürger und Kommunalpolitiker sind dagegen.
Bis zu 60 Geflüchtete – bei knapp 90 Einwohnern. Ein Verhältnis, das vielen Menschen in Michelbach Sorgen macht. Auch in einem Video, das bei Facebook kursiert, äußern sich einige von ihnen über ihre Ängste. Dort erzählen sie, dass sich die Bewohner von der Entscheidung, dass in Michelbach eine Unterkunft für Geflüchtete entstehen soll, überfahren und übergangen fühlen.
Ortsvorsteherin Elsbeth Mandok (SPD) sagt, die Kreisverwaltung habe sie erst im Laufe des Januars darüber informiert, dass sich für das leerstehende Hotel Huschens in Michelbach ein Käufer gefunden habe. Der wolle dort eine Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete betreiben. Und zwar schon ab Februar. Mandok versteht dieses Vorgehen nicht. "Die Stimmung ist absolut negativ. Im Vorfeld hätte man noch Kompromisse finden können. Aber das ist jetzt nicht mehr möglich", erklärt Mandok.
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Michelbacher halten Ort für zu klein und zu abgelegen
Als das in Michelbach die Runde macht, formiert sich Widerstand: Ende vergangener Woche geht das Video online, eine Petition wird gestartet - mit zuletzt etwa 1.500 Unterschriften. Familien würden sich sorgen, dass sich Geflüchtete im Ort ballen. Es gebe kaum Busverbindungen. Außerdem keine Geschäfte, kaum Infrastruktur. Das sei auch für die Geflüchteten keine gute Situation. Bei einer deutlich kleineren Zahl könnten die Michelbacher bei der Integration unterstützen und helfen. So aber sei es zu viel. Die Ortsvorsteherin hat gegenüber der Landrätin rechtliche Schritte angekündigt.
Öffentlich vorgestellt hat der Kreis die Pläne für die Unterkunft noch nicht. Das soll diese Woche Donnerstag geschehen – in einer Informationsveranstaltung im Hotel Huschens. Auf Fragen des SWR zu der Umsetzung der Pläne heißt es in einer Mail: "Die Kreisverwaltung Vulkaneifel nimmt die Sorgen der Menschen in Michelbach sehr ernst."
Kritik auch aus der Politik
Nun also sollen die Menschen am Donnerstag bei der angekündigten Informationsveranstaltung Klarheit bekommen. "Viel zu spät", kritisieren neben der Ortsvorsteherin und den Bürgern inzwischen auch Politiker aus der Vulkaneifel.
Am Wochenende waren die Landtagsabgeordneten Gordon Schnieder (CDU), Jens Jennsen (SPD) und Kreistagsmitglied Dietmar Johnen (Grüne) in Michelbach, um mit den Bürgern ins Gespräch zu kommen. Schnieder spricht von einem Kommunikationsdesaster seitens der Kreisverwaltung.
Die Bedenken der Menschen in Michelbach teilen sie. Der Ort sei nicht geeignet für eine Gemeinschaftsunterkunft dieser Größe. "Die Leute in Michelbach haben handfeste und begründete Argumente dagegen. Und sie haben auch die Geflüchteten im Blick", sagte Johnen von den Grünen. So sieht das auch die Stadtratsfraktion der CDU. Die SPD-Fraktion und Stadtbürgermeister Uwe Schneider (SPD) fordern die Kreisverwaltung auf, ihre Planungen zu stoppen und miteinander andere Lösungen zu finden. Die Grünen möchten die Eröffnung bis mindestens März verschieben und Hinweise der Bürger miteinzuarbeiten.
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Druck auf Kommunen, Geflüchtete unterzubringen
Der SPD-Landtagsabgeordnete Jenssen hält die Lage für sehr komplex. Es bestehe großer Druck für den Kreis, Geflüchtete unterzubringen. Andererseits werde kaum noch privater Wohnraum zur Verfügung gestellt. Da sei ein leerstehendes Hotel naheliegend.
Aber wo sollen die Geflüchteten untergebracht werden? In anderen Gemeinden werden dafür wieder Sporthallen genutzt. Für SPD-Mann Jenssen ist das keine Alternative. "Davon bin ich ein entschiedener Gegner". Auch, weil darunter etwa das Vereinssportleben leide. Um den Druck auf die Kreise zu mindern, bringt er eine Erweiterung der zentralen Aufnahmeeinrichtungen des Landes ins Gespräch.
Geflüchtete bleiben meist erstmal in Unterkunft
Das hält die Integrationsbeauftragte des Landkreises, Maaike Thijs, für keine gute Idee. Oft handle es sich bei den Geflüchteten um Familien. Immer größere Einrichtungen seien für sie nicht geeignet. Auch Thijs kennt die konkreten Pläne für Michelbach noch nicht. Aber sie kennt andere Gemeinschaftsunterkünfte.
In einem Hotel in Deudesfeld-Desserath in der Vulkaneifel seien sogar mehr Geflüchtete als Einwohner untergekommen. Viele Neuankömmlinge versuchten erst einmal, zur Ruhe zu kommen. Sie blieben meist in der Unterkunft, hätten mit bürokratischen Angelegenheiten zu tun und würden unterstützt von Sozialarbeitern. "Es ist, als ob die nicht da sind", bekomme Thijs von dort zu hören.
Auch Kriminalität durch Geflüchtete sei in der Regel kein Problem, was die Polizei bestätigt. "Von den Einwohnern von Michelbach wird nicht erwartet, dass sie die Menschen betreuen." Sie hoffe aber, dass sie die Geflüchteten akzeptieren. "Die Verhältnismäßigkeit macht nur Schwierigkeiten, wenn man von vornherein 'nein' sagt und dem Ganzen keine Chance gibt."
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Die Dynamik in Michelbach hat allerdings weiter zugenommen. So stark, dass die Kreisverwaltung sich heute Nachmittag dazu öffentlich äußern will. Am Abend wollen sich Michelbacher Bürger dann im Stadtrat zu Wort melden. Morgen haben sie parallel zur Informationsveranstaltung des Kreises eine Demonstration angemeldet.