Der Kreistag Vulkaneifel hat entschieden, dass in Michelbach erst Geflüchtete einziehen, wenn alle sonstigen Unterkünfte voll sind. Die Landrätin kündigte an, dies zu respektieren.
Sie hatten sich vorgenommen, den Kreistag "aufzuwecken" und die Landrätin zu "erschrecken". Am Ende haben die Mitglieder der Bürgerinitiative "Fairteilen" aber doch auf Protestaktionen bei der Kreistagssitzung verzichtet. Stattdessen hat der zweite Vorsitzende Nikolaus Jansen in einer Rede rund zehn Minuten lang die Pläne für die Flüchtlingsunterkunft in Michelbach kritisiert.
60 Geflüchtete in einem früheren Hotel im Ort unterzubringen - das wird von vielen Einwohnern des Gerolsteiner Stadtteils abgelehnt. "Und wir werden weiter alles daran setzen, das mit rechtlichen Mitteln zu verhindern", sagte Jansen. Denn die Aussicht auf eine Sammelunterkunft in der Nachbarschaft sei für die Michelbacher "unerträglich": "Einen Kompromiss gibt es für uns nicht."
Michelbach soll "Ultima Ratio" bei Unterbringung sein
Der Kreistag versuchte trotzdem gut drei Stunden lang, einen Kompromiss zu finden. Dabei haben sich die Fraktionen allerdings nicht einigen können, sondern jeweils eigene Anträge eingereicht. Durchgesetzt hat sich am Ende die CDU - gegen die Stimmen der SPD und der Grünen.
Deren Fraktionschef Gordon Schnieder hatte angeregt, dass die Unterkunft in Michelbach die "Ultima Ratio" sein soll. Gemäß dem Antrag sollten in dem ehemaligen Hotel erst dann Geflüchtete untergebracht werden, "wenn gar nichts mehr geht", also alle privaten Wohnungen und Sammelunterkünfte im Kreis belegt sind. Diesem Vorschlag schlossen sich auch die FDP, die Freien Wähler und die Unabhängige Wählergemeinschaft an.
Gerolsteiner Stadtrat verlangt Baugenehmigung vom Kreis
Zwischenzeitig hat auch der Stadtrat von Gerolstein mehrheitlich einen ähnlichen Beschluss gefasst. Zudem verlangt das Gremium von der Kreisverwaltung eine Baugenehmigung für die geplante Flüchtlingsunterkunft in dem früheren Hotel. Die Landrätin hatte erklärt, für die Umwidmung keine Genehmigung zu brauchen.
Rechtliche Schritte gegen die Flüchtlingsunterkunft will der Stadtrat von Gerolstein aber nicht einlegen. Da eine Klage nach Einschätzung eines Juristen keine Aussicht auf Erfolg hätte, wie Stadtbürgermeister Uwe Schneider (SPD) erklärt: "Die Folge wäre nur ein langer und teurer Rechtsstreit ohne Chance, das Projekt zu verhindern."
Kreisverwaltung muss sich nicht an Beschluss halten
Rechtlich bindend sind die Anträge für die Kreisverwaltung nich, sie haben eher den Charakter von Resolutionen. Jens Jenssen von der SPD geht aber davon aus, dass sich die Kommune an die Beschlüsse halten wird, was er sehr bedauert. Mit seiner SPD hatte der Fraktionschef von der eigenen Landrätin Julia Gieseking gefordert, dass in Michelbach erstmal nur wenige Familien - konkret 15 bis 20 statt wie geplant 60 Geflüchtete - untergebracht werden sollen.
Stattdessen müssten jetzt noch mehr Menschen in die bestehenden Sammelunterkünfte in Steineberg und Desserath einziehen, befürchtet Jenssen: "Sodass die dann bis zum letzten Bett belegt werden, während in Michelbach eine Einrichtung leer steht." Dabei sei das Hotel in Michelbach für die Unterbringung von Familien viel besser geeignet als die Gemeinschaftsunterkünfte in den anderen Dörfern.
Grüne und CDU kritisieren "schlechte Kommunikation"
Ähnlich sahen es die Grünen im Kreistag, die mit der SPD gegen den Antrag der CDU stimmten. Fraktionschef Dietmar Johnen hatte dennoch einiges zu kritisieren an der Politik der Landrätin Julia Gieseking. Er sprach von einem "Kommunikationsdesaster", man habe die Sorgen der Bürger nicht ernst genommen: "So etwas wie Michelbach darf sich nicht wiederholen."
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Felix Leßke hat untersucht, wie Gemeinden mit Flüchtlingsunterkünften umgehen. Im Fall Michelbach kann er die Sorgen der Bürger verstehen.
Die Grünen wollen daher die Bürger stärker an den Entscheidungen beteiligen und schlagen vor, einen Bürgerrat über die Unterbringung von Flüchtlingen beraten zu lassen. Die Mitglieder würden dann per Los bestimmt. Der Antrag wurde allerdings auf eine spätere Sitzung vertagt.
Landrätin akzeptiert Beschluss des Kreistags
Die Kommunikation der Landrätin im Fall Michelbach allerdings blieb Thema im Kreistag. Auch CDU-Fraktionschef Gordon Schnieder warf Gieseking vor, mit ihrer Politik "Vertrauen zerstört" zu haben. Sie habe die Bürger vor vollendete Tatsachen gestellt, zu spät und schlecht informiert: "Es ist daher kein Wunder, dass sich die Leute nicht mitgenommen fühlen."
Für die Kommunikation entschuldigte sich die Landrätin dann auch noch bei der Sitzung: "Wir sollten in Zukunft daran arbeiten, dass das besser wird." Bei einem Gespräch in der kommenden Woche im Gerolsteiner Rondell will sie noch einmal mit den Bürgern ins Gespräch kommen. Klar ist aber jetzt schon, dass die Landrätin den Beschluss des Kreistags umsetzen wird. Auf SWR-Anfrage teilte Julia Gieseking mit, sie werde das Votum akzeptieren, auch wenn es keinen rechtlich bindenden Charakter hat.
Das heißt, dass erst dann Geflüchtete in Michelbach unterkommen, wenn alle anderen Einrichtungen - also private Wohnungen und Sammelunterkünfte - im Kreis belegt sind. Sie hoffe, sagte die Landrätin, " dass es uns in den nächsten Wochen gelingt, gemeinsam mit den Michelbachern und Michelbacherinnen Schritte aufeinander zuzugehen." Ob die Bürgerinitiative dazu bereit ist, ist unklar. Für Nikolaus Jansen steht jedenfalls fest: "Wir machen weiter. Für uns ist das hier ein Marathonlauf." Und das Ziel: "Die Sammelunterkunft muss nach Daun, direkt neben die Kreisverwaltung."
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