Ver.di freut sich darüber, deutlich höhere Gehälter für den öffentlichen Dienst erstritten zu haben. Doch die Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz sprechen von einer "großen Belastung".
Arbeitgeber und Gewerkschaften verständigten sich am späten Samstagabend nach mehrstündigen Verhandlungen in Potsdam auf höhere Tarife. In Rheinland-Pfalz betrifft diese Einigung mehr als 200.000 Beschäftigte, bundesweit sind es 2,5 Millionen Menschen.
Vereinbart wurde eine steuerfreie Sonderzahlung von 3.000 Euro, die ab Juni in mehreren Schritten ausgezahlt wird. Ab März kommenden Jahres soll es dann im Schnitt mehr als elf Prozent mehr Geld geben, mindestens aber 340 Euro mehr pro Monat. Die Laufzeit der Vereinbarung soll 24 Monate betragen.
Bei der Lösung hatten sich die Tarifparteien in weiten Teilen am Kompromissvorschlag aus dem vor einer Woche beendeten Schlichtungsverfahren orientiert.
Ver.di RLP: Einigung "mit Stärken und Schwächen"
Der ver.di-Landesbezirk Rheinland-Pfalz sprach von einer Tarifeinigung mit Schwächen und Stärken: Schwächen, weil sich die Arbeitgeber "guten Argumenten von ver.di verschlossen" hätten. Trotzdem hätten die Stärken des Verhandlungsergebnisses überwogen - etwa, dass "die Tabellenvergütung nachhaltig um über elf Prozent für den Großteil der ver.di-Mitglieder mit einer klaren sozialen Komponente für die mittleren und unteren Einkommensgruppen" steige.
Die Bundestarifkommission habe daher mit "großer Mehrheit beschlossen, unseren Mitgliedern bei der Mitgliederbefragung die Annahme des Tarifabschlusses zu empfehlen", so ver.di-Landesbezirksleiter Michael Blug.
Kommunale Arbeitgeber: Gebühren werden steigen
Aus Sicht der Arbeitgeber ist die Tarifeinigung eine "große Belastung". Dennoch seien alle froh, dass die Streiks, unter anderem in Kitas oder Krankenhäusern, nun beendet sind, sagte Frank Frühauf, Oberbürgermeister von Idar-Oberstein und Präsident des Verbandes der kommunalen Arbeitgeber, dem SWR am Montag.
Die zusätzlichen Kosten für Städte und Gemeinden belaufen sich laut Frühauf auf insgesamt über 17 Milliarden Euro. Für eine kleine Stadt wie Idar-Oberstein rechnet er mit rund 3,5 Millionen Euro, die nun zusätzlich erwirtschaftet werden müssten. Idar-Oberstein profitiere von dem Gewerbesteuereinnahmen als Standort von BioNTech.
Die meisten Kommunen in Rheinland-Pfalz kämpften aber ohnehin schon mit ausgeglichenen Haushalten und dürften durch die Tarifeinigung in den nächsten Jahren vor "sehr großen Herausforderungen" stehen. Eine Folge durch die nun steigenden Lohnkosten ist laut Frühauf der Anstieg von Gebühren. Gewerbe- und die Grundsteuer seien geeignete Stellschrauben, um künftig einen Haushaltsausgleich doch noch zu erreichen.
Warnstreiks im März
Eine Urabstimmung bei den Gewerkschaften und mögliche unbefristete Streiks sind mit der Tarifeinigung vom Tisch. Monatelang hatten die Tarifparteien miteinander verhandelt. Immer wieder hatten die Arbeitnehmervertreter mit Warnstreiks zum Beispiel Stadtreinigungen und Kitas lahmgelegt.
Ende März brachte ver.di gemeinsam mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft bei einem großangelegten Warnstreik sowohl den Bahn- als auch den Luftverkehr bundesweit zum Erliegen. Zuletzt hatte es am Freitag einen bundesweiten Warnstreik bei der Bahn gegeben, auch der Flugverkehr an einigen Flughäfen war eingeschränkt.
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