Oft ist es nach der Grundschule so weit: der Kauf eines Smartphones für das Kind steht an. Und bei Elternabenden rücken Fragen der sinnvollen Mediennutzung und der Gefahren des Netzes in den Blick. Wir haben Tipps von Experten gesammelt.
Soziale Medien wie Whatsapp und Instagram, Chatgruppen an der Schule, die Nutzung von Tablets im Unterricht: Themen, die Eltern spätestens dann umtreiben, sobald der Übergang zur weiterführenden Schule ansteht. Viele fragen sich: Wie können meine Kinder den sicheren Umgang mit dem Internet lernen und vor Abgründen bewahrt werden? Denn grausame Bilder aus Kriegen, von Verbrechen, von Tierquälerei sind Alltag in den Chats von Kindern und Jugendlichen. Außerdem tragen Schüler ihre Konflikte zunehmend medial aus. Selbst gedrehte Videos werden zum Mobbing benutzt. Was lässt sich also gegen eine um sich greifende Verrohung tun?
Der grundlegende Ratschlag lautet: Eltern sollten in jedem Fall mit ihren Kindern die Nutzung der Plattformen besprechen und genau hinschauen, welche Dienste ihr Kind wie nutzt. Es ist wichtig, sich nicht allein auf technische Filter zu verlassen, sondern die Online-Kompetenz des Kindes zu stärken und sich regelmäßig mit ihm über Gefahren auszutauschen.
Auf diese Punkte sollten Eltern achten:
- Auf Augenhöhe bleiben
- Vertrauensbasis schaffen
- Probleme mit großen Chatgruppen
- Über Konsequenzen informieren
- Sicherheitseinstellungen checken
- Altersbeschränkungen beachten
- Schutz vor Abofallen
- Alltagsregeln in der Familie
- Fake News erkennen lernen
- Online-Seiten der Medienratgeber
Eltern sollten sich fortbilden, um auf Augenhöhe zu bleiben
Es gibt eine Reihe von Medienratgebern im Netz, bei denen sich Eltern informieren können, etwa "klicksafe.de", eine EU-Initiative. Die Experten raten, dass sich Eltern bei den bekanntesten Netzwerken und Plattformen ein eigenes Profil anlegen und zu Inhalten recherchieren. Sie sollten die Funktionen und Mechanismen verstehen, um auf Augenhöhe mit den Entwicklungen zu bleiben. Chatfunktionen sollten sie selbst testen, um ein mögliches Suchtpotential nachempfinden zu können.
Über soziale Medien kommen Kinder und Jugendliche mit gefährdenden Inhalten in Berührung wie etwa Anleitungen zu selbstverletzendem Verhalten, gefährlichen Challenges oder der Verherrlichung von Alkohol- oder Drogenkonsum. Erziehende sollten sich mit diesen Risiken auseinandersetzen und ihre Kinder darüber aufklären. Auch regelmäßige Gespräche zu den neuesten Trends und angesagten Influencern seien hilfreich, erklärt Deborah Woldemichael von klicksafe, ein Partner der Medienanstalt Rheinland-Pfalz.
Vertrauen schaffen und über Gefahren des Internets offen sprechen
Denn das Gespräch bleibt oftmals aus. "Viele Eltern sind gestresst und verharmlosen das Ganze oder verdrängen es. Viele kennen sich auch einfach nicht genug aus und wissen gar nicht, was für Bilder die Kinder zu sehen bekommen. Und oft sind sie selbst auch keine guten Vorbilder, wenn sie ständig im Netz unterwegs sind", fasste die Digitalbotschafterin des Landes Niedersachsen, Silke Müller, die Schwierigkeiten jüngst in einem Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur zusammen.
Expertinnen wie Müller und Woldemichael sind sich einig. Ganz wichtig ist es, eine Vertrauensbasis zu schaffen. Das Kind sollte jederzeit das Gefühl haben, sich mit allen Sorgen und Anliegen an die Eltern wenden zu können, ohne Scham. Es dürfe keine Verbote oder Sanktionen befürchten. Woldemichael empfiehlt: Fragen Sie regelmäßig nach, was Kinder und Jugendliche auf Social Media erleben. Sorgen Sie für eine gute Gesprächsatmosphäre mit genügend Zeit.
Insbesondere über Sexualität sollten offene Gespräche möglich sein, erklärt Müller. Nur wenn es hier keine Barrieren der Kommunikation gebe, würden sich Kinder an die Eltern wenden, wenn es um Pornografie oder Missbrauch gehe.
Probleme durch große Chatgruppen
Gruppenchats in WhatsApp und anderen Messengern sind beliebt, um mit Freunden und Klassenkameraden in Kontakt zu bleiben. Dabei werden auch leichtfertig unzulässige Inhalte geteilt. Die strafrechtlichen Konsequenzen sind den meisten Beteiligten nicht bewusst. Über Chatgruppen werden Kinder und Jugendliche direkt und ungefragt mit Gewalt, Pornografie oder Rassismus konfrontiert.
Kampagne des Landes gegen Hass im Netz Mehr Zivilcourage gegen Hate Speech - Wo es überall Hilfe gibt
Hate Speech, also Hassrede, in sozialen Netzwerken nimmt zu. Doch das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Für mehr Zivilcourage im Netz wirbt eine neue Kampagne des Landes. Wie geht man vor, wenn man sich oder andere schützen will?
Die polizeiliche Kriminalstatistik 2022 zeigt, dass es bundesweit eine erneute Zunahme um 7,9 Prozent gegenüber 2021 im Deliktbereich "Verbreitung pornografischer Schriften" gibt. Dabei sind rund 41 Prozent der Tatverdächtigen unter 18 Jahre alt.
Kinder über mögliche Konsequenzen aufklären
Es sei wichtig, Kinder und Jugendliche über die gesetzlichen Konsequenzen und ethischen Grenzen der Online-Kommunikation aufzuklären, so Woldemichael. Die Verbreitung von Kinder-, Jugend- und Tierpornografie sei eine Straftat. Wer solche Inhalte finde oder zugesandt bekomme, sei verpflichtet, es der Polizei zu melden. Screenshots dürfe man nicht machen, da der Besitz von Kinderpornografie strafbar sei.
Gemeinsam die Sicherheitseinstellungen kennenlernen und checken
Eltern sollten gemeinsam mit ihrem Kind wichtige Sicherheitseinstellungen am Smartphone vornehmen. Zum Beispiel lässt sich der automatische Download von Medien deaktivieren, damit keine unzulässigen Inhalte auf dem Gerät des Kinder landen. Die Privatsphäre kann so eingestellt werden, dass fremde Kontakte die Handynummer des Kindes nicht zu einer Chatgruppe hinzufügen können. Gruppeneinladungen von Unbekannten sollten grundsätzlich nicht angenommen werden. Gemeinsam mit dem Kind kann man auch die Follower-Liste überprüfen.
Das Portal "Medien kindersicher" informiert Eltern über technische Schutzmaßnahmen für die Geräte, Dienste und Apps ihres Kindes, etwa über die Sperrung bestimmter Internetinhalte oder die Beschränkung der Nutzungszeiten. Mit dem Medien-kindersicher-Assistenten können Eltern sich auf der Grundlage des Alters ihres Kindes und den von ihm genutzten Geräten und Diensten eine passende Lösung erstellen.
Altersbeschränkungen in Netzwerken und Messengerdiensten
Die Nutzung beliebter Dienste ist mit Altersbeschränkungen durch die Anbieter verbunden, die in den Nutzungsbedingungen nachzulesen sind. Auch wenn eine Überprüfung des tatsächlichen Alters durch den Anbieter meist nicht stattfindet, sollten Erziehende diese Altershinweise ernst nehmen und mit ihrem Kind besprechen, warum die Nutzung bestimmter Dienste (noch) nicht geeignet ist.
Das Mindestalter in digitalen Diensten sei keine pädagogische Einschätzung, betont Woldemichael. Es ergebe sich aus den rechtlichen Vorgaben vor allem im Bereich des Datenschutzes. Daher sei das in den allgemeinen Geschäftsbedingungen festgehaltene Mindestalter nicht immer eine sinnvolle Orientierung für Erziehungsberechtigte. Eltern sollten sich daher vor der Entscheidung für oder gegen einen Dienst über die Inhalte und mögliche Risiken informieren.
Schutz vor Abofallen: Drittanbietersperre einrichten
Werbung ist auf dem Smartphone ein ständiger Begleiter. In vielen Fällen reicht ein unbedachtes oder versehentliches Antippen eines Werbebanners aus, um in einer Abofalle zu landen. Um dies zu verhindern, kann beim Mobilfunkunternehmen eine so genannte Drittanbietersperre eingerichtet werden. Dann wird die Telefonnummer nicht automatisch an die Anbieter von Apps und Abos übermittelt. Mehr Infos zur Drittanbietersperre gibt es bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.
Alltagsregeln, Rituale in der Familie einführen
Das können ein gemeinsamer medienfreier Tag in der Woche oder der gemeinsame Verzicht auf das Smartphone während des Essens sein. Auch eine Idee: das Smartphone darf zur Schlafenszeit nicht mehr im Kinderzimmer (und Elternzimmer) sein. Wichtig ist, dass Erwachsene ihre Vorbildfunktion beim Medienkonsum immer reflektieren.
Wie kann man Kindern vermitteln, wie sich Fake News erkennen lassen?
Jüngeren Kindern sollte man grundsätzlich klar machen, dass man bei Informationen im Internet nicht leichtgläubig sein darf. Zum Thema Fake News gibt es kindgerechte Aufklärungsspiele z.B. von fragFinn.de und den SWR Fakefinder Kids. Damit kann man sich spielerisch dem Thema nähern.
Damit Jugendliche sich eine gesicherte Meinung bilden können, sollten sie Informationen einordnen können. Deshalb ist es wichtig, den Umgang mit Desinformationen mit ihnen praktisch üben und deutlich zu machen, woran sie irreführende Nachrichten im Netz erkennen können und welche seriösen Informationsangebote sich in den Medien finden.