Kommt die Leerstandssteuer in Landau? Im SWR-Interview berichtet Oberbürgermeister Dominik Geißler (CDU) von seinen neuen Plänen, um gegen leerstehende Wohnungen vorzugehen.
SWR Aktuell: Sie haben die Einführung einer Leerstandssteuer in Landau zur Chefsache gemacht. Jetzt liegt das Vorhaben aber auf Eis, weil es im Stadtrat so nicht beschlussfähig war. Wie geht’s jetzt weiter?
Geißler: Ich bin ja seit Monaten dabei, eine Besteuerung, Bepreisung und Bestrafung von Leerständen zu entwickeln. Da haben meine Juristen mir gesagt: Wir haben das jetzt geprüft, aber wir kriegen mit einer Leerstandssteuer nur sogenannte natürliche Personen dran, das heißt Menschen wie Sie und ich, aber nicht zum Beispiel "juristische Personen", wie Wohnungsbaugesellschaften. Die würde ich mit der Steuer überhaupt nicht belangen können! Und es ist natürlich blöd, wenn sich da ein großer Investor einfach hinter seiner Firma versteckt und ich kriege den gar nicht besteuert. Das wäre schlecht. Und deswegen hatten wir ohnehin schon geplant, eine Leerstandsverbotssatzung, die eigentlich "Zweckentfremdungsverbotssatzung" heißt, zu entwickeln. Das sind bürokratische Begriffe, ist aber im Endeffekt eine Satzung, die regelt: Wie krieg ich Leerstand weg? Und die hatten wir in den letzten Monaten mit der Verwaltung entwickelt. Und die hat im Vergleich zu dem, was jetzt im Stadtrat mit der Leerstandssteuer vorgelegt wurde, noch deutlich schärfere Schwerter.
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Um gegen die Wohnungnot in Landau vorzugehen, hatten die Grünen eine Leerstandssteuer vorgeschlagen - unterstützt von Oberbürgermeister Geißler (CDU). Jetzt steht der Plan auf der Kippe.
SWR Aktuell: Das ist ja die neue Idee, die CDU und SPD in Landau vorgeschlagen haben. Die liegt vor, wenn Wohnraum zu anderen Zwecken als zum Wohnen genutzt wird.
Geißler: Genau, das ist diese Zweckentfremdungsverbotssatzung, die nicht nur die SPD und CDU vorgeschlagen haben, sondern die ich in der Verwaltung schon von vornherein seit Anfang des Jahres entwickelt habe und die schon fertig ist.
SWR Aktuell: Aber jetzt gehen ja die Leerstandssteuer und auch die Zweckentsfremdungssatzung zur Prüfung in den Bauausschuss. Was heißt das denn jetzt?
Geißler: Die Zweckentfremdungverbotssatzung geht in den Ausschuss, die Leerstandssteuer, so wie die Grünen es vorgeschlagen haben, geht dann auch in den Ausschuss und dann wird das beraten. Stand jetzt ist es nur so: Ohne Satzung kann es keine Steuer geben. Das ist irgendwie misslich. Ich hatte sowieso vorgehabt, wenn eine Steuer kommt, dann Ende des Jahres sauber juristisch geprüft und zu gucken: Gibt’s eine gesetzliche Grundlage? Gibt es eine sogenannte, wie die Juristen sagen, Ermächtigungsgrundlage für die Steuer? Wirkt sie überall auf alle Personen? Und jetzt kam halt in der Sommerpause der Grünen-Antrag etwas sehr schnell, aber in der Zielrichtung natürlich in meinem Sinne. Und deswegen haben wir jetzt noch keine Entscheidung.
SWR Aktuell: Welche Variante favorisieren Sie denn?
Geißler: Im Moment ist - Stand jetzt - die Zweckentfremdungverbotssatzung in der Sache das bessere Instrument, weil ich damit, wenn ich sie hart anwende, einfach mehr Leerstände in den Griff bekomme und auch besser erfasse. Im Moment darf ich nicht mal bei diesen Leerstandsinhabern klingeln und sie fragen, warum und weshalb und wie lange sie die Leerstände haben. Wenn ich da klopfe, dann sagen sie mir: Das geht Sie doch gar nichts an! Wir können ja mit unserem Eigentum machen, was wir wollen. Mit der Satzung habe ich jetzt ein "Auskunftsverlangen" und dem muss nachgegangen werden. Die Eigentümer kriegen einen Brief und dann müssen sie darauf antworten. Wenn sie nicht darauf antworten, dann muss dieser Leerstand - laut Satzung – von der Verwaltung genehmigt werden. Das ist ein ganz neuer Punkt!
SWR Aktuell: Was passiert, wenn die Stadt den Leerstand nicht genehmigt?
Geißler: Wenn ich den nicht genehmige, dann kann ich eine Anordnung erlassen. Das heißt, dann kann ich dem Besitzer anordnen, den Leerstand wieder seiner ursprünglichen Zweckbestimmung zuzuführen, nämlich vermieten und Wohnraum schaffen! Wenn das nicht passiert, kann ich ein hartes Bußgeld verhängen. Das kann ich einmal, zweimal, dreimal machen. Und wenn der Leerstand erstmal bleibt, dann kann ich auch noch eine Ausgleichszahlung verlangen: Dafür, dass die Wohnung leer steht, muss der Eigentümer eine Ausgleichszahlung leisten, entweder einmalig in sehr hoher Form oder immer wieder – wie eine Steuer - zahlen, zahlen, zahlen. Diese Lösung sofort rechtssicher einzuführen ist für mich erst mal prioritär.
SWR Aktuell: Kritiker würden wahrscheinlich sagen, es ist ein starker Eingriff in das Eigentum von Menschen. Was halten Sie denn da entgegen?
Geißler: Es ist natürlich, das sagt auch das Landesgesetz, ein gewisser Eingriff in das Eigentum. Es ist aber keine Enteignung, denn das Eigentum selbst wird ja gar nicht tangiert, es ist nur ein Eingriff in die Nutzung des Eigentums. Wenn Sie ein Haus kaufen, dann müssen Sie eine Grunderwerbsteuer zahlen. Auch klar. Wenn Sie das Haus dann besitzen, müssen Sie jährlich eine Grundsteuer zahlen auf das Haus. Ich möchte mit der Satzung auch mit einer Geldbuße und einer Ausgleichszahlung und einer Anordnung einfach nur erwirken, dass die Nutzung des Eigentums seinem Zweck entspricht. Das ist natürlich ein Eingriff in die totale liberale, freie Verfügung des Eigentums. Aber wenn ich ein Auto und einen Hund besitze, dann muss ich mich auch an Regeln halten. Und deswegen ist das meiner Meinung nach eine völlig normale und legitime Lenkung der Nutzung eines Eigentums, zumal die Sozialpflichtigkeit des Eigentums im Grundgesetz steht.
SWR Aktuell:. Wie ist denn der Zeitplan?
Geißler: Die Satzung ist fertig und wird jetzt im Bauausschuss eingereicht. Ich habe seit vielen Monaten mit Hochdruck und mit meiner top arbeitenden Verwaltung an dem scharfen Instrument gearbeitet. Die liegt vor und soll jetzt eingesetzt werden. Und ich hoffe, sie wird dann natürlich im November im Stadtrat beschlossen!
SWR Aktuell: Aber wie bekommt die Stadtverwaltung denn Kenntnis von den Leerständen in Landau, wie kann man sie erkennen?
Geißler: Durch eine Auskunftspflicht der Eigentümer. Ich habe eine Liste von prominenten Leerständen in der Innenstadt. Es ist eine Aufstellung von mehreren Dutzend prominenter, gut sichtbarer Leerstände. Und die Verwaltung weiß natürlich intern, wer die Eigentümer sind. Die müssen das ja anmelden beim Grundbuchamt und so weiter. Ich weiß, wer Eigentümer ist, und wer die Leerstände verantwortet - aber nicht von allen. Also, wir kümmern uns. Und ich habe eine Liste von großen Investoren, also von sehr vermögenden Bauherren, die auch Leerstände verantworten. Wir haben in Landau auch noch ein Problem, mit vielen denkmalgeschützten Bauten. Vor drei Monaten ist hier gegenüber so ein Haus eingestürzt. Das muss man sich mal vorstellen! Es gibt einige Eigentümer, die sagen: Oh, die Sanierung meines denkmalgeschützten Hauses ist mir zu teuer. Und dann lassen sie es einfach verfallen. Die sanieren nicht, sie vermieten nicht, sie tun nichts. Es wird dann irgendeine Ruine, so wie diese berühmte Ruine an der Stiftskirche, gegen die ich jetzt ein Baugebot verhängt habe. Das heißt, ich kann Eigentümer, deren Häuser mitten im Stadtgebiet verfallen, veranlassen und zwingen, zu bauen.
SWR Aktuell: Das heißt, wenn alles klappt, kann die Stadt im kommenden Jahr gegen Leerstände in Landau vorgehen?
Geißler: So sieht`s aus. Das ist der Plan. Der Punkt ist, man muss dieses Instrument auch anwenden. Also, es nützt nichts, es zu beschließen, sondern man muss es auch tun.
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