Leben nach der Flutkatastrophe

Wiederaufbau trotz Hochwasserrisiko: Menschen kehren nach Heppingen zurück

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Zwei Jahre nach der Flutkatastrophe bauen viele Menschen ihre Häuser wieder an die Ahr. Im Neubaugebiet von Heppingen beispielsweise hat man keine Angst vor einer neuen Flut.

In dem Stadtteil von Bad Neuenahr-Ahrweiler sieht es inzwischen so aus, als sei nichts gewesen. Nur an wenigen Häusern erkennt man noch die braune Linie, die das Hochwasser zurückgelassen hat. Zwei Jahre nach der Katastrophe im Ahrtal mit 135 Toten wächst wieder Gras in den Gärten der Siedlung, Kinder spielen auf der Straße.

"Hier wohnen inzwischen mehr Menschen als vor der Flut", sagt Klaus Kniel, Ortsvorsteher von Heppingen. Kniel wirkt stolz, dass so viele zurückgekehrt sind, obwohl doch die Flut das Neubaugebiet stark beschädigt hat. 55 Menschen mussten hier von ihren Dächern gerettet werden. Häuser wurden weggespült, es gab Tote. Doch warum will man zurück an einen Ort, an dem man alles verloren hat? Ein Ort, der dem Risiko ausgesetzt ist, jährlich überschwemmt zu werden?

Das Bild zeigt den Heppinger Ortsvorsteher Klaus Kniel vor dem Neubaugebiet und neben der zerstörten Ahrbrücke.
Der Heppinger Ortsvorsteher Klaus Kniel vor dem Neubaugebiet. Inzwischen leben hier mehr Menschen als vor der Flut.

Heimat im Hochwassergebiet

Im Garten von Patrick Trarrach steht noch ein Bagger. Die Stufen zum Haus sind noch provisorisch. Erst seit wenigen Wochen lebt er hier wieder mit seiner Familie, nachdem das alte Haus an gleicher Stelle abgerissen werden musste. "Es ist die gewohnte Umgebung. Man hat hier seinen Heimatmittelpunkt gehabt", sagt er. Für ihn kam es nie in Frage woanders hin zu ziehen. "Wir gehen nicht davon aus, dass sowas in der Art so schnell wieder passiert."

"Wir gehen nicht davon aus, dass sowas in der Art so schnell wieder passiert."

Wiederaufbau an Ahr trotz Gefahr

Dass nach einer zerstörerischen Flut wieder an gleicher Stelle aufgebaut wird, ist nicht ungewöhnlich, sagt Jürgen Herget. Er ist Geografie-Professor an der Universität Bonn und beschäftigt sich seit Jahren mit Hochwassern. "Da greift das Phänomen "Hochwasser-Demenz". Wir wollen die Gefahr und die Katastrophe nicht wahrhaben." Der gesamte Talboden der Ahr könne bei Hochwasser unter Wasser stehen. Das zeigten schon vergangenen Fluten, zum Beispiel 1804.

Damals flossen zwar ähnliche Wassermengen durch das enge Tal. Trotzdem stand das Wasser nicht so hoch in den Orten. "Das hat damit zu tun, dass einfach mehr Häuser in den Talboden gebaut worden sind. Dementsprechend ist weniger Platz für das Wasser im Tal selbst", so Herget. Und dennoch wird im ganzen Tal wieder an den Stellen aufgebaut, an denen die Häuser vor zwei Jahren vom Wasser weggerissen wurden.

Flutgebiete lassen sich schwer meiden

"Das Ahrtal ist mit dieser Situation aber nicht alleine", sagt er. "Beispielsweise ist das gesamte rechtsrheinische Köln auf voller Breite Hochwasserbett des Rheins." Einfach Hochwassergebiete zu meiden, sei daher also unrealistisch. Herget plädiert deshalb für einen besseren Hochwasserschutz. "Es geht darum, dass man dem Bach- und Flusslauf überproportional viel Platz lassen muss." Platz, der im Neubaugebiet Heppingen knapp ist. 2021 stand hier das Wasser bei einigen Häusern im ersten Stock.

Das Bild zeigt ein Haus im Rohbau auf einem Podest aus Beton.
Auf solchen Podesten müssen einige Häuser im Neubaugebiet von Heppingen gebaut werden.

Wie trotz der Gefahr wieder aufgebaut werden darf, steht in den vorläufigen Hochwasser-Risiokokarten. Vorläufig, weil die Details der Hochwassergebiete auch zwei Jahre nach der Katastrophe noch nicht klar sind. Das Tal müsse zuerst noch vermessen werden, das könne noch einige Zeit dauern, so die zuständige Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord. Die vorläufige Karte zeigt aber schon jetzt, wo gebaut werden kann - und wo besser nicht.

Neue Auflagen: Hier darf im Ahrtal wieder gebaut werden

Das Neubaugebiet in Heppingen liegt in der sogenannten blauen Zone, so wie ein Großteil der Siedlungen im engen Tal. Sie umfasst einen Bereich, in einer Breite von bis zu 200 Metern neben der Ahr. Hier darf unter besonderen Auflagen wieder aufgebaut werden. Die Behörden orientieren sich dabei an dem sogenannten HQ 100. Es ist der Stand, eines Jahrhundert-Hochwassers.

Dieser Stand ist bei jedem Haus anders. "Die Bedingung bei uns war, dass wir die Bodenplatte vier Zentimeter höher legen mussten", sagt Patrick Trarrach und lacht. "Bringen würde das aber nichts." Denn 2021 stand sein gesamtes Erdgeschoss unter Wasser. "Aber es gibt Nachbarn, die einen Sockel von über einem Meter bauen mussten und dann erst das Haus draufstellen durften." Außerdem durfte das neue Haus von Trarrach nicht mehr aus Holz gebaut werden.

Es braucht Flut-Bewusstsein

Es ist ein Spagat zwischen Hochwasserschutz und Wohnraummangel, den es auch im engen Ahrtal gibt. "Deshalb muss das Bewusstsein über so ein Hochwasser aufrechterhalten werden", sagt Flut-Forscher Herget. "Man muss sich selbst bewusst sein, welches Risiko man bereit ist, in Kauf zu nehmen. Wenn dann aber eine Hochwasserwarnung kommt, dann bitte auch einpacken und gehen".

Der Heppinger Patrick Trarrach ist sich sicher, dass das Bewusstsein für Hochwasser nach der Flut in der Region stärker geworden ist. "Wenn es aber so nochmal kommen würde, kann man sich baulich gar nicht schützen. Da hätte ich woanders bauen müssen."

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