Ob Bedrohungen oder Beschimpfungen, ob Zuhause, auf der Arbeit oder in der Öffentlichkeit - die Formen der Gewalt an Frauen fallen völlig unterschiedlich aus. Die Gewalt wird zwar statistisch gesehen nicht mehr, aber das Ausmaß und die Brutalität nehmen zu. Das berichten auch Aktivistinnen und Frauenhäuser in der Westpfalz.
In Rheinland-Pfalz werden pro Jahr etwa 4.000 Frauen Opfer von Gewalt, teilt die zuständige Landes-Koordinierungsstelle auf SWR-Anfrage mit. Auch wenn die Zahlen in den vergangenen Jahren konstant geblieben sind, so stellen vor allem einige Frauenhäuser fest: "Die Frauen, die zu uns kommen, haben immer größere Verletzungen: Rippenbruch, Nasenbruch, Platzwunden, Hämatome. Das fällt uns schon länger auf", berichtet Michaela Göke vom Frauenhaus in Pirmasens. "Die Frauen kommen oft über die Polizei aus Akutsituationen zu uns."
Gewalt an Frauen wird deutlich härter
Auch wenn es wohl etwas weit hergeholt scheint, so lässt sich das Ausmaß auch mit Blick auf die Zahlen der Polizei erahnen. In der Kriminalstatistik von 2021 ist zu lesen, dass es in Rheinland-Pfalz in dem betreffenden Jahr knapp 1.600 gefährliche Körperverletzungen an Frauen gab. 2022 waren es mehr als 2.000. Aber - so Michaela Göke zu dem, was sie in Pirmasens feststellt - die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen.
Dass die Gewalt an Frauen offenbar deutlich härter wird, bestätigt auch Christine Grundmann, die die Koordinierungsstelle aller Interventionsstellen in Rheinland-Pfalz leitet. "Es ist intensiver geworden. Die Hemmschwelle scheint zu schwinden." Dabei sei es egal, aus welcher Kultur der Täter komme, welchen Bildungsstand er habe oder wie alt er sei. Das Thema Gewalt an Frauen sei ein strukturelles Problem, sagt Grundmann.
Berichte aus der Pfalz: Bei den Tätern hat sich "viel angestaut"
Dass die Gewalt nun härter wird "ist wohl eine Kombination aus vielem", vermutet Michael Göke vom Pirmasenser Frauenhaus. Es habe sich durch Corona, Kriege und Krisen viel angestaut. Die Sorgen seien größer, es werde mehr getrunken. Das habe sie vor allem während Pandemie festgestellt.
Anna Raab vom Frauenhaus in Kaiserslautern nennt in diesem Zusammenhang den Mord an einer Frau in Sembach durch ihren Ehemann vergangenen Februar. "Dieser Fall hat uns sehr mitgenommen. Es war das Heftigste, was wir in den letzten 15 Jahren erlebt haben." Raab macht in diesem Zusammenhang deutlich. "Das war Femizid." Das bedeutet: Die Frau wurde getötet, weil sie eine Frau ist - also wegen ihres Geschlechts.
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Wegen des Mordes an seiner Ehefrau in Sembach ist ein Mann vom Landgericht Kaiserslautern zu lebenslanger Haft verurteilt worden.
Gewalt an Frauen: Schon früh in der Erziehung entgegensteuern
An diesem Samstag (25. November) begehen Aktivistinnen und Aktivisten auf der ganzen Welt den "Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen" und machen mit verschiedenen Veranstaltungen auf das Problem aufmerksam. Für Christine Grundmann von der landesweiten Koordinierungsstelle ist klar, dass schon früh in der Erziehung entgegengesteuert werden müsse. "In Kitas, in Schulen - überall sollte daran gearbeitet werden."
Auch bei vielen Arbeitgebern müsse sich etwas ändern, damit Frauen nicht benachteiligt werden. Es könne nicht sein, dass Frauen Probleme bekämen, wenn sie in Elternzeit gingen, der Vater würde dafür aber gelobt. Es müsse einfach - so Grundmann - noch mehr an der Gleichberechtigung der Geschlechter gearbeitet werden.
Frauenhaus in Kaiserslautern: Fortschritte bei sexualisierter Gewalt
Dass es bei der Prävention schon Fortschritte zu verzeichnen gibt, kann Anna Raab vom Frauenhaus in Kaiserslautern berichten. "Viele Frauen erleben sexualisierte Gewalt, ohne dass es ihnen bewusst ist." Das habe sich bei einigen aber geändert. "Sie sehen das jetzt klarer." Nur wem klar wird, Opfer zu sein, kann sich auch entsprechende Hilfe suchen, erklärt Christine Grundmann von der Koordinierungsstelle: "Trauen Sie sich, Unterstützung zu holen. Sie sind nicht allein. Diese Gewalt wird nicht akzeptiert. Sie sind nicht schuld."
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Unser Podcast-Tipp für diese Woche: “Bleib Mensch!” mit dem NDR-Journalisten Arne-Torben Voigts und der Theologin Petra Bahr. Sie sprechen darüber, wie wir mit Krieg, Krise, Klima und Inflation umgehen können. Wie können wir eine weitere Spaltung in der Gesellschaft verhindern? Und vor allem: Wie können wir Mensch bleiben? Das sind die Fragen im Podcast „Bleib Mensch!“ – den ihr ab jetzt in der ARD Audiothek findet: https://1.ard.de/bleibmensch2
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Hosts: Kristine Harthauer und Philine Sauvageot
Showrunner: Giordana Marsilio
Links:
Den Podcast “The Sirens Collective” von Kim Hoss und Lise van Wersch findet ihr auf zahlreichen Podcast-Plattformen, z.B. hier: https://open.spotify.com/show/32LUUtGzN6ZYcMtrs36Mhi
Das “The Sirens Collective”-Archiv für Betroffene: https://www.thesirenscollective.com/
Das Buch von Christina Clemm “Gegen Frauenhass”: https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/gegen-frauenhass/978-3-446-27731-1/