Im Artikel 4 im Grundgesetz steht, dass Glauben und Gewissen frei sind. Das ist für Christine Schardt die Basis für ihre Arbeit als Hochschulseelsorgerin. Wir haben zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes am 23. Mai 2024 mit ihr über Artikel 4 gesprochen.
Das ist…
Christine Schardt aus Mainz. Sie arbeitet als Hochschulseelsorgerin und Beauftragte für queersensible Seelsorge bei der katholischen Hochschulgemeinde.
Die 61-Jährige sagt, sie ist dankbar und froh, dass es Artikel 4 gibt und vor allem auch, wie er formuliert ist: Im Grundgesetz ist von allen religiösen und weltanschaulichen Gemeinschaften die Rede. Das bilde die Grundlage für ihre Arbeit an den Hochschulen.
An den Hochschulen kommen viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen zusammen, sei es kulturell oder religiös. Weil das Grundgesetz für all diese Menschen gleich gilt, wird ein echter Dialog möglich, sagt Schardt.
Statt einer Leitkultur sei ganz klar Vielfalt in der Formulierung des Artikels gemeint. Hier setze ihre Arbeit an: "Wir lernen und fördern hier, bunt und friedlich miteinander zu leben." Sie sei Ansprechperson für die Belange aller Studierenden, nicht nur mit katholischem Glauben.
Ungestörte Religionsausübung hat ihre Grenzen
Christine Schardt weist daraufhin, dass im deutschen Grundgesetz eine positive Religionsfreiheit beschrieben ist, denn in Absatz 2 steht: "Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet."
Sie merke aber auch gerade im Hochschulkontext, dass das Grundgesetz an Grenzen stoße. Zum Beispiel gebe es keine Regelungen, bei der Terminierung von Klausuren auch auf Feiertage zu achten, die außerhalb des christlichen Kontextes wichtig sind. Die ungestörte Religionsausübung könne also nicht für alle restlos gewährleistet werden.
Wer sich auf die Glaubensfreiheit berufen möchte, muss auch die anderen Artikel im Grundgesetz umsetzen, findet die Hochschulseelsorgerin. Ganz konkret meint sie damit, dass im Sinne der Gleichberechtigung, Ämter nicht nur Männern vorbehalten sein dürfen. Oder dass Menschen ihre Lebensform frei wählen dürfen sollten, wie es in Artikel 2 formuliert ist: "Jeder hat das Recht auf freie die Entfaltung seiner Persönlichkeit […]". Auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit ist im Grundgesetz festgeschrieben, was beispielsweise mit Beschneidung nicht zusammenpasse.
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