Auch an diesem Wochenende waren wieder viele Tausende in Baden-Württemberg bei Kundgebungen gegen Rechtsextremismus auf der Straße. Mit dabei: Privatmann Winfried Kretschmann.
In Baden-Württemberg sind am Wochenende wieder Tausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Rechtsextremismus zu protestieren - darunter auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Er nahm am Samstag mit seiner Frau Gerlinde in Sigmaringen als Privatperson an einer Demonstration mit rund 2.000 Menschen teil.
Kretschmann hatte beim Neujahrsempfang der Landesregierung am Freitagabend das Engagement der demonstrierenden Menschen gelobt: "Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes haben ein starkes Signal gesetzt", sagte der Regierungschef. "Für dieses Aufstehen und Einstehen für unsere Demokratie möchte ich den Menschen in diesem Land aus ganzem Herzen danken."
Tausende Menschen auch am Sonntag auf den Straßen
Allein in Ludwigsburg auf dem Rathaushof sind am Sonntag bis zu 7.000 Menschen für die Demokratie und gegen Rechtsextremismus zusammen auf die Straße gegangen. In Esslingen am Neckar gab es laut offiziellen Schätzungen eine Kundgebung in derselben Größenordnung. Auch unter anderem in Leonberg (Kreis Böblingen) versammelten sich gut 1.000 Menschen unter dem Motto "Leonberg bleibt bunt".
Größte Protestveranstaltung am Samstag in Mannheim
Die größte Protestveranstaltung am Samstag fand in Mannheim statt, wo laut Polizei 15.000 bis 20.000 Menschen auf die Straße gingen. Außerdem gab es dort einen Aufzug quer durch die Stadt, an dem am späten Nachmittag laut Polizei rund 5.000 Menschen teilgenommen haben.
"Nie wieder ist jetzt!" Mannheim: Rund 20.000 Menschen bei Kundgebung für Demokratie und Vielfalt
In Mannheim haben am Samstag rund 20.000 Menschen an einer Kundgebung für Demokratie und Vielfalt teilgenommen. Aufgerufen dazu hatte ein breites Bündnis aus der Stadtgesellschaft.
Auseinandersetzung mit AfD-Fraktionsvorsitzendem
In Öhringen (Hohenlohekreis) gab es bei der Kundgebung mit bis zu 2.000 Menschen etwas Unruhe. Zu Beginn der Veranstaltung kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen Demo-Teilnehmenden und einer kleineren Gruppe rund um den AfD-Fraktionsvorsitzenden im Landtag, Anton Baron. Wie die Polizei mitteilte, kam es bei dem Streit zu keiner Straftat, auch verletzt wurde niemand. Im weiteren Verlauf der Veranstaltung blieb es friedlich.
Rund 4.000 Menschen gingen in Singen (Kreis Konstanz) auf die Straße, um gegen Rechtsextremismus zu protestieren. Nach Angaben der Polizei verlief die Demonstration unter dem Motto "Klare Kante gegen Hass und Hetze" friedlich. In Ravensburg nahmen den Veranstaltern zufolge 9.000 Menschen an der Demonstration "Laut gegen Rechts!" mit anschließenden Kundgebungen teil. In Kirchheim unter Teck (Kreis Esslingen) beteiligten sich nach Polizeiangaben knapp 2.000 Menschen an einer Kundgebung. In Leutkirch im Allgäu (Kreis Ravensburg) waren es laut Polizei 700 Menschen.
Mehrere Kundgebungen am Bodensee und in Oberschwaben 20.000 Menschen bei Demos gegen Rechtsextremismus
Mehr als 20.000 Menschen haben sich am Wochenende in der Region Bodensee-Oberschwaben an Kundgebungen gegen Rechtsextremismus beteiligt. Am meisten Menschen kamen nach Ravensburg.
Vermutlich größte Demonstration der Stadt Lörrach überhaupt
Rund 4.000 Menschen haben laut Veranstaltern auch in Lörrach demonstriert. Ein Bündnis aus Gewerkschaften, Kirchen und Parteien hatte in der 50.000-Einwohner-Stadt zur Demo aufgerufen. Die Polizei sprach von rund 2.000 Demonstrantinnen und Demonstranten. "Wenn 'AfD' die Antwort ist, wie dumm muss dann die Frage sein?" oder "Rassismus stoppen" war hier beispielsweise auf Transparenten zu lesen. Bei der Demo mit dabei war auch Lörrachs Oberbürgermeister Jörg Lutz (parteilos).
Erneut Tausende in Südbaden auf der Straße Proteste gegen Rechtsextremismus in Lörrach und Villingen-Schwenningen
In mehren Städten in Südbaden sind am Wochenende wieder Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. Große Demos gab es etwa in Lörrach und Villingen-Schwenningen.
Nachdem der Demonstrationszug durch die Innenstadt wieder am Ausgangspunkt vor dem Lörracher Rathaus angekommen war, riefen die mehreren tausend Demonstrierenden in Sprechchören: "Wir verteidigen die Demokratie!". Zu den Rednerinnen und Rednern gehörten die evangelische Dekanin für das Markgräflerland, Bärbel Schäfer, und Vertreter des Lörracher Jugendrates. Seine Erwartungen seien völlig übertroffen worden, sagte Organisator Klaus Nack zur großen Resonanz. Es dürfte sich um die größte Demonstration handeln, die es bisher in Lörrach überhaupt gegeben hat.
Muhterem Aras in Stuttgart: "Wir sind wehrhaft gegen Volksverhetzer"
In Stuttgart, wo nach Schätzungen der Polizei etwa 4.000 Menschen auf dem Schlossplatz zusammenkamen, rief Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) dazu auf, die demokratischen Institutionen entschlossen gegen rechtsextremistische Umtriebe zu verteidigen. Das Grundgesetz gebe die Möglichkeit, verfassungsfeindliche Parteien und verfassungsfeindliche Menschen in ihrer politischen Tätigkeit einzuschränken.
Diese Möglichkeit gelte es zu nutzen. Nie wieder dürften rassistische und antisemitische Kräfte in Deutschland an die Macht gelangen. Alle Demokraten seien aufgerufen, bei den Europa-, Regional- und Kommunalwahlen am 9. Juni massenhaft an die Wahlurnen zu gehen und Verfassungsfeinden die rote Karte zu zeigen.
Kundgebungen und Demonstrationen fanden zudem in Tübingen, Schwäbisch Gmünd, Rastatt, Biberach, Bruchsal (Kreis Karlsruhe), Kirchheim/Teck (Kreis Esslingen) und Böblingen statt.
Auch Fußball-Fans und -Vereine setzen Zeichen
Auch im Fußball wurde am Samstag erinnert, gemahnt und protestiert. Unter anderem in den Bundesliga-Stadien in Stuttgart und Sinsheim gab es jeweils vor dem Anpfiff Lautsprecher-Durchsagen. "Gebt dem Antisemitismus keine Chance. Nie wieder ist jetzt", hieß es etwa beim Spiel des VfB Stuttgart gegen RB Leipzig. Im Bremer Stadion riefen etliche Fans "Nazis raus!", als sich die Mannschaften von Werder und dem SC Freiburg hinter einem Banner mit der Aufschrift "Nie wieder Krieg" versammelten.
Großer Andrang bei vergangenen Demos
Nach den großen Protesten der vergangenen Tage und vor allem am letzten Wochenende waren die Veranstalter schon im Vorhinein der Kundgebungen an diesem Wochenende davon ausgegangen, dass die Teilnehmerzahl "um ein Vielfaches höher" werde als angemeldet. Zu einer Demonstration in Reutlingen am Freitagabend waren laut Polizei rund 5.000 Menschen gekommen.
Nach AfD-Geheimtreffen in Potsdam 5.000 Menschen haben in Reutlingen gegen Rechtsextremismus demonstriert
5.000 Menschen haben in Reutlingen gegen Rechtsextremismus demonstriert. Motto der Kundgebung: Menschenrechte verteidigen - Demokratie stärken.
Bundesweite Proteste seit etwa zwei Wochen
Auslöser für die bundesweiten Proteste sind die Enthüllungen des Recherchezentrums "CORRECTIV" über ein Treffen von radikalen Rechten am 25. November, an dem AfD-Politiker sowie Mitglieder der CDU und der konservativen Werteunion in Potsdam teilgenommen hatten.
Der frühere Kopf der als rechtsextrem eingestuften Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte dort nach eigenen Angaben über "Remigration" gesprochen. Wenn Rechtsextremisten den Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.
Daraufhin hatten am vergangenen Wochenende im Südwesten nach Zählungen von Polizei und Veranstaltern mindestens 110.000 Menschen gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie demonstriert. Am vergangenen Mittwochabend versammelten sich in Konstanz nach Angaben der Polizei rund 14.000 Menschen und protestierten gegen Rechtsextremismus, auch in Schorndorf (Rems-Murr-Kreis) hatte es eine Demonstration gegeben.
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