Wegen Taten mit rassistischem Hintergrund laufen in Baden-Württemberg Ermittlungen gegen eine Gruppe der "Identitären Bewegung". Mehrere Polizeipräsidien sind daran beteiligt.
Mehrere Polizeipräsidien in Baden-Württemberg ermitteln gegen die Gruppe "Reconquista 21", die vom Landesamt für Verfassungsschutz der rechtsextremen "Identitären Bewegung" in Baden-Württemberg zugeordnet wird. Dabei geht es um eine Reihe von Delikten, die einen rassistischen Hintergrund haben.
Gegen wen sich die jetzigen Ermittlungen richten und wie viele Personen betroffen sind, wollte ein Sprecher des Landeskriminalamtes (LKA) in Stuttgart nicht sagen. "Über Inhalte dieser Verfahren können wir im Moment keine weitergehenden Ausführungen machen."
Die Gruppe war nach LKA-Auskunft anfänglich als "Identitäre Bewegung Schwaben" bekannt. "Eine Umbenennung erfolgte danach zu 'Kesselrevolte/Schwaben Bande', dann 'Wackre Schwaben' und seit Kurzem sind sie unter 'Reconquista 21' aktiv", sagte der Sprecher. Laut dem Landesamt für Verfassungsschutz geht die Namensgebung auf eine Strategieänderung der "Identitären Bewegung" zurück.
Regelmäßige Forderung nach "Remigration"
"Reconquista 21" hatte mit Stand vom 26. Januar auf ihrem Instagram-Profil etwas über 2.400 Followerinnen und Follower. Die Gruppe postet immer wieder Fotos von Protestaktionen gegen Ausländer. Dabei sind die Gesichter der Aktivisten meist verpixelt oder die Akteure bedecken ihre Gesichter. So entrollten sie im Herbst 2023 auf einer Brücke in Ulm ein Banner, um auf die ihrer Ansicht nach existierende "tägliche Gewalt illegaler Migranten" aufmerksam zu machen.
Regelmäßig verwendet die Gruppe bei ihren Aktionen den kürzlich zum Unwort des Jahres gekürten Begriff "Remigration", wie auf Fotos auf dem Instagram-Profil zu sehen ist. Wenn Rechtsextremisten den Begriff "Remigration" verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.
Im Oktober 2023 wurde auf dem Dach der Kreissporthalle in Albstadt (Zollernalbkreis), in die Geflüchtete einziehen sollten, ein Banner entrollt mit der Aufschrift "#Remigration - Das Ländle bleibt Deutsch". Zudem wurde auf dem Dach eine Rauchpatrone gezündet. Auch diese Tat wird "Reconquista 21" zugeordnet, auf dem Instagram-Profil sind Fotos der Tat zu sehen. Laut einem Polizeisprecher in Reutlingen wird gegen mehrere Beschuldigte wegen Hausfriedensbruchs ermittelt.
Debatte nach "CORRECTIV"-Recherche Was Menschen mit Migrationsgeschichte über Pläne zur "Remigration" sagen
Laut aktueller Recherchen wollen Rechtsextreme und einzelne AfD-Mitglieder die "Remigration" von Menschen mit Migrationsgeschichte. Das sagen potenziell Betroffene dazu.
Schwerpunkte laut Experte in Ulm, Reutlingen, Pforzheim und Stuttgart
Die "Reconquista 21" vertrete rassistische, faschistische, fremdenfeindliche und antiislamische Thesen, sagte der Geschäftsführer des Instituts für Rechtsextremismusforschung an der Universität Tübingen, Rolf Frankenberger. "Die verpackt sie so, dass sie sowohl für junge Menschen als auch für ältere Menschen anschlussfähig sind, weil sie mit Emotionen und Ängsten spielen. Und diese ganz geschickt adressieren." Die Schwerpunkte der Gruppe seien in Ulm, Reutlingen, Pforzheim und Stuttgart, so Frankenberger.
Bei vielen Postings werde erst auf den zweiten Blick deutlich, was die Absichten der Gruppe seien, sagte der Experte. "Sie präsentieren sich als jung, dynamisch und ungefährlich. Und verbreiten Stereotype über Migranten." Laut Frankenberger will die Gruppe junge Leute anwerben, sie zielt auf die Gemeinschaft ab. Unter anderem organisiere die Gruppierung Wanderungen und sogenannte "Aktivistenwochenenden". Bei diesen Veranstaltungsformaten nähmen neben ideologischen Schulungen auch Sport- und Kampfsporteinheiten großen Raum ein.
"Mit ihren Aktionen versucht die Gruppe, ihre Ideen der 'Remigration' in die Öffentlichkeit zu tragen. Diese sind extrem rechts und deswegen sehr verwandt mit dem, was man beim Verfassungsschutz als Rechtsextremismus bezeichnet. Einzelne Mitglieder kann man als rechtsextrem einstufen", sagte Frankenberger.
"Identitäre Bewegung": Etwa 100 Anhänger in BW
In Baden-Württemberg werden der "Identitären Bewegung" etwa 100 Personen zugerechnet - im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl damit nicht verändert. Bundesweit hatte die "Identitäre Bewegung" nach Erkenntnissen des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Jahr 2022 etwa 500 Mitglieder.
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