Wer hat zuerst geschossen?

"Reichsbürger"-Prozess in Stuttgart: Aussage von Polizisten zum "Fall Reutlingen"

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Autor/in
Lisamarie Haas
Lisamarie Haas ist Reporterin für Hörfunk, Online und Fernsehen beim SWR im Studio Tübingen.
Tobias Faißt
Tobias Faißt arbeitet als multimedialer Reporter im SWR Studio Tübingen.

Einem Reutlinger wird im "Reichsbürger"-Prozess versuchter Mord vorgeworfen. Er soll zwei SEK-Beamte durch Schüsse verletzt haben. Sie werden bei der Aussage unkenntlich gemacht.

Der Prozess gegen neun mutmaßliche "Reichsbürger" der Gruppierung um Prinz Reuß in Stuttgart-Stammheim geht weiter. Dem Angeklagten Markus L. aus Reutlingen wird versuchter Mord vorgeworfen. Im März 2023 soll er zwei Polizisten eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) durch Schüsse verletzt haben. Es geht um die Frage, wer zuerst geschossen hat: Die Polizei oder der Reutlinger. Am Montag musste allerdings erst geklärt werden, ob die Polizisten vor Gericht aussagen dürfen.

Reutlinger bei "Reichsbürger"-Prozess im Fokus

Das Interesse am "Reichsbürger"-Prozess in Stuttgart ist weiter groß. Auch am fünften Verhandlungstag sind die Zuschauerplätze im Oberlandesgericht (OLG) fast komplett gefüllt. Seit Ende April müssen sich neun mutmaßliche "Reichsbürger", fünf davon aus der Region Neckar-Alb, vor dem OLG verantworten. Der "Fall Reutlingen" um den Angeklagten Markus L., der zwei SEK-Beamte bei einer Hausdurchsuchung verletzt haben soll, steht aktuell besonders im Fokus.

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Innenministerium gegen Aussage von Polizisten

Eine Polizeibeamtin des Bundeskriminalamts (BKA) hat Videos der geplanten Hausdurchsuchung am 22. März 2023 bei Markus L. analysiert und am Montag als Zeugin ausgesagt. Neben der Analyse des Einsatzvideos ging es am Montag vor allem um die Frage, ob die am SEK-Einsatz beteiligten Polizisten in der Hauptverhandlung persönlich aussagen dürfen.

Am Vormittag wurde ein Schriftwechsel zwischen den Anwälten von Markus L. und dem Innenministerium Baden-Württemberg verlesen. Die Verteidigung nannte es essenziell, dass die Beamten aussagen, um herauszufinden, wer in Reutlingen zuerst geschossen hat. Das Innenministerium argumentiert dagegen damit, dass die Identität der Einsatzkräfte geschützt werden müsse. Nur so könnten sie in Zukunft beispielsweise bei verdeckten Ermittlungen eingesetzt werden.

Entscheidung: Polizisten müssen aussagen

Der Strafsenat des OLG entschied, dass die Polizisten per Videoanruf aussagen müssen. Allerdings wurden Bild und Ton verfremdet. So blieb die Identität der SEK-Beamten geschützt. Bereits Mitte Mai wurden Aufnahmen vom SEK-Einsatz während der Hauptverhandlung gezeigt. Helmkameras der Polizisten und eine Drohne vor dem Haus in Reutlingen haben den Einsatz aufgezeichnet. Von wem der erste Schuss kam, blieb darin allerdings unklar.

Einsatzleiter: Polizei hat Feuer eröffnet

Gleich der erste Zeuge beantwortete die Frage nach dem ersten Schuss. Laut dem Einsatzleiter habe einer der Polizisten das Feuer eröffnet. Er habe demnach gesehen, dass Markus. L. im Begriff gewesen sei, zu schießen. Bei dem Schusswechsel in Reutlingen wurde einer der Polizisten am Ellenbogen getroffen und schwer verletzt. Ein weiterer Beamter wurde am Finger verletzt. Der Generalbundesanwalt wirft Markus L. vor, in Tötungsabsicht geschossen zu haben.

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Videos dokumentieren SEK-Einsatz in Reutlingen

Die Zeugin vom BKA hat die Videos des Einsatzes im Detail dokumentiert. Ihre Ergebnisse hat sie am Montagvormittag vor Gericht vorgetragen. Unter anderem sei zu hören, wie die SEK-Beamten "Polizei, komm raus" und "Leg die Waffe weg" riefen, als sie Markus L. mit einer Waffe in seinem Wohnzimmer sahen. Zuvor hatten die Polizisten die Wohnungstür aufgesprengt und den Flur betreten. Mehrmals sagte Markus L. laut der Auswertung "Zurückgehen, oder ich schieße".

26 Schüsse sind zu hören, sowohl von Markus L. als auch von der Polizei. Ein SEK-Beamter ruft "Ich bin getroffen", woraufhin sich die Polizisten in den Hausflur zurückziehen. Von dort aus rufen die Beamten immer wieder: "Alle Waffen sind auf dich gerichtet. Komm raus, sonst können wir dir nicht helfen." Erst nach etwa einer halben Stunde kommt der Reutlinger mit erhobenen Händen heraus.

"Reichsbürger"-Prozess geht am Mittwoch weiter

Markus L. schaute sich die Auswertungen interessiert aber ruhig an. Nur kurz unterhielt er sich mit seinen Verteidigern, die in dem Sitzungssaal über eine Gegensprechanlage mit ihrem Mandanten sprechen können und durch eine dicke Glasscheibe von ihm getrennt werden. Der nächste Verhandlungstag im "Reichsbürger"-Prozess findet am Mittwoch statt.

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