Im "Reichsbürger"-Prozess stand am Mittwoch die Beweisaufnahme gegen einen Mann aus Reutlingen an. In Videoaufnahmen ist zu hören, wie bei einer Wohnungsdurchsuchung Schüsse fallen.
Vor dem Oberlandesgericht Stuttgart ist die Verhandlung im sogenannten "Reichsbürger"-Prozess fortgesetzt worden. Am Mittwoch ging es um die Beweisaufnahme im "Fall Reutlingen". Im März 2023 hatte die Polizei die Wohnung des Angeklagten im Stadtteil Ringelbach durchsucht - auf Videos sind die dramatischen Szenen zu sehen.
Die Aufnahmen wurden im Gerichtssaal gezeigt: Auf ihnen ist zu sehen, wie Polizeikräfte der Spezialeinsatzkräfte (SEK) das Schloss der Haustüre des Angeklagten Markus L. aufbohren und stürmen. Sie fordern ihn immer wieder auf sich zu ergeben. Die Polizei solle zurückgehen, oder er schieße, sagt Markus L. im Video. Später sind Schüsse und Schreie von verletzten Polizisten zu hören.
SWR-Reporterin Lisamarie Haas hat den Prozess beobachtet. Sie berichtet vor Ort:
Der Reutlinger soll sich in seiner Wohnung verschanzt und später mehrfach mit einer halbautomatischen Schnellfeuerwaffe auf das SEK geschossen haben. Dabei soll er laut Anklage zwei Beamte verletzt haben. Deswegen wird Markus L. unter anderem versuchter Mord vorgeworfen. In weiteren Aufnahmen ist zu sehen, wie Markus L. nach etwa 40 Minuten mit erhobenen Händen die Wohnung verlässt.
Aussage vom Angeklagten aus Horb fällt aus
Eigentlich sollte bei dem "Reichsbürger"-Prozess einer von zwei Angeklagten aus Horb am Neckar aussagen. Der Angeklagte war zwar da, aber gesundheitlich angeschlagen. Er konnte sich nicht wie geplant vor Gericht äußern. Deshalb wurde die Beweisaufnahme im "Fall Reutlingen" vorgezogen. Der Angeklagte aus Reutlingen hatte zuvor schon mitgeteilt, nicht aussagen zu wollen.
Anwalt: Polizei war äußert aggressiv
Markus L. verfolgte im Gerichtssaal die Beweisaufnahme aufmerksam und blieb ruhig. Einer seiner Anwälte kritisierte den im Video gezeigten Einsatz. Er beschrieb das Vorgehen der Polizeikräfte als "äußert aggressiv" und "überfallartiges Eindringen". Außerdem soll Markus L. dem Anwalt zufolge laut Durchsuchungsanordnung eine "nicht verdächtige Person" gewesen sein. Auch habe es keine Hinweise auf eine Durchsuchung gegeben, so der Anwalt.
Nach Angaben des Polizeipräsidiums Reutlingen soll Markus L. legal im Besitz von insgesamt 22 Waffen gewesen sein. Für die Bundesanwaltschaft ist das ein Beleg dafür, dass die "Reichsbürger"-Gruppe gefährlich ist. Ein weiteres Beweismittel war ein verbeultes Schutzschild eines Polizisten. Darauf seien immer noch die Spuren der Einschüsse zu sehen.
Der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU) hatte ein konsequentes Vorgehen gegen die "Reichsbürger"-Szene angekündigt.
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Prozess gegen Angeklagte aus Baden-Württemberg
Der Prozess am OLG Stuttgart gegen neun mutmaßliche "Reichsbürger" um Heinrich XIII. Prinz Reuß begann am 29. April. Acht von ihnen stammen aus Baden-Württemberg. Allen wird vorgeworfen, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein und einen gewaltsamen Umsturz in Deutschland geplant zu haben - laut Strafgesetzbuch die "Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens". Dem Gesetz zufolge drohen den Angeklagten Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren, je nach Schwere der Tat.
Die Angeklagten sind zwischen 42 und 60 Jahre alt und befinden sich seit mehr als einem Jahr in Untersuchungshaft. Einige von ihnen wurden bereits bei einer bundesweiten Anti-Terror-Razzia im Dezember 2022 festgenommen. Der Prozess am Oberlandesgericht Stuttgart dauert voraussichtlich bis Januar 2025.
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