Im Sommer eröffnete die Stadt Freiburg einen Aufenthaltsplatz für Drogensüchtige nahe einer Schule - und der Aufschrei war groß. Das Nebeneinander klappt aber besser als gedacht.
Ein Platz für Drogen konsumierende Menschen in direkter Schulnähe - diese Entscheidung löste in Freiburg Mitte August viel Kritik aus. Der Leiterin der Walther-Rathenau-Gewerbeschule Renate Storm bereitete es Sorge, dass Drogen wie Crack in der Nähe ihrer Schule konsumiert werden würden. Rund zwei Monate nach der Eröffnung der neuen Aufenthaltsfläche steht für Renate Storm fest: Das Nebeneinander mit der Freiburger Drogenszene funktioniert viel besser als befürchtet.
Aufenthaltsort für drogensüchtige Menschen liegt rund 30 Meter entfernt
Die Gewerbeschule liegt etwa 30 Meter vom neuen Aufenthaltsplatz entfernt. Sie trennt nur die vierspurige Stefan-Meier-Straße. Von den oberen Klassenzimmern aus kann man die Fläche einsehen und damit auch den Drogenkonsum beobachten. Ein großer Teil der Schülerschaft sehe das aber sehr pragmatisch, sagt die Schulleiterin.
Auch der Sicherheitsdienst auf dem Schulhof habe sich bewährt, so Storm. Es sei bisher immer möglich gewesen, mit den Süchtigen zu reden, wenn sie sich zum Beispiel auf dem Schulgelände aufgehalten haben. Storm hält das für sehr wichtig.
SWR-Reporter Thomas Hermanns berichtet in SWR4 über den alten und neuen Treffpunkt der Freiburger Drogenszene:
Leiterin der Schule: Es brauche mehr Aufklärung über Drogenkonsum
Das größte Manko für Storm ist aktuell die unzureichende Drogenprävention an ihrer Schule. Die Walther-Rathenau-Gewerbeschule ist Teil der mobilen Berufsschulsozialarbeit. Die Kapazitäten reichten jedoch nicht aus, sie könnten zurzeit nur für etwa 60 Prozent der Schülerinnen und Schüler einen Präventionsworkshop anbieten. Sinnvoll wäre es aber für jeden, so Storm. Die Schule hat auch nicht die Kapazitäten, die Drogenprävention selbst zu stemmen.
Storm fordert daher die Stadt Freiburg auf, ein umfassendes Konzept für die Drogenprävention zu erstellen. Und zwar für alle Freiburger Schulen. Denn andere wie die Hebelschule und Hansjakob-Realschule am Stühlinger Kirchplatz würden viel stärker mit Drogenkonsum und -verkauf konfrontiert.
Stadt bessert Drogenkonzept nach Treffpunkt für Drogenabhängige in Freiburg: Kritik an Ausweichplatz in Schulnähe
Ein zweiter Platz für Drogenabhängige in Freiburg sorgt für einen neuen Konflikt. Die Gewerbeschulen gegenüber sind unglücklich - die Stadt kontert die Kritik.
Warum gibt es den Aufenthaltsplatz an der Stefan-Meier-Straße?
Die Stadt Freiburg hatte Mitte August im Schnellverfahren die Aufenthaltsfläche unweit des Hauptbahnhofs hochgezogen. Aber warum?
Über den eigentlichen Treffpunkt der Freiburger Drogenszene, den Pergolaplatz am Colombipark, hatte es massive Klagen von Anwohnerinnen und Anwohnern gegeben. Die hatten sich bei der Stadt beschwert, nachdem dort der Aufenthaltsplatz im Sommer neu eröffnet worden war: Dauerhafte laute Streitereien auf dem Platz, Spritzen auf Gehwegen, Drogenkonsum vor den Hauseingängen. Aber auch die suchtkranken Menschen selbst waren nicht zufrieden: Der Platz sei zu klein und es gebe keinen Schatten, so die Beschwerden.
Wie läuft es am Pergolaplatz in Freiburg?
Die Aufregung am Pergolaplatz hat sich inzwischen gelegt. Denn dieser wird kaum noch genutzt: Die Bänke sind leer, der Sichtschutz ist abgebaut, es gibt keinen Lärm und keinen Müll. Zurzeit trifft man dort nur noch verirrte und verwirrte Touristen - zur Freude der Anwohnerinnen und Anwohner. Die Situation am Colombipark habe sich "merklich entspannt", bestätigt auch die Stadt.
AWO-Drogenhilfe spürt: Neuer Treffpunkt der Drogenszene ist weiter weg
Ein Grund, den Pergolaplatz zum offiziellen Aufenthaltsort zu erklären: die Nähe zum Kontaktladen der Drogenhilfe der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in der Rosastraße. Dort können Suchtkranke sicher und unter medizinischer Aufsicht Drogen konsumieren. Seitdem es den neuen Aufenthaltsbereich an der Stefan-Meier-Straße gibt, kommen weniger Klientinnen und Klienten zur AWO-Drogenhilfe.
Weniger Konsum bei der AWO-Drogenhilfe im Vergleich zu Jahresbeginn
Die Besucherzahlen seien in den vergangenen zwei Monaten stark zurückgegangen, sagt Benedikt Vogt. Er leitet die AWO-Drogenhilfe. Allerdings seien mit der Eröffnung des Pergolaplatzes viel mehr Menschen in den Kontaktladen gekommen als früher. Dennoch würden die Beratungen weiterhin wie gewohnt nachgefragt - das sei kein schlechtes Zeichen für die Drogenhilfe.
Der Konsumraum wird laut Vogt aber etwas weniger genutzt als vorher: 23 Mal pro Tag. Am Anfang waren es 27 sogenannte "Konsumvorgänge". Angesichts der Umstände sei er aber "nicht unzufrieden", resümiert Vogt.
Trotz fehlender Nutzung: Stadt hält an Pergolaplatz fest
Die Stadt Freiburg erklärte auf SWR-Anfrage, dass sie die Entwicklungen am Pergolaplatz weiter beobachtet und "Nutzungsperspektiven" prüft. Benedikt Vogt von der AWO-Drogenhilfe geht davon aus, dass der Pergolaplatz in den nächsten Monaten wieder häufiger genutzt wird.
Im März 2025 soll darüber entschieden werden, ob der Treffpunkt für Freiburgs Drogenszene an der Stefan-Meier-Straße dauerhaft bestehen bleibt.
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