Polizeigewerkschaft fordert "mehr Eingriffsrechte"

Wie sinnvoll ist die Waffen- und Messerverbotszone in Mannheim?

Stand
Autor/in
Sarah Hennings
Sarah Hennings, SWR-Regionalstudio Mannheim
Moritz Mayer

Seit Dezember 2023 gibt es eine Waffen- und Messerverbotszone in Mannheim. Was bringt sie? Einschätzungen aus Polizeikreisen und der Polizeigewerkschaft in Mannheim.

Weil schwere Straftaten in Mannheim zunehmen und die Angst vor Kriminalität in der Bevölkerung steigt, reagierte die Polizei gemeinsam mit der Stadt: Im Dezember 2023 hat die Stadtspitze eine Waffen- und Messerverbotszone in Teilen der Innenstadt erlassen. Sie gilt zunächst für ein Jahr.

Im Oktober will die Stadtverwaltung neu bewerten, ob die Verbotszone bestehen bleibt oder womöglich sogar ausgeweitet wird. Bei der Entscheidung spielen neben den objektiven Zahlen der Polizei auch das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger eine Rolle. Dieses wird über die neu eingeführte Fokussicherheitsbefragung in diesen Wochen abgefragt.

Waffen- und Messerverbotszone in Mannheim: Polizei reagiert

In Polizeikreisen bewertet man die Waffen- und Messerverbotszone nach SWR-Informationen kritisch. Vor allem, weil es keine rechtlichen Befugnisse gebe. Die Polizei braucht in der Zone einen konkreten Anfangsverdacht, um Personen kontrollieren zu dürfen. Das kann eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat sein. Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Mannheim, Thomas Mohr, wünscht sich andere rechtliche Rahmenbedingungen:

Es [die Einrichtung einer Waffen- und Messerverbotszone] bringt dahingehend nichts, wenn die rechtlichen Grundlagen für die Polizei nicht geschaffen werden.

Karte der Waffenverbotszone in Mannheim
In diesem Bereich gilt die Waffen- und Messerverbotszone.

Mannheim: "Milieuspezifischer Ort" als Lösung?

Helfen würde, so Mohr, ein sogenannter "milieuspezifischer Ort", auch bekannt als "gefährlicher Ort". Denn da könnten Menschen ohne Anfangsverdacht kontrolliert werden. Allein die Anwesenheit an dem Ort rechtfertige dann die Durchsuchung. "Das wünschen wir uns von der Gewerkschaft der Polizei auch für den Bereich der Waffenverbotszone", sagte Mohr im SWR-Interview.

Schon von 2016 bis Ende 2021 hat es laut Polizei einen solchen "gefährlichen Ort" auf der Mannheimer Neckarwiese gegeben, weil in diesem Bereich viele Drogengeschäfte vermutet wurden. "Da sind auch viele Leute kontrolliert worden", erinnert sich Thomas Mohr. Allerdings seien dann die Kriminellen in andere Stadtteile ausgewichen - außerhalb des "gefährlichen Ortes".

Damit die Durchsuchungen nach Messern und Waffen in Mannheim aber überhaupt verstärkt stattfinden könnten, und nicht mehr nur "ein Nebenprodukt der Kontrolle sind", braucht es mehr Personal, so Mohr.

Jetzt speziell Polizistinnen und Polizisten für die Überwachung der Waffenverbotzone einzusetzen - das ist mit der Personallage in Mannheim derzeit nicht machbar.

Polizist Thomas Mohr
Thomas Mohr, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Mannheim

"Steigert" Waffenverbotszone das subjektive Sicherheitsgefühl?

Mit der Einführung der Waffen- und Messerverbotszone habe sich vor allem das subjektive Sicherheitsgefühl der Mannheimerinnen und Mannheimer gesteigert, so Mohr weiter. Ob dies wirklich so ist, soll die im Juli angelaufene Sicherheitsfokusbefragung der Stadt zeigen. Dafür werden in diesen Wochen 20.000 zufällig ausgewählte Mannheimerinnen und Mannheimer nach ihrer "Kriminalitätsfurcht" befragt. Erste Umfrageergebnisse werden im August erwartet.

Wie kommt Waffenverbotszone in anderen Städten an?

Eine ähnliche Studie aus Köln, wo es auch eine Waffenverbotszone gibt, hat gezeigt, dass die Einführung einer solchen Zone auch negative Effekte in der Bevölkerung auslösen kann, sagt Dieter Hermann vom Institut für Kriminologie der Universität Heidelberg dem SWR. Er betreut die Befragung in Mannheim und hat in der Vergangenheit auch schon Untersuchungen anderer Städte begleitet.

Die Bevölkerung [in Köln] meinte dann, dass das Image des jeweiligen Stadtteils, in dem die Waffen- und Messerverbotszone implementiert wurde, leidet.

Die Studienergebnisse aus anderen Städten seien allerdings nicht mit der neuen Befragung aus Mannheim vergleichbar, meint Dieter Hermann. Bei den anderen Untersuchungen habe es nur einen Befragungszeitraum nach der Einführung der Verbotszone gegeben - eine Umfrage davor habe es nicht gegeben. Damit sei auch keine Entwicklung ablesbar, so Hermann weiter.

Waffenverbotszone in Mannheim: Werden mehr Menschen belangt?

Positiv hebt Thomas Mohr von der Gewerkschaft hervor, dass Personen, die ein Messer bei sich tragen, im Bereich der Waffen- und Messerverbotszone nun auch dafür belangt werden könnten. Ihnen drohen dafür laut Verordnung Geldbußen von bis zu 10.000 Euro. Polizisten sprechen im Vertrauen gegenüber dem SWR in diesem Fall von sogenannten "Zufallstreffern". Denn tragen Menschen in der Zone nicht offensichtlich erkennbar Waffen bei sich und verhalten sie sich zudem unauffällig, so könne die Polizei nichts dagegen machen. Wie viele Waffen und Messer die Polizei seit Einführung der Waffen- und Messerverbotzone sichergestellt hat, ist nicht öffentlich bekannt. Eine "unterjährige Herausgabe von entsprechenden Zahlen" sei nicht zulässig, teilte die Polizei Mannheim auf SWR-Anfrage mit.

Auch die Stadt Mannheim wollte sich auf SWR-Anfrage nicht äußern. Eine Zwischenbilanz zur Waffen- und Messerverbotszone könne und werde man zum jetzigen Zeitpunkt nicht ziehen. Der Ausschuss für Sicherheit und Ordnung der Stadt werde sich am 10. Oktober damit befassen, heißt es.

Waffen- und Messerverbotszone in Mannheim: Keine Hinweisschilder im Areal

Bislang gibt es in den Bereichen der Waffen- und Messerverbotszone in Mannheim keine entsprechenden Hinweisschilder. Eine Sprecherin der Stadt teilte auf SWR-Anfrage mit: "Eine Beschilderung ist aktuell nicht vorgesehen und für die Wirksamkeit der Verordnung auch nicht erforderlich. Sie kann jedoch, sollten sich entsprechende Kenntnisse aus der Anwendung und Evaluierung ableiten, nachträglich ergänzt werden".

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Waffenverbotszone auch in Heidelberg eingeführt

Seit Ende Juli gibt es auch in Heidelberg eine Waffenverbotszone. Die Polizei hatte Teile der Kurfürstenanlage und Belfortstraße als "gefährlichen Ort" eingestuft. Damit will die Stadt nach eigenen Angaben den Kriminalitätsbrennpunkt entschärfen.

Im ersten Halbjahr 2024 gab es dort laut Polizei etwa 100 Straftaten. In der Kombination von einer Waffenverbotszone mit der Einstufung als "gefährlicher Ort", darf die Polizei seit Ende Juli in dem Areal Personen nach Waffen kontrollieren. Messer ab vier Zentimeter Klingenlänge sind dort verboten. Auch in Stuttgart und in Heilbronn gibt es Waffenverbotszonen.

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