Am Montag sorgten die bundesweiten Bauernproteste auch in Baden-Württemberg vielerorts für Beeinträchtigungen im Verkehr. Rettungsdienste meldeten keine größeren Schwierigkeiten.
Landwirtinnen und Landwirte haben zum Start der bundesweiten Aktionswoche gegen die Sparpläne der Bundesregierung am Montag vielerorts in Baden-Württemberg den Verkehr beeinträchtigt. Auf Bundesstraßen staute sich der Verkehr, weil die Teilnehmenden der Aktion mit Traktoren unterwegs waren.
"Die Beteiligung der Bäuerinnen und Bauern an den Aktionen war enorm", teilte Marco Eberle, Hauptgeschäftsführer des Landesbauernverbandes Baden-Württemberg, am Montagabend mit. "Das war ein sehr starkes Signal an die Politik, ihre Pläne zur Agrardieselbesteuerung komplett fallen zu lassen", erklärte Eberle laut einer Mitteilung.
Rege Beteiligung an den Bauernprotesten in BW
Rund 25.000 Fahrzeuge haben sich an den Bauernprotesten im Land beteiligt, teilte eine Sprecherin des Innenministeriums auf SWR-Anfrage mit. Regionale Schwerpunkte gab es im Bereich des Polizeipräsidiums Heilbronn mit 45 Versammlungen sowie bei den Polizeipräsidien Ludwigsburg und Offenburg mit knapp 40 Protestaktionen.
Obwohl der Aktionstag grundsätzlich angekündigt war, waren etwa nur die Hälfte der Aktionen laut Polizeipräsidium Ludwigsburg im Vorfeld bei den Behörden angemeldet worden. Mindestens 1.200 Fahrzeuge sollen nach Schätzungen der Polizei bei den Aktionen in der Region gefahren sein. Der Straßenverkehr war teilweise erheblich beeinträchtigt. Teilweise sei es zu erheblichen Verkehrsbehinderungen gekommen mit Staus bis zu 30 Kilometer Länge. Zwischenfälle gab es laut Ministerium nicht, die Aktionen seien bislang ohne nennenswerte Vorkommnisse verlaufen.
Protestaktion in Stuttgart: Keine nennenswerten Vorkommnisse
Mehrere Hundert Fahrzeuge - deutlich mehr als gemeldet - waren nach Schätzungen der Polizei in Stuttgart unterwegs. Die Teilnehmenden der Protestaktion hatten sich ordnungsgemäß am Cannstatter Wasen versammelt und waren über die B14 in die Innenstadt gefahren. Laut Polizei gab es zunächst keine nennenswerten Vorkommnisse.
Ähnliche rege Teilnahme an den Bauernprotesten meldeten auch die Polizeipräsidien Reutlingen, Ravensburg, Pforzheim, Mannheim, Freiburg, Konstanz, Karlsruhe, Ulm und Aalen.
Über alle Updates rund um die Bauernproteste in BW haben wir in unserem Liveblog informiert - hier zum Nachlesen:
Das war der Liveblog zu den Bauern-Protesten am 8. Januar in BW ++ Weniger Proteste in den kommenden Tagen angekündigt ++ Bundesregierung hält an Kürzungen fest ++ Innenministerium spricht von 25.000 Fahrzeugen ++
Landwirte in BW protestieren heute gegen die Sparpläne der Bundesregierung beim Agrardiesel. Wir berichten live über Demos mit Traktoren, Verkehrsbehinderungen und Kundgebungen.
Staus in BW: Polizei bittet Winterdienst nicht zu beeinträchtigen
Die Polizei in Ludwigsburg appellierte am Montagmorgen an die protestierenden Landwirtinnen und Landwirte, die Winterdienste nicht zu beeinträchtigen, damit die Fahrbahnen geräumt und gestreut werden können. "Im Landkreis Böblingen sind besonders viele Traktoren im Bereich der Autobahn unterwegs. Dort werden teilweise auch Fahrzeuge des Winterdienstes bei ihrer Arbeit behindert", sagte ein Polizeisprecher.
Auf der Bundesautobahn 81 bei Böblingen waren mehrere Traktoren auf der Autobahn unterwegs. Wie die Polizei mitteilte, waren die Fahrzeuge Teil einer nicht angemeldeten Protestaktion. Traktoren sei das Fahren auf der Autobahn verboten. Es sei zu Verkehrsbehinderungen gekommen. Vorab getroffene Abmachungen der Polizei mit den Organisatoren hätten die Autobahn bei angemeldeten Protestaktionen explizit ausgenommen.
Keine größeren Beeinträchtigungen von Rettungsdiensten
Rettungsdienste verzeichneten zunächst keine größeren Beeinträchtigungen. Einer Sprecherin der Malteser in Baden-Württemberg zufolge waren am Vormittag keine Vorkommnisse bekannt. Die Malteser riefen dazu auf, die Straßen für Rettungsdienste frei zu halten. Auch die Johanniter hätten keine größeren Beeinträchtigungen verzeichnet, teilte eine Sprecherin mit. Einzig auf der B28 bei Kehl sei das Bilden einer Rettungsgasse nicht möglich gewesen, weshalb der Rettungsdienst eine alternative Route gewählt habe. Dies hatte laut der Sprecherin für den Patienten aber keine Folgen.
Der Landesbauernverband Baden-Württemberg hatte im Vorfeld angekündigt, dass es Einsatzkräften von Polizei, Rettungsdienst und Feuerwehr jederzeit möglich sein soll, durchzufahren. Es wurde explizit auf das Freilassen von Rettungsgassen hingewiesen und dazu aufgefordert, den Anweisungen von Polizei und den gestellten Ordnerinnen und Ordnern während der Protestaktion zu folgen.
Verkehrsblockaden der Landwirte Meinung: Wieso die Bauernproteste Anlass zur Sorge sind
Bundesweit demonstrieren Landwirtinnen und Landwirte gegen die Politik der Ampel-Regierung. Alleine in Baden-Württemberg waren laut Innenministerium 25.000 Fahrzeuge beteiligt. Die Proteste seien ein Grund zur Sorge, findet Peter Heilbrunner, Leiter der Multimedialen Aktualität des SWR.
Bildungsverband: Kein geregelter Schulstart
Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in Baden-Württemberg teilte auf SWR-Anfrage mit, dass man wegen des Bauernprotests an vielen Schulen "nicht von einem geregelten Schulstart" sprechen könne. Man habe Rückmeldungen bekommen, dass Lehrerinnen und Lehrer sowie Schulleitungen teilweise länger als eine Stunde im Stau standen, um zur Schule zu kommen. Auch Unterricht sei ausgefallen. Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas seien ebenso von den Streiks betroffen gewesen.
Weitere Bauernproteste in den kommenden Tagen in BW
In den nächsten Tagen rechnet der Landesbauernverband in Baden-Württemberg nicht mit größeren Verkehrsbeeinträchtigungen durch Bauernproteste. Regional werde es immer wieder Aktionen geben, sagte eine Verbandssprecherin am Nachmittag in Stuttgart. "Aber lange nicht in dem Ausmaß, wie es heute war."
Am Donnerstag könnte es laut Verbandssprecherin wieder zu einigen Schlepperstaffelfahrten etwa im Großraum Karlsruhe kommen. Bis zum 15. Januar sollen landesweit Aktionen stattfinden.
Heilbronn: Bürgerdialog mit Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir
Nach den Bauernprotesten in ganz Deutschland stellt sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) am Dienstag nahe Heilbronn bei eine Veranstaltung den Fragen der Bürgerinnen und Bürger. Eigentlich sollte es beim Bürgerdialog laut Einladung um Themen wie Bildung, bezahlbaren Wohnraum oder Klimaschutz gehen - er rechne aber damit, dass auch viele Landwirte zu der Veranstaltung kämen, sagte der Sprecher.
Mit Blick auf die Proteste sagte Özdemir am Montag: "Dass viele Landwirtinnen und Landwirte immer noch sagen, das reicht ihnen, kann ich nachvollziehen. Das ist ihr gutes Recht." In Dreier-Koalitionen müsse man aber angesichts der Haushaltslage "schwierige Kompromisse" finden.
Darum protestieren die Landwirtinnen und Landwirte bundesweit
Als Reaktion auf Bauernproteste hatte die Bundesregierung am Donnerstag angekündigt, einen Teil der geplanten Subventionskürzungen zurückzunehmen. Die Ampel-Koalition will auf die Abschaffung der Kfz-Steuerbefreiung für die Landwirtschaft verzichten. Die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll gestreckt und in mehreren Schritten in den kommenden Jahren vollzogen werden. Der Deutsche Bauernverband hält die Maßnahmen aber für unzureichend. Auch die Kürzungen beim Agrardiesel müssten vom Tisch.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bekräftigte, dass die Bundesregierung nicht von den Agrar-Beschlüssen abrücken werde. "Die Bundesregierung steht dazu", sagte Scholz am Montag. Es sei die Notwendigkeit für die Regierung, eine Entscheidung zu treffen und dabei auch jahrelang gewährte Subventionen auf den Prüfstand zu stellen. Scholz verteidigte zugleich die Proteste der Landwirte gegen die Entscheidung. "Kritik ist Teil der Demokratie. Sie ist nötig und gehört dazu, darüber darf sich niemand beschweren. Ich tue es jedenfalls nicht." Es müsse aber "Maß und Mitte" gewahrt werden, weil die Regierung den Landwirten weit entgegengekommen sei.
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