Ehemalige Lehrerin des Leifheit-Gymnasiums in Nassau

Man muss offen mit der dunklen Vergangenheit von Günter Leifheit umgehen

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Frank Jenschar
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SWR1

Die Stadt Nassau muss eine neue Haltung zum Gönner der Stadt finden. Der Gründer des Haushaltsgeräteherstellers Leifheit soll laut einer neuen Studie ein überzeugter Nazi und Mitglied der Waffen-SS gewesen sein.

Wie soll man nun Umgehen mit dem schwierigen Erbe des Günter Leifheit? Darüber haben wir mit Lehrerin Ulrike Weiwad-Klenk gesprochen. Sie ist nun im Ruhestand und hat vor den Sommerferien noch eine Stolpersteinführung mit Schülern des Leifheit-Gymnasiums gemacht.

Der Leifheit-Campus

SWR1: Vor den Sommerferien haben Sie noch einen Rundgang, eine sogenannte Stolpersteinführung, mit Schülern des Leifheit-Gymnasiums gemacht. Was machen Sie bei der nächsten Führung anders?

Ulrike Weiwad-Klenk: Bei der Führung mache ich ganz bestimmt nichts anders. Schüler bereiten Kurzreferate vor, die sie vor den einzelnen Steinen halten, während einer ihrer Klassenkameraden immer den betreffenden Stein säubert. Was für mich schwieriger wird, ist die Abschlussrunde nachher in der Schule. Da kommen dann immer so Bemerkungen von den Schülern wie: "Wir kümmern uns um das geschichtliche Erbe, was ja eine Last für uns als junge Generation ist." Ich denke, diese Abschlussrunde werde ich so nicht mehr halten können.

SWR1: Meinen Sie der Leifheit-Campus kann seinen Namen behalten?

Weiwad-Klenk: Das weiß ich nicht, das ist eine ganz komplizierte Frage, da fließen ja Gelder aus der Leifheit-Stiftung rein. Ganz sicher muss die Schule sich mit der Vergangenheit ihres Namensgebers auseinandersetzen, in irgendeiner Form. Auf alle Fälle werde ich mich, das habe ich mir vorgenommen, mit der Schulleitung und dem Fachbereich Geschichte vor dem nächsten Rundgang zusammensetzen. Die werden mir erzählen, was sie im Laufe des Jahres gemacht haben.

Und es kommt in Nassau zu dem Erbe der nationalsozialistischen Vergangenheit in Deutschland noch ein spezieller Punkt, der nur Nassau betrifft, hinzu. Ich denke, damit müssen wir uns in dieser Abschlussrunde nach dem Stadtrundgang auseinandersetzen.

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Nassauer wussten von Leifheits Vergangenheit

SWR1: Was wusste man in Nassau über die Nazivergangenheit von Günther Leifheit?

Weiwad-Klenk: Alles, und der Bürgermeister sagte mir gestern, dass die nicht aus allen Wolken gefallen sind. Die Nassauer Bevölkerung wusste, dass die damals hier gelebt haben. Uns hat das vor Jahren ein alter Bekannter, der hier damals lebte, der hier geboren ist, erzählt. Mein Mann hat es nicht geglaubt und mit dieser Studie ist es nun eben bewiesen. Die Nassauer Bevölkerung wusste das. Wenn hier viele hunderte NS-Leute zusammenkommen in einer Stadt, die etwa 5.000 Einwohner hat, das bleibt ja nicht verborgen.

SWR1: Wollte man von der Nazi-Vergangenheit Günter Leifheits nichts wissen?

Weiwad-Klenk: Das nehme ich an. All die Leute haben – zumindestens laut unserem Bekannten – den Mund gehalten. Leifheit ist eine wichtige Persönlichkeit, der viel für die Stadt gemacht hat. Ich profitiere ja auch davon, von kulturellen Veranstaltungen, die er mitfinanziert über das Kulturwerk. Die Schule ist eine wirklich gut ausgestattete Schule, auch die Schüler profitieren davon, die Gemeinde profitiert heute noch davon und das ist toll.

Ich erwarte, dass man offen mit der Vergangenheit von Günter Leifheit umgeht und nicht einfach so tut, als wäre nichts gewesen.

Umgang mit der dunklen Vergangenheit Günter Leifheits

SWR1: Was wird jetzt zum Beispiel aus dem Günther-Leifheit-Kulturhaus oder der Ehrenbürgerschaft? Heute Abend trifft sich der Ältestenrat, was erwarten sie davon?

Weiwad-Klenk: Ich erwarte davon, dass man offen mit der Vergangenheit von Günter Leifheit umgeht und nicht einfach so tut, als wäre nichts gewesen. Das ist das Mindeste.

Wie man dann mit dem Kulturhaus, das auch von ihm finanziert wird, umgeht, weiß ich nicht. Darin befindet sich die Stadtbücherei, der Jugendtreff, der Kulturkeller. Hier finden ganz viele Veranstaltungen und Versammlungen statt. Ich denke, man muss mit der Vergangenheit des Namensgebers umgehen.

Das Gespräch führte SWR1 Moderator Frank Jenschar.

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