Beim letzten Job des Berufslebens

Sportmomente 2023: SWR-Reporter Christian Döring isst eine Spinne

Stand
Autor/in
Christoph Pietsch

Er hatte Michael Schumacher, Dirk Nowitzki und Jürgen Klopp im Interview, feierte mit Mainz 05 den Bundesliga-Aufstieg und mit dem FCK die legendäre 98er Meisterschaft. Am Ende seines Berufslebens aber reden alle nur über seinen letzten Job. Und ich habe mit ihm geredet: Christian Döring, der Reporter, der eine Spinne aß.

Es war der 27. August 2023. Eine Live-Schalte nach dem Spiel von Mainz 05 gegen Eintracht Frankfurt. Danach war Schluss. Nach fast 40 Jahren im SWR. Die letzten Sekunden im Berufsleben von Christian Döring: "Ich habe ein leichtes Kribbeln gespürt, erst an der Wange, dann Richtung Nase. Dachte, es wäre eine Schnake – wie das in der Abenddämmerung am Stadion halt mal vorkommen kann. Und dann war sie ja auch weg. Erst am nächsten Tag habe ich in der Redaktion erfahren, dass es eine Spinne war. Und warum sie plötzlich verschwand."

SWR-Reporter snackt Spinne

Die Spinne verschwand in Christian Dörings Mund. Eingeatmet in den letzten Zügen seines Berufslebens. Döring moderierte 500 Ausgaben des legendären Sportmagazins "Flutlicht", er hat für den SWR unzählige Geschichten aus der Welt des Sports erzählt – vom Davis-Cup in Trier bis zum Ironman auf Hawaii. Nichts konnte ihn aus der Ruhe bringen, ganz besonders dann, wenn die Kamera lief. Ausgerechnet bei seinem letzten Job aber gerät der 64-Jährige ins Stocken: "Die allerletzten Sekunden vor der Kamera, nach 39 Jahren Hörfunk und Fernsehen. Plötzlich Hustenreiz und Atemnot!" erinnert sich Döring. Unter anderen Umständen hätte er vielleicht abgebrochen, aber es war nun mal live und es waren die letzten Sekunden seines Berufslebens. "Du musst es schaffen, dachte ich. Das Rotlicht geht aus, ich habe furchtbar gehustet und ich habe mich maßlos geärgert. Das ist wie Stolpern übern Zielstrich."

Döring nimmt es mit Humor

Das vermeintliche Stolpern über den Zielstrich geht viral: Der Reporter, der versehentlich eine Spinne snackt und das live im Fernsehen. Alleine auf den Social Media Kanälen von SWR und ARD hat das Video mehr als zehn Millionen Aufrufe und auch bei "TV total" kam die ungewöhnliche Live-Schalte zur Aufführung. Döring nimmt es mit Humor: "Fast vier Jahrzehnte journalistisches Schaffen: Live-Reportagen, Features, Kommentare, Hintergründe... und was bleibt den meisten in Erinnerung? Die allerletzten 15 Sekunden von mir als Spinnen-Töter. Hätte ich gewusst, mit wie wenig Aufwand man Social-Media-Star wird, hätte ich die Nummer schon viel früher abgezogen."

Kleine Spinne, große Wirkung. Eine irre Geschichte und herrlicher Schlusspunkt einer beeindruckenden Karriere. Das war mein ganz persönlicher Sportmoment des Jahres 2023.

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Christoph Pietsch