Vergangene Saison noch 3. Liga mit dem SSV Ulm 1846, jetzt Bundesliga mit dem 1. FC Heidenheim: Fußballprofi Leonardo Scienza ist einer der Shootingstars aus dem Südwesten.
Diese strahlenden blauen Augen sind einfach nicht zu übersehen. Beim Trainingsauftakt am Montag (01.07.2024) war Leonardo "Leo" Scienza das Glück quasi ins Gesicht geschrieben: "In der dritten Liga war es schon eine geile Saison mit Ulm, und jetzt die Möglichkeit mit Heidenheim in der Bundesliga zu spielen - das ist ein Traum", so der Neue des FCH gegenüber SWR Sport. "Dass ich ganz nach oben gekommen bin, das ist für mich einfach unglaublich." Man kann diese persönliche Euphorie bestens verstehen, denn der 25-Jährige ist richtig durchgestartet. Binnen zwölf Monaten.
Von der Verbandsliga Sachsen-Anhalt in die Bundesliga
Im Sommer vergangenen Jahres war der Brasilianer vom 1. FC Magdeburg zum Drittliga-Neuling SSV Ulm 1846 gewechselt. In Magdeburg durfte er nur noch in der sechstklassigen Verbandsliga Sachen-Anhalt sein Können zeigen. Immerhin: Mit 13 Toren in nur zehn Spielen empfahl er sich für andere Vereine und fand schließlich sein Glück an der Donau: Bei den "Spatzen" in Ulm avancierte der flinke und trickreiche Außenstürmer schnell zum Leistungsträger und Top-Scorer.
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Robert Andrich ist bei der EURO 2024 in der deutschen Nationalmannschaft als "Bodyguard" von Toni Kroos gesetzt. Der Weg zur DFB-Elf war lang für den ehemaligen Heidenheimer.
Zwölf Treffer und 17 Vorlagen gelangen Scienza in 32 Drittligaspielen. Damit hatte er entscheidenden Anteil am sensationellen Durchmarsch der Ulmer von der Regionalliga in die zweite Liga. Wurde bei einem Fan-Voting auf dem Instagram-Kanal der 3. Liga sogar zum besten Spieler der Saison gewählt.
Klar, dass erneut höherklassige Vereine auf den Klasse-Kicker, der quasi von ganz unten kam, aufmerksam wurden. Den Zuschlag bekam schließlich der Bundesliga-Nachbar aus Heidenheim. "Ein angenehmer und gesprächiger Typ, auch witzig", konnte FCH-Kapitän Patrick Mainka nach dem ersten Austausch bereits erkennen, "ich wünsche ihm, dass er sich wie viele andere Spieler bei uns aus unteren Ligen auch durchsetzen kann. Das würde uns weiterhelfen."
Als Jugendlicher kam Leonardo Scienza vom Futsal zum Fußball
Geboren in Venancio Aires im Süden Brasiliens, begann die Karriere des Leonardo Scienza daheim als Kind und Jugendlicher übrigens nicht beim Fußball, sondern mit der Soft-Version Futsal: "Das sind eigentlich zwei unterschiedliche Sportarten", sagt er und lacht, "der Ball ist zwar auch rund, aber sonst ist vieles anders. Im Futsal hast du nur vier Mitspieler, da kannst du auch mal von hinten nach vorne durchdribbeln und ein Tor machen". Im Fußball, so Scienza, "geht das nicht, das ist mehr der Mannschaftssport". Erst im fortgeschrittenen Alter von 16, 17 Jahren ist Leo dann mehr und mehr zum Fußball übergewechselt: "Das war nicht einfach, ich musste viel lernen". Was ihm bestens gelungen ist.
Karriere-Highlight: Der Aufstieg mit dem SSV Ulm 1846
Sein bisheriges Highlight: die vergangene Aufsstiegssaison mit den Ulmern. Ein Neuling, eine Mannschaft ohne Stars mit einem herausragenden Trainer Thomas Wörle, düpierte von Anfang bis Ende die namhafte Drittliga-Konkurrenz, holte sich zum Schluss sogar als Tabellenerster den Meistertitel. Und mittendrin, auf den Schultern der Fans bei der Meisterfeier mit rund 20.000 Ulmer Anhängern: Leo, einer der Publikumslieblinge. Für den Stürmer war es dann auch eine Selbstverständlichkeit, dass er sich, als am 22. Mai der Abschied vom SSV 1846 feststand, über Instagram ausdrücklich bedankte.
Ganz Ulm hatte sein Herz erobert: "Ich hätte niemals gedacht, euch nach einem Jahr schon wieder zu verlassen, aber ich bekomme die Chance, zukünftig in der Bundesliga zu spielen. Damit geht für mich ein unglaublicher Kindheitstraum in Erfüllung", so Scienza in den sozialen Medien. Und ganz zum Schluss: "Euer Brasilianer, euer Leo".
Gute Gespräche mit Heidenheims Trainer Frank Schmidt
Jetzt also der Bundesliga-Vertrag mit dem 1. FC Heidenheim. Kein Zufall, denn mit Trainer Frank Schmidt kam Leo schnell zusammen: "Das Gespräch mit dem Coach ist für mich sehr wichtig, das war super. Ich habe mich direkt wohlgefühlt", sagt er und glaubt fest daran, dass der Wechsel von der Donau an die Brenz "eine gute Entscheidung war".
Übrigens: Erst vor vier Jahren war Scienza aus Brasilien nach Deutschland gekommen, die zweite Mannschaft von Schalke 04 in der Regionalliga hieß damals seine erste Station. In dieser Zeit hat der sympathische Kicker bereits prima Deutsch gelernt und führt bereits fließend seine Interviews, auch mit SWR Sport: "Und das alles ohne Lehrer oder Lehrerin, nur über Hören und Reden", sagt er augenzwinkernd und voller Stolz, "manchmal mache ich zwar noch Salat mit den Worten, aber Hauptsache, die Leute verstehen mich".
Leonardo Scienza, Heidenheims neuer Strahlemann aus Ulm. Nicht nur sportlich, auch sprachlich einfach ein Durchstarter.