Heidenheim reist als Tabellenführer nach Dortmund - einen für den Ostalb-Club historischen Ort. Vorstandschef Sanwald ist vom Start angetan, warnt aber vor dem BVB.
Für den 1. FC Heidenheim geht es am Freitagabend gegen Borussia Dortmund. Vorstandschef Holger Sanwald tritt die Reise ins Ruhrgebiet mit guten Erinnerungen an. Vor etwas mehr als einem Jahr bejubelte er den ersten Punktgewinn des FCH in der Bundesliga - und das beim achtmaligen Meister Borussia Dortmund. Mit zwei Niederlagen im Gepäck war der Aufsteiger damals zum BVB gereist, nach einer Viertelstunde lag er 0:2 zurück, am Ende schaffte er noch ein 2:2. Nun tritt der FCH wieder in Dortmund an, wieder am dritten Spieltag, wieder bei Flutlicht an einem September-Abend - doch diesmal als Spitzenreiter.
"Bei der Ansetzung haben sie sich schon etwas gedacht. Das ist kein Zufall", sagte Trainer Frank Schmidt. "Das war ein Spektakel." Und - so der Coach, mit jenem Spektakel in Dortmund und dem ersten Punkt sei der FCH "so richtig in der Bundesliga angekommen". Für ihn aber sei das Gastspiel beim BVB trotzdem noch immer etwas Besonderes. "Gegen diesen Verein und aus diesem Stadion etwas mitzunehmen, das wird sehr, sehr schwer", mahnte Schmidt. Dabei reisen die Heidenheimer als Tabellenführer nach Dortmund.
Schon sechs Punkte mehr als beim letzten Mal
Für FCH-Boss Sanwald ist genau das, also die Tabellenführung nach zwei Spieltagen eher "eine Spielerei in der Statistik, die natürlich keine Bedeutung hat." Auch Sanwald ist stets ein Freund der Zurückhaltung, schaut lieber auf das eigene Team als auf den Tabellenstand. "Viel wichtiger ist, dass unsere Mannschaft zum jetzigen Zeitpunkt bereits sechs Punkte für unser großes Ziel Klassenerhalt einfahren konnte."
Das sind immerhin sechs mehr als zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison, wie neulich auch schon Offensivmann Adrian Beck vorrechnete. "Besser hätten wir uns den Start nicht erträumen können", sagte der 27-Jährige nach den fünf Siegen der Heidenheimer in den ersten fünf Pflichtspielen. "Daran gilt es jetzt anzuknüpfen." Warum nicht gleich beim BVB?
Sahins Handschrift, Schmidts Idee
Die individuelle Qualität der Dortmunder sei "riesig", so Sanwald. Neuzugänge wie Stürmer Serhou Guirassy, der vom VfB Stuttgart kam und vor seinem Debüt für die Borussia steht, würden das beweisen. Oder die Nationalspieler Maximilian Beier, Waldemar Anton und Pascal Groß, die der BVB im Sommer unter Vertrag genommen hat. Und dann ist da ja auch noch Trainer Nuri Sahin. Als Spieler eine Instanz beim BVB, als Coach bat der "Dortmunder Junge" die Fans um zwei Dinge, die im Fußball-Business bisweilen eher selten sind: um Vertrauen und Geduld.
Während viele den BVB noch in einer Art Findungsphase sehen, in der es gegen Frankfurt trotz eines wechselhaften Auftritts zu einem 2:0 reichte und in Bremen ein torloses Remis gab, erkennt Schmidt schon die klare Spielidee des neuen Dortmunder Trainers. "Sie verteidigen teilweise sehr hoch, Mann gegen Mann, sehr aggressiv nach vorne, was natürlich für uns auch Räume bedeuten kann in der Hälfte der Dortmunder, wenn wir uns aus diesem Pressing gut lösen", so Schmidt. Er warnte vor der stark besetzten linken Seite des BVB, temporeichen Spielern und lieferte einmal mehr eine detaillierte Analyse des Gegners.
Top-Saisonstart von Wanner und Scienza
Auch Sanwald ist sich sicher: "Es wird eine große Herausforderung, auswärts vor mehr als 80.000 Zuschauern, gegen diesen BVB zu bestehen", sagte er. Man freue sich aber darauf - und auf die Unterstützung von mehr als 3.000 FCH-Fans. Die haben in den vergangenen Wochen sehen können, wie der FCH die Abgänge von Leistungsträgern wieTim Kleindienst, Jan-Niklas Beste und Eren Dinkci zu kompensieren versucht hat.
"Ob uns das auch auf Strecke gelingt, wird der Verlauf der Saison zeigen", sagte Sanwald. Was die Mannschaft nach dem personellen Umbruch bisher gezeigt hat, habe ihn auf jeden Fall "begeistert", so der 57-Jährige. Der von Bayern München ausgeliehene Paul Wanner und der vom SSV Ulm geholte Léo Scienza etwa haben einen Top-Start hingelegt. Kapitän Patrick Mainka und Mittelfeld-Abräumer Lennard Maloney gehören schon länger zu den tragenden Säulen im Heidenheimer Team - und kickten beide einst in der Reserve des BVB.
Besondere Reise zum BVB
Für ihn sei so eine Reise nach Dortmund nach wie vor etwas "Außergewöhnliches", sagte Sanwald. Seit 30 Jahren steht er schon an der Spitze der Heidenheimer Fußballer. Er führte sie von der Landes- bis in die Bundesliga. Gemeinsam mit Trainer Frank Schmidt formte er den Club zu einem Europapokalteilnehmer. Jetzt fährt er mit ihm als Spitzenreiter zum BVB - und hofft auf eine ähnliche Überraschung wie vor gut zwölf Monaten.