Im Spielfilm von Axel Ranisch sperren die Teenager Jannik und Tai ihren Direktor in seiner Wohnung ein und setzen ihn unter Totalüberwachung. Die sechsteilige Serie, die auf einem Roman Ranischs basiert, verknüpft die Geschichte einer Entführung hochkreativ und liebenswert mit der Erzählung von Liebe, Familie, Erwachsenwerden und Coming Out. Immer präsent: Die Musik.
„Fetti“ und „Fidschi“ gegen den Rest der Schule
Jannik und Tai sind beste Freunde und Sonderlinge in ihrer Schule. Von den Schulhofschicksen werden sie wegen ihrer äußeren Merkmale als „Fetti“ und „Fidschi“ gemobbt, der eine mit Familie im vietnamesischen Gastrogewerbe und Hackertalent, der andere korpulenter Klassiknerd mit einer besonderen Vorliebe für Tschaikowski.
Aber die beiden haben es auch faustdick hinter den Ohren: eines Abends erwischen sie ihren von Frau und Sohn verlassenen Schuldirektor Lamprecht im Vollsuff, sie setzen ihn in seiner smarten Higthech-Wohnung fest, hacken sich in seinen Rechner und geben sich als „Gott“ aus.
Zarte Annäherung der beiden Entführer
Lamprecht soll büßen. Was genau, weiß zu Anfang nur Tai allein. Aber während der ziemlich derangierte Direx noch hirnt, wer ihn da überhaupt vor eine Art jüngstes Gericht stellen will, und zwischen den letzten Kippen- und Alkoholresten immer verzweifelter und aggressiver wird, kommen sich die beiden Jungs näher.
Und wie die Serie diese vielschichtige Beziehung ausbreitet: zwischen fast kindlicher Jungsfreundschaft, zarten aber verschämten Anbandelungen, einem Durcheinander von Misstrauen, Hoffnung, Höhenflug und der Flucht in die Melancholie der Musik, das macht beim Zuschauen große Freude.
Tschaikowski als „Role Model“ fürs Coming Out
„Nackt über Berlin“ ist eine liebenswerte, hochkreative Coming of Age und Coming Out Geschichte mit Tschaikowski als „Role Model“. Die klassische Musik - nicht nur von Tschaikowski - ist großartig in die Serie eingebunden und von Komponistin Martina Eisenreich mit modernen Mitteln ergänzt worden.
Noch vor dem Roman wollte Axel Ranisch aus der Geschichte einen Film oder eine Serie machen, das merkt man.
Einiges wirkt stringenter, das findet auch Ranisch selbst. Seine eigene Biographie kam ohnehin erst später in die Geschichte, am Anfang stand der Wunsch, mit dem Schauspieler Thorsten Merten zusammen zu arbeiten.
Schuldirektor Lamprecht großartig verkörpert von Thorsten Merten
Thorsten Merten, der sonst fast nur für kleinere oder größere Nebenrollen besetzt wird, ist als Direktor Lamprecht tatsächlich eine Macht. Einer, dem erst langsam bewusst wird, wieviel Scherben er eigentlich hinterlassen hat, während das eigene Leben hinter bruchsicherem Glas buchstäblich verkümmert.
Neben den Jungschauspielern Lorenzo Germeno als Jannik und Anh Khoa Tran als Tai brilliert Merten in dramatisch und selbstverloren komischen Monologen. Musikalisch gesprochen ein charismatischer Solist, der das Ensmeble zu dem auch Christina Große, Devid Striesow oder Heiko Pinkowski gehören, zu einem wunderbaren, sehr eigenen Seriensound zusammenführt.
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