Ein internationales Forschungsteam hat zwei Millionen Jahre alte DNA gefunden. Sie gibt Einblicke, wie es damals auf Grönland ausgesehen hat: viel grüner und artenreicher als gedacht.
Seit 2006 arbeiten der dänische Genetiker Eske Willerslev und ein großes internationales Team daran, DNA aus Nordgrönland zu entschlüsseln. Das Besondere: Die DNA ist zwei Millionen Jahre alt – so alt war keine bislang untersuchte DNA. Sie wurde in Sedimenten aus der Eiszeit konserviert und gibt somit einen Einblick in das Ökosystem Grönlands von damals.
Grün statt schneeweiß: Es gab Wälder auf Grönland
Zurzeit ist Grönland zum Großteil von Schnee und Eis bedeckt – eine polare Wüste, in der nicht viel wächst. Die Jahresdurchschnittstemperatur liegt unter dem Gefrierpunkt. Im Winter geht die Sonne an manchen Orten für über 3 Monate nicht auf. Vegetation gibt es nur an den eisfreien Küsten Grönlands. Hier wachsen Sträucher, Moose und Weidengewächse. Wälder gibt es keine.
Doch das war nicht immer so. Eske Willerslev erklärt, wie es ausgesehen haben könnte:
Eine Reise in den Norden Grönlands
Um die DNA zu gewinnen, mussten die Wissenschaftler*innen in den hohen Norden Grönlands reisen. Genauer zum Kap København, wo es eine fast 100 Meter dicke Sedimentablagerung gibt. Hier nahmen die Forschenden dann die Proben.
Gebildet hatte sich das Sediment, das wie eine große Felsformation aussieht, im Laufe von 20.000 Jahren. Die darin steckende DNA wurde durch Eis und Permafrost konserviert und zwei Millionen Jahre lang nicht von Menschen gestört. Karina Sand ist Geobiologin an der Uni Kopenhagen und war für die Extraktion der DNA zuständig.
Sie erklärt, dass die Wissenschaftler*innen einige Schwierigkeiten hatten, die DNA von den Tonmineralien des Sediments zu lösen. Das deute darauf hin, dass die DNA stark an die Mineralien gebunden ist. Und das wiederum könne zur Konservierung der DNA beitragen und auch einen Abbau durch Enzyme verhindern. Die niedrigen Temperaturen haben auch dazu beigetragen, dass sich die DNA so lange halten konnte.
Außerdem waren die DNA-Schnipsel unvollständig und nur wenige millionstel Millimeter lang. Sie sind eine Sensation – bisher stammte die älteste nachweisbare DNA von einem Mammut, das vor 1,5 Millionen Jahren gelebt hat.
Anpassung von Tieren und Pflanzen an unterschiedliche Temperaturen
Die DNA zu entschlüsseln, stellte sich als sehr mühsam und langwierig heraus. Erst mit neuen Geräten zur DNA-Extraktion und Sequenzierung waren die Forschenden in der Lage, sie zu bestimmen. Sie verglichen die Schnipsel mit großen DNA-Datenbanken und fanden so heraus, was damals auf Grönland wuchs und lebte.
Den Forschenden wurde klar, dass es vor zwei Millionen Jahren in Grönland deutlich wärmer war. Die Temperaturen lagen um 11 bis 19 Grad höher als jetzt. Eske Willerslev beschreibt, dass ein solches Klima dem sehr ähnlich ist, was aufgrund der globalen Erwärmung der Erde in Grönland zu erwarten ist. Dadurch bekämen die Wissenschaftler*innen einen Eindruck davon, wie die Natur auf steigende Temperaturen reagieren könne.
Die zwei Millionen Jahre alten Proben zeigen, dass sich mehr Tier- und Pflanzenarten als bisher angenommen an einen erheblichen Temperaturanstieg anpassen konnten. Doch dafür bräuchten sie Zeit. Willerslev erklärt, dass sie nun einen genetischen Fahrplan haben, der zeigt, wie sich Pflanzen und Tiere an ein wärmeres Klima anpassen. Sollte es gelingen diesen Fahrplan richtig zu lesen, dann würde er einen Schlüssel enthalten, der zeigt, wie sich Organismen an ein sehr schnell veränderndes Klima anpassen können, so Willerslev weiter.
Weiter in die Vergangenheit?
Die Forschenden wollen aktuell gefährdeten Arten helfen und sie widerstandsfähiger gegen die Klimaerwärmung machen. Das sei durch genetische Veränderung möglich. Als Vorbild sollen dabei die Strategien von Pflanzen dienen, die vor zwei Millionen Jahren in Nordgrönland gewachsen sind und einen Klimawandel durchgemacht haben.
Die Wissenschaftler*innen wollen weitere Proben sammeln und hoffen darauf, noch tiefer in die Vergangenheit blicken zu können. Willerslev sagt, dass er nicht überrascht wäre, wenn sie im Norden noch mindestens doppelt so weit – also bis zu vier Millionen Jahre – in die Vergangenheit zurückgehen könnten.
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