Beim Thema nachhaltige Mobilität denken viele sofort an Elektroautos und Batterien. Doch es gibt es auch weitere alternative Antriebsarten, die den Verkehr der Zukunft gestalten.
Die Automobilindustrie setzt auf Elektromobilität. Doch es wird auch an alternativen Kraftstoffen für Verbrennungsmotoren geforscht, die zum Beispiel aus Abfällen entstehen – diese könnten zukünftig vor allem im Flugverkehr eine große Rolle spielen.
Welche umweltfreundlichen Alternativen zu fossilen Treibstoffen gibt es?
Elektromobilität
In der EU dürfen ab 2035 keine Neuwagen mehr zugelassen werden, die mit herkömmlichem Benzin oder Diesel fahren.
Stattdessen setzt die Automobilindustrie auf Elektroautos. Diese sind schon jetzt auf den Straßen unterwegs. In Norwegen waren 2022 79 Prozent aller neu verkauften Autos E-Autos, in Deutschland immerhin rund 20 Prozent.
Für schwere Verkehrsmittel wie Flugzeuge, Frachtschiffe und LKWs sind Batterien jedoch noch nicht leistungsstark genug. Auch daran wird geforscht. Horst Fehrenbach vom Institut für Energie- und Umweltforschung in Heidelberg (ifeu) zeigt sich jedoch vor allem für lange Strecken skeptisch:
Bio-Kraftstoffe
Eine Lösung: nachhaltige Kraftstoffe aus Bioabfall. Die stellt zum Beispiel das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) her, in der Bioliq-Pilotanlage.
Bereits jetzt lassen sich Treibstoffe mit Biokraftstoff-Anteil tanken, beispielsweise E10-Benzin und B7-Diesel. Doch diese herkömmlichen Bio-Kraftstoffe haben einen großen Nachteil. Sie werden hauptsächlich aus Mais, Raps, Zuckerrüben oder anderen Energiepflanzen gemacht, erklärt Olaf Toedter, Leiter neue Technologien und Zündsysteme am KIT.
Das gilt auch für Biogas, das meist aus Mais hergestellt wird. Dieses kann in elektrische oder Wärme-Energie umgewandelt werden. Spezielle Gasautos können es aber auch schon heute vereinzelt als Bio-Kraftstoff tanken und damit umweltfreundlicher fahren.
Die Flüssigkraftstoffe aus Reststoffen verbrauchen dagegen keine zusätzliche Ackerfläche:
Upcycling: Aus Stroh wird Bio-Benzin
Jörg Sauer, Leiter des Instituts für Katalyseforschung und -technologie am KIT, erklärt, wie in der Bioliq-Anlage aus Stroh Schritt für Schritt flüssiger Kraftstoff wird:
Der Reststoff aus der Land- oder Forstwirtschaft, in diesem Fall das Stroh, werde zerkleinert und mit heißem Sand gemischt. "Da brechen dann die Molekülketten zusammen", erläutert Sauer. Heraus kommt ein transportierbares, zähflüssiges Zwischenprodukt – das sogenannte Biosyncrude.
Bei über 1200 Grad Celsius und bis zu 80 Bar Druck entsteht daraus ein Gas, aus dem dann schlussendlich das Bioliq-Benzin hergestellt wird. "Wir können aber auch andere Kraftstoffe wie Kerosin oder Diesel erzeugen", so Sauer.
Nicht ausreichend Biomasse für regenerative Kraftstoffe verfügbar
Um den Treibstoffbedarf vollständig zu decken, steht allerdings nicht genug Biomasse zur Verfügung. Das hat mehrere Gründe. Die Ausgangs- und Zwischenprodukte sind auch für die chemische Industrie nutzbar. Hier gibt es also eine Konkurrenz.
Horst Fehrenbach erklärt außerdem, dass ein Teil des Strohs nicht nur im Stall, sondern auch für Ackerböden gebraucht werde. Das Stroh vergärt hier zu nährstoffreichem Humus. "Nichtsdestotrotz gibt es einen gewissen Überschuss, den wir durchaus nutzen können", sagt der Experte für Bio-Energie.
Kraftstoffe aus Bioabfall: So weit ist die Forschung
Die Technologie aus Karlsruhe zur Herstellung der fortschrittlichen Kraftstoffe ist eigentlich marktreif. Doch noch fehlen Anreize für die Industrie, den Bioliq-Treibstoff in großen Mengen zu produzieren. Die Herstellung ist zu teuer.
Ab 2030 schreibt der Gesetzgeber einen Anteil von 2,6 Prozent solcher fortschrittlicher Kraftstoffe im Straßenverkehr vor. Politische Maßnahmen wie diese festgeschriebene Quote oder die CO2-Bepreisung könnten die Biokraftstoffe konkurrenzfähiger machen.
E-Fuels
Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, mehr Kraftstoffe aus erneuerbaren Quellen in den Tank zu bringen: sogenannte E-Fuels. Auch daran wird am KIT geforscht.
"Bei den E-Fuels arbeiten wir mit Elektrolyse-Wasserstoff. Das heißt, wir nutzen Strom, der aus regenerativen Quellen umgewandelt wurde, und können damit über Elektrolyseprozesse Wasserstoff gewinnen", erläutert Olaf Toedter.
Zur Herstellung des synthetischen Kraftstoffs fehlt dann noch Kohlenstoffdioxid. Das CO2 kann über ein "Direct Air Capture"-Verfahren direkt aus der Luft entnommen werden, so Toedter.
Damit ist der Kohlenstoffkreislauf geschlossen: Fahrzeuge stoßen CO2 aus, das dann über den E-Fuel-Herstellungsprozess erneut im Verkehr zum Einsatz kommt.
Energie aus erneuerbaren Quellen benötigt
Für die Herstellung der E-Fuels braucht es jedoch ausreichend Energie aus erneuerbaren Quellen. Die Solar- und Windenergie, die in Deutschland gewonnen werden kann, wird direkt als Strom benötigt. E-Fuels müssten also aus Regionen mit mehr verfügbarem grünen Strom importiert werden.
Horst Fehrenbach schätzt, dass es eine ganze Weile dauern wird, bis E-Fuels in großen Mengen vertankt werden. Noch gebe es nicht genügend Anlagen, in denen E-Fuels produziert werden:
Brennstoffzellen
Wasserstoff spielt nicht nur für E-Fuels, sondern auch für Brennstoffzellen eine zentrale Rolle. Dieser Antrieb kann auch bei schweren Verkehrsmitteln wie LKWs und Schiffen zum Einsatz kommen. Beim Verbrennen hinterlässt Wasserstoff praktisch keine Abgase.
Markus Hölzle vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg erklärt im Interview mit SWR aktuell das Potenzial der Brennstoffzelle für Lastwagen. Sie habe große Vorteile, weil sie in wenigen Minuten betankt werden kann, und solche LKWs ohne Tankstopp 800 bis 1000 Kilometer fahren können.
Wasserstoff-Antrieb für LKW: Ist das die Zukunft der Brennstoffzelle?
In Baden-Württemberg hat zum Beispiel das Unternehmen Bosch einen Brennstoffzellenantrieb in Serienproduktion gebracht. Pilotkunde ist das LKW-Unternehmen Nikola in den USA. In Heidelberg sind 2023 zwei Wasserstoff-Busse in Betrieb gegangen.
Im Prinzip ist ein Auto mit Wasserstoff-Antrieb auch ein E-Auto: Der Strom wird dann allerdings nicht "getankt", sondern von der Brennstoffzelle im Fahrzeug erzeugt. Fachleute kritisieren die Energieeffizienz: Man könne direkt mit Strom fahren, anstatt zunächst Wasserstoff zu tanken, der dann in der Brennstoffzelle in Strom umgewandelt wird.
Ein häufiger Kritikpunkt bei E-Autos ist die mangelnde Infrastruktur. Es gebe noch nicht genug Ladesäulen. Bei Wasserstoff-Tankstellen sieht es aktuell sogar noch schlechter aus.
Eine universell einsetzbare nachhaltige Lösung für alle Verkehrsmittel gibt es derzeit nicht. Vermutlich werden im Kraftstoff-Mix der Zukunft sowohl Bio-Kraftstoffe aus Abfallprodukten als auch E-Fuels, Batterien und Brennstoffzellen eine Rolle einnehmen.
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